PPP: Mister Bonnbastic und die Karnevalssekte

Eigentlich wäre der Weltuntergang gar keine so schlechte Sache gewesen. Denn dann hätten all die Seher, die am Mittwoch bei der offiziellen Premiere des Pink Punk Pantheon gemeinsam einzogen und ihre Prophezeiungen für die Zukunft Bonns verkündeten, definitiv falsch gelegen. Keine Millionengräber in den Rheinauen, keine Verödung Bad Godesbergs durch einen Wegfall der Kammerspiele, keine weiteren Defizite. Zugegeben, bislang sind das alles nur Schatten in der nebulösen Zukunft, Möglichkeiten – aber können so viele Orakel sich irren?

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Slapstickers: Sommer-Feeling mit Weihnachtsliedern

 

Parapapampam. Ja, auch der kleine Trommlerjunge beherrscht den Ska. Zumindest beim Weihnachtskonzert der Slapstickers, die in der Harmonie für Tanzwütige einen der bald anstehenden Feiertage kurzerhand vorgezogen und auf ihre eigene Weise begangen haben. Also mit jeder Menge Tempo, Spaß und fetten Vibes. Und, weil die Jahreszeit es erfordert, auch mit Weihnachtsliedern zum mitsingen, -swingen und -springen. Parapapampam.

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Martin Rütter: „Aggression ist ein normales Verhalten“

Der tut nix! Von wegen. Reden tut er, erklären, lehren. Massenerziehung in der Beethovenhalle. Martin Rütter ist in seinem Element, sorgt sich um das Wohl der Hundewelt und versucht daher, beim größten Problem der Tierart anzusetzen: Dem Menschen. Jenen, die die Unarten von Hasso, Ronja und Bella gerne schönreden, weil sie sich nicht eingestehen können, dass sie beim Ziehen von Grenzen versagt haben. Jenen, die spontan ein neues Familienmitglied erwerben, ohne sich über die speziellen rassetypischen Anforderungen zu informieren.

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Jürgen Becker: Alles eine Frage der Perspektive

Eigentlich sind wir alle zu einem Teil Ägypter. Zumindest in ästhetischer Hinsicht. Denn die Kunst, das Götter-Pantheon und die architektonischen Fähigkeiten der Pharaonen sind, mit Ausnahme der Pyramiden, von den Griechen übernommen worden, die wiederum von den Römern kopiert wurden, die letztlich Rheinländer waren. Quod erat demonstrandum. Kunstgeschichte kann so einfach sein. Zumindest wenn Jürgen Becker sie erklärt, der sich dieser Aufgabe nun in der Bonner Oper gestellt hat. Mit Erfolg.

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Dirty Deeds: Immer feste auf die Glocke

Die Harmonie ist brechend voll, das Publikum jubelt begeistert. Natürlich, das ist Tradition bei einem Dirty-Deeds-Konzert. Gleich drei davon spielt die Bonner AC/DC-Coverband jedes Jahr in der Weihnachtszeit auf der Endenicher Bühne, fröhliche Nikolausfeiern für eingefleischte Rock-Fans, die alle innerhalb kürzester Zeit ausverkauft sind. Dabei hämmert das Schlagzeug, krachen die Gitarren, wummert der Bass, liegt die Stimmung bei mindestens 220 Volt, während Sänger Alex „Panzer“ Kaiser in bester Bon-Scott-Manier einen Hit nach dem anderen ins Publikum schmettert, das nie um eine Antwort verlegen ist.

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Schelmish: Ein letzter Freigang der Schelme

So also wird eine Band zu Grabe getragen: Stilecht mit einem Sarg, auf den Schultern des Sensenmannes und einiger anderer Gestalten, die nach 13 Jahren, pünktlich zum Jubiläum, den Abschied von Schelmish einläuteten. Eine Geburtstags- und eine Trauerfeier in einem. Aber was für eine: schon um 19 Uhr legte mit Caliber X die erste Vorband los, Spielbann folgte, erst um 21 Uhr standen die schelmenhaften Bonner Mittelalter-Rocker auf der Bühne – und versprachen noch einmal drei Stunden Musik aus dem großen Fundus der Formation.

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Senay Duzcu: Feine Klischeewitze und verrücktes Lach-Yoga

Sehr aufgeregt ist sie an diesem Abend: Nicht nur, weil es der erste Testlauf des ersten eigenen Solo-Programms der ersten türkischen Komikerin ist und all diese Premieren einen enormen Druck aufbauen. Nein, Senay Duzcu ist auch nervös, weil ausgerechnet das renommierte Bonner Pantheon ihr dazu die Casino-Bühne zur Verfügung stellt und ein guter Eindruck gerade hier, bei dem doch recht kritischen Bonner Publikum, viel wert ist.

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Richard Rogler: Die Legende von der heiligen Angela

Ach ja, die Merkel. Viele Kabarettisten treibt diese Frau um, die entweder versuchen, sie zu deuten oder sie in Grund und Boden zu stampfen. Richard Rogler lässt sie dagegen im Bonner Pantheon heilig sprechen – zwar müsste die Kanzlerin dafür zum katholischen Glauben übertreten, aber das ist Makulatur, Flexibilität gehört schließlich zu ihren Kernkompetenzen. So fehlt für dieses Wesen, das laut dem gewohnt eloquenten Rogler von Helmut Kohl aus 20 Kilo eigenem genetischem Material und mit den Eizellen von Margaret Thatcher und Inge Meisel höchstpersönlich im Reagenzglas gezüchtet worden ist, nur noch die passende Legende.

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Götz Alsmann: Ein Hohelied auf die Klischees von Paris

Natürlich geht es um Liebe. Worum auch sonst. Erstens ist es Götz Alsmann, der singt, und zweitens handelt das Programm, das  der Troubadour des schmalzigen Jazzschlagers auf Einladung des Hauses der Springmaus in der Bonner Oper vorstellt, von Paris. Nicht dem echten, das abseits der touristischen Zentren mit den üblichen sozialen Problemen der meisten Großstädte zu kämpfen hat, sondern dem verklärten, idealisierten, klischeebeladenen Paris. Cité d'amour. Und Zentrum des Chansons.
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Fiddler's Green: Turbo-Folk ganz ohne Strom

Irgendwie ist das Bonner Publikum nicht so ganz wach. Kollektive Sing-Lethargie, und das trotz der Spaßgaranten von Fiddler's Green, die auf der Harmonie-Bühne stehen und die Menge in die Tiefen des Speedfolk reißen wollen. Ganz ohne Strom, was die Band nicht davon abhält, richtig Gas zu geben. Jubel gibt es denn auch mehr als genug, ebenso wie wilde Tänzchen – nur beim Mitsingen läuft es nicht immer rund. Bei „Cripple Creek“ offenbart die gesamte Empore Textschwierigkeiten, bei zwei essentiellen Zeilen von „Victor and his Demons“ schweigt gar der ganze Saal peinlich berührt.

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Hannelore Hoger: Viele Rollen, eine Stimme

Gefühlvolle Abschiede zwischen Tränen, Spott und Zärtlichkeit: In Hannelore Hogers Lesung aus der von Sybille Berg herausgegebenen Briefesammlung „Und ich dachte, es sei Liebe“, die am vergangenen Samstag auf Einladung des Bonner Theaters und des Literaturhauses Bonn die Kammerspiele in Bad Godesberg füllte, ziehen Frauen einen literarischen Schlussstrich, befreien sich von einer emotionalen Last, rechnen ab mit der Männerwelt.

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„Rot“: Wenn aus Bildern Kinder werden

Rot! Überall rot! Rubin-, Kamin-, Blut- und Feuerrot in großen Flächen von den Wänden hängend. Und davor ihr Meister: Mark Rothko. Ein Künstler, der in den 50er und 60er Jahren in einem Atemzug mit Jackson Pollock genannt wurde; der für sich in Anspruch nahm, den Kubismus zertreten zu haben; und der 1958 einen 35.000-Dollar-Auftrag für eine Serie von Wandgemälden erhielt, was kein Maler vor ihm geschafft hatte. Genau hier setzt John Logans Kammerspiel „Rot“ an, das das Euro Theater Central am Donnerstagabend erstmals in Bonn aufführte.

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Ralf Schmitz: Impro-Clownerie eines Roadrunners

Es gibt verschiedene Arten des Lachens: Befreiendes Distanzierungslachen bei Schock-Momenten, erfreutes Wiedererkennungslachen oder das Belächeln von bewusst schlecht gemachten Filmen sind nur einige davon. Man kann mit jemandem lachen oder über einen. Ralf Schmitz, der am Mittwochabend im beinahe ausverkauften Brückenforum auf Einladung der Springmaus mit seiner neuen Impro-Show „Schmitzpiepe“ zu Gast war, zelebriert gerne letzteres.

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Georg Schramm: Ein letztes Aufbäumen des Hohepriesters des Zorns

Die Macht ist noch stark in Meister Schramm. Doch im Star-Wars-Universum würde er nicht lange ein Jedi bleiben: Zu viel Zorn erfüllt ihn, auf die Politik, auf die Bänker, auf den Afghanistan-Krieg, auf Fundamentalisten aller Couleur. Und Zorn führt bekanntlich auf die dunkle Seite. Schramm ist kein Yoda, er ist ein Anakin Skywalker, erfüllt mit Leidenschaft und seinem Testosteron-Äquivalent. Im Pantheon nutzt er nun die Gelegenheit, sich etwas Luft zu verschaffen.

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„My Fair Lady“: Immer Ärger mit dem Ü

„Es grient so grien, wenn Spaniens Blieten bliehen“ – dieses verdammte Ü bereitet Eliza immer Probleme. Doch das hübsche Blumenmädchen, Hauptfigur des am Sonntag von der Kammeroper Köln in der Beethovenhalle gleich zweifach aufgeführten Musicals „My fair Lady“, gibt nicht auf. Denn in ihrer Welt ist der Stand eine Frage der Sprache: Hochdeutsch (beziehungsweise im Original upper class English) in den Palästen, Berliner Schnauze (oder Cockney English) in der Gosse.

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Guildo Horn: „Bitte seid mal Tannenbäume“

Der 1. Dezember ist für Guildo Horn immer ein besonderes Datum: Die Adventszeit beginnt, Heiligabend rückt immer näher – und die alljährliche Weihnachtstour startet. Am Samstag war es wieder soweit, der Meister hatte in die Harmonie geladen. Und die Jünger folgten. Immerhin hält das Horn in der Regel, was es verspricht, reißt Mauern des Trübsals ein und versprüht Freude und Besinnlichkeit. Halleluja.

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Der Familie Popolski: Reif für Popolympia

Die Königin der Polka trägt rot. Hauteng, sexy und rot. Dorota Popolski, die heiße Cousine, bringt die Männerherzen an diesem Freitagabend im Brückenforum reihenweise aus dem Takt, während sie mit Monroe-typischen Anheiz-Bewegungen die Stimmung noch weiter nach oben treibt und stimmgewaltig ihr Geld-Medley präsentiert. Natürlich mit den Original-Versionen. Denen von Opa Pjotrek, der in einer Plattenbausiedlung in Zabrze im Alleingang nahezu alle Hits der Pop-Musik geschrieben hat und damit ein Vermögen verdient hätte – bis ihm einige zwielichtige Gestalten all die Songs stahlen und sie an irgendwelche aufstrebenden Künstler verkauften, die wiederum die großartigen Pop-Polkas „nach der Strich und nach der Faden“ verhunzten. Doch Dorota kennt die Wahrheit und hat sich dem Rest ihrer Familie angeschlossen, um das Erbe des Großvaters zu ehren und nebenbei möglichst viele Tantiemen einzustreichen. Oder noch lieber Bausparverträge und Aktienpakete.

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Sebastian Pufpaff: Motten-Iritationen im Bunker der Erkenntnis

Warum – das fragt Sebastian Pufpaff gerne. Der Kabarettist aus Rheinbreitbach wundert sich über vieles und hinterfragt alles: das Zusammentreffen der Village People, das S in „lispeln“, die schwarze Kunststoff-Beschichtung auf Gummiknüppeln und die umherfliegende Motte im Bonner Pantheon, in dem er mit seinem Soloprogramm zu Gast ist. Ein besonderer Ort für den 36-Jährigen – in diesem „Bunker der Erkenntnis“ hat er 2010 den Prix Pantheon gewonnen und damit den Grundstein für seine weitere Karriere gelegt.

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Hannes Wader: Romantisch, prosaisch und unpolitisch

Immer wieder geht der Blick zurück. In die frühen 60er Jahre, als Liedermacher Hannes Wader zum ersten Mal mit den Chansons von Georges Brassens oder Yves Montand in Berührung kam; in die 50er, als er im Teutoburger Wald einen Zimmermann begleitete und Drachen steigen ließ; und in die Romantik, der Wader sich besonders durch Eichendorff sehr verbunden fühlt. Im ausverkauften Brückenforum, in das die Harmonie Bonn eingeladen hat, schwelgt der 70-Jährige in diesen nostalgischen Erinnerungen – und sieht zugleich den Sensenmann in der Ecke stehen, der ihm erst vor etwa einem Jahr seinen guten Freund Franz Josef Degenhardt nahm, und den er dennoch, wie er im „Lied vom Tod“ beweist, nicht fürchtet.

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„A Christmas Carol“: Ein Fest für die ganze Familie

Weihnachten – eine Zeit der Besinnlichkeit und der Gemeinschaft. Sofern man nicht Ebenezer Scrooge heißt. Diese Hauptfigur von Charles Dickens Novelle „A Christmas Carol“, die die Kammerspiele Bonn-Bad Godesberg am vergangenen Samstag in einer frischen und unterhaltsamen Inszenierung zum ersten Mal in dieser Spielzeit auf die Bühne brachten, kann mit diesen Feiertagen nichts anfangen, lehnt die Freude, das Singen und die Hoffnung auf bessere Zeiten ab. „Humbug“, sagt er – bis ihn sein verstorbener Geschäftspartner und drei weitere Geister besuchen, um den alten Miesepeter und Geizhals zu läutern. Eine berühmte, zeitlose Geschichte, die das Bonner Ensemble mit viel Spielfreude und jeder Menge kreativer Einfälle umsetzt, ohne sich dabei besonders weit von der Vorlagen zu entfernen. Dazu eine phantastische Bühne (Gesine Kuhn) und eine in ihrer Schlichtheit großartige musikalische Live-Untermalung durch Tobias Cosler: Ein Genuss für groß und klein.

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Annamateur & Außensaiter: Wahnsinnsgesang und Projektorkunst

Am Anfang war das Pst. Immerhin musste im Pantheon Ruhe einkehren, Konzentration, Aufmerksamkeit für den Kunstunterricht der strengen, resoluten Frau Mateur. Gerade sitzen, Klappe halten und malen. Nach Zahlen. Lektion eins: Schwarz. Die Lehrerin macht es an ihrem geliebten Overhead-Projektor vor, füllt, begleitet von ihren beiden Musikschülern Christoph Schenker (Cello) und Kim Efert (Gitarre), ein Quadrat präzise aus und zeigt die bei dieser scheinbar monotonen Tätigkeit mögliche Begeisterung beim Erreichen des erregenden rechten Winkels. Genau so geht das, genau so! Jetzt nachmachen, und zwar in Stillarbeit! Damit Frau Mateur Zeit für wichtigere Dinge hat. Zum Beispiel das Singen.

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Tom Gerhardt: Ein Mann für jede Peinlichkeit

Der erste Blick fällt auf Tom Gerhardts beleuchtetes, graugekleidetes Hinterteil. Mehr ist auf der dunklen Bühne zu Beginn von dessen neuem Programm „Nackt und in Farbe“ nicht zu sehen, solange sein Alter Ego Dieter Krause nicht wieder das Licht einschaltet. Könnte ein Warnsignal sein. Doch schließlich ist der Pleiten-Pech-und-Pannen-Hausmeister erfolgreich – und zunächst hat es den Anschein, als wäre dies ein Fehler gewesen. Denn sowohl Gerhardt als auch Detlev Redinger als Dauerstotterer und Napfwart Herbert wirken in den Rollen, die sie seit Jahren verkörpern, ziemlich steif, die Probe zur Karnevalsansprache des Dackelclubs, die noch schnell vor Beginn der Casting-Show-Aufzeichnung über die Bühne gebracht werden muss, gerät zur Farce.

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Volker Pispers: Mit Statistiken für sozialistische Strukturen

Der Kapitalismus ist tot – und keiner will's gewesen sein. Wäre ja gar nicht so schlimm, wenn dadurch nicht die halbe Welt in den Abgrund gerissen würde. Im Schnellzug auf das Ende zu, und alles was geschieht, ist ein Austausch des Lokführers. So geht das doch nicht weiter, sagt Volker Pispers, der vor Wut kocht. In der Beethovenhalle geißelt der Kabarettist mit ungewohnter Schärfe die Bänker und Politiker, Juristen und Wirtschaftswissenschaftler, die Waffenproduzenten – und das Volk, das sich nicht gegen die Missstände wehrt.

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Anne Haigis: Gänsehaut dank Whiskey-Stimme

Männer, so heißt es, werden mit zunehmendem Alter immer interessanter. Für manche Frauen gilt das anscheinend auch. Etwa für die inzwischen auf deutschen Bühnen schmerzlich vermisste Ina Deter. Oder für Anne Haigis, deren einst klare Stimme inzwischen whiskeyschwanger, kratzig, lebenserfahrungsreich ist. Immer noch so großartig wie zu ihren Hochzeiten in den 80er und 90er Jahren, aber anders. Kantiger. Rauer. Eine Stimme mit Profil. Am Samstag war diese in der Harmonie zu hören; in kleinem Rahmen, nur Anne Haigis, ihr Gitarrist Jan Laacks und jede Menge Kerzen. Kein großer Schnickschnack – aber ein ganz großes Konzert.

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House Jacks: Beatbox-Power und enge Gesänge

„Krass“ ist das Wort des Abends. Das deutsche „krass“, nicht das englische, das eher mit „unhöflich“ oder „strohdumm“ übersetzt werden kann. Nein, jenes „krass“, das nach Aussage eines Pantheon-Besuchers das allgegenwärtige, begeistert ausgestoßene „geil“ ersetzt hat und das nun zur Beschreibung der „House Jacks“ herangezogen wird. Immer und immer wieder. Schon zu Beginn der Show des US-A-capella-Quintetts wird Beatbox- und Gesangstalent Nick kurzerhand zum „King of krass“ erklärt, als er die ersten Töne von Gnarls Barkeleys „Crazy“ anstimmt. Passt zum Rest des Abends, der den Abschluss des diesjährigen a-capella-Festivals bildet.

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Liao Yiwu: Requiem für die Erinnerung

In China sind die Geschehnisse vom 4. Juni 1989, als das Militär gewaltsam Studentenproteste rund um den Platz des Himmlischen Friedens unterdrückte, ein Tabuthema. Zahllose Opfer waren zu beklagen, hunderte, vielleicht sogar tausende, die bis heute nicht öffentlich betrauert werden dürfen. Andere wurden verhaftet, wegen Brandstiftung und bewaffneter Rebellion verurteilt, geschlagen, gefoltert, gebrochen. Für all diese Menschen erhebt der chinesische Schriftsteller und Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Liao Yiwu nun in seinem neuen Buch „Die Kugel und das Opium“ seine Stimme. Auch in Bonn: Im Forum der Kunst- und Ausstellungshalle las er zusammen mit dem Schauspieler Heikko Deutschmann (nach 30 Minuten ermüdender DAAD-Lobpreisung und langer, wenn auch informativer Einführung) Passagen aus diesem teilweise sehr nüchternen und dadurch umso erschreckender wirkenden Zeitzeugenbericht.

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Johnny Winter: Überleben mit Rock und Blues

Da sitzt er nun, die Gitarre im Arm, die knochigen Finger spielen jene Stücke, die sich im Laufe der Jahrzehnte in die Gene Johnny Winters eingebrannt haben und die er wahrscheinlich selbst im Grab nicht vergessen könnte. Oder auf jeder beliebigen Bühne. Zum Beispiel auf der der Harmonie. Dorthin ist die Blueslegende an diesem Montagabend zurückgekehrt, nachdem er erst im März ein umjubeltes Konzert gegeben hatte, bei dem viele Fans einfach kein Ticket mehr ergattern konnten. Also ein Zusatztermin – und auch der ist schon seit Monaten ausverkauft.

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Hagen Rether: Marathon durch die Niederungen der Verlogenheit

Schämen sollte man sich: Für die Verlogenheit in Politik und Gesellschaft, für die Bequemlichkeit der Bürgerschaft, für das Desinteresse an den vielen großen und kleinen Katastrophen, die täglich durch die Medien geistern. Sagt zumindest Hagen Rether und schämt sich in der Bonner Oper stellvertretend für alle Anwesenden. Irgendwer muss es ja tun. Doch ganz so einfach lässt der Pferdeschwänzige das Publikum nicht davonkommen: Es muss den Abend mit ihm durchstehen, sich all die bitteren Wahrheiten anhören, die im ständigen Changieren zwischen Ernsthaftigkeit, Zynismus und Satire in den Blickpunkt gerückt werden – Wahrheiten, die eigentlich jeder kennt, aber kaum jemand wahrhaben will. Rether will das ändern. Und lässt sich dafür fast vier Stunden Zeit.

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Basta: Kollision von Blödsinn und Qualität

Es scheint, als wäre der Stern von Basta im Sinken begriffen. Das a-capella-Kronprinzen-Quintett, das noch vor wenigen Jahren das Brückenforum in Beuel ohne Probleme mit etwa tausend begeisterten Fans zu füllen wusste, musste für das Konzert am Samstag wegen des nur mäßigen Vorverkaufs kurzfristig ins Bonner Pantheon umziehen. Deutlich gemütlicher, aber eben auch um zwei Drittel kleiner.

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Vollplaybacktheater: Hörspiel-Kult im Trash-Olymp

Albern ist Pflicht: Völlig überzeichnet stolpern Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, besser bekannt als die drei ???, auf der Suche nach dem Superpapagei über die Bühne des ausverkauften Brückenforums, während das dazugehörige Hörspiel den Ton angibt und den Darstellern auf ihrer Abschiedstournee ein letztes Mal die Worte in den Mund legt. Die geben sich dafür dem Klamauk hin, sind moderne Clowns und zugleich liebevolle Parodisten, die die Kult-Kassetten der 80er Jahre mit Genuss aufs Korn nehmen. Und dafür ausgiebig gefeiert werden.

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Silje Nergaard: Jazzansätze im Balladen-Stau

Ein Stau auf deutschen Autobahnen kann tatsächlich für etwas gut sein. Zum Beispiel für ein Lied. Silje Nergaard hat es geschrieben, als es mal wieder nicht vorwärts ging, eingequetscht zwischen ihren drei Gitarristen, mit denen die norwegische Sängerin derzeit unterwegs ist. Das Ergebnis, das sie auch bei ihrem Konzert in der Bonner Harmonie präsentiert, ist ein funkiges Stück, eine Art Gute-Laune-Lied für alle Staugeplagten, locker und ungezwungen, gesungene Raser und Polizeisirenen inklusive. Und mit der unvergleichlichen Nergaard-Stimme: Manchmal mädchenhaft, immer glasklar, perfekt intoniert, gefühlvoll. Aber trägt dieser Schwung auch die langsameren Stücke?

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Fool Moon: Jeanshemd-Quintett mit George-Michael-Manie

Fünf klare Männerstimmen hallen in engen Harmonien durch das gut besuchte Casino – ja, auch a-capella-Konzerte klingen in dem neuen Pantheon-Spielort richtig gut. Zumindest wenn Fool Moon auf der Bühne steht. Das Quintett aus Ungarn kann bei seinem ersten Auftritt in Bonn mit technisch erstklassigem Gesang überzeugen und versprüht jetzt, da auch das Publikum regelmäßig mit einbezogen wird, auch endlich den Charme, der in der ersten Konzerthälfte etwas zu kurz kam. Dabei ist es so einfach: Ein paar Silben, eine einfache Melodie, zur Not auch nur etwas rhythmisches Klatschen, und schon jubiliert der ganze Saal. Mitsingen macht Freude.

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Henning Venske & Kai Magnus Sting: Satireduell um ein Möbelstück

Dieser Sessel ist etwas besonderes. Für den einen das einzige wertvolle Möbelstück, das er besitzt, für den anderen das einzige, das ihm noch fehlt. Altersarmut gegen Yuppietum, Rentensorgen gegen Zukunftsängste. Und Henning Venske gegen Kai Magnus Sting. Der alte Wolf und der junge Wilde haben sich zusammengetan, um sich auf der Bühne prächtig über Lebenseinstellungen, Religion, Kinder und den gesamten Generationenkonflikt zu streiten. So auch im Bonner Pantheon, wo das Duo am Samstagabend sein nagelneues Programm „Gegensätze“ präsentierte: Eine nachtschwarze, satirische Abrechnung voller beißendem Zynismus und ein kabarettistisches Kammerspiel der Extraklasse.

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WDR Crossroads Festival: Das Kreuz mit der Akustik

Der erste Eindruck ist laut. Einfach nur laut. Samsara Blues Experiment lässt es krachen, hämmert beim aktuellen WDR-Crossroads-Festival, dass in der Harmonie an diesem Mittwochabend begonnen hat und sich bis Samstag zieht, ein knalliges Riff nach dem anderen aus den Saiten. Klingt eher nach Metal als nach Bluesrock – zumal die Band dank der langen Haare der vier Musiker, die irgendwie ständig vor den Gesichtern hängen und sie in Rock-Versionen von Vetter It aus der Adam's Family verwandeln, auch optisch eher diesem Genre zugeordnet sein scheint.

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Olli Dittrich: Aus dem Leben eines Clowns

So wirklich scheint Olli Dittrich nicht zu wissen, wo er ansetzen soll. So viel gibt es zu erzählen aus seinem Leben, so viele lustige, nostalgische, melancholische Erinnerungen hervorzukramen. Längst nicht alle davon stehen in Dittrichs Buch „Das wirklich wahre Leben“, aus dem der 56-Jährige an diesem Dienstagabend im Bonner Pantheon immer wieder vorliest. Die Enttäuschung mit der ersten Freundin hat er ebenso aufgearbeitet wie seine Liebe zum HSV oder die große Zeit mit seinem „gefiederten Freund“ Wigald Boning.

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Prix Pantheon Spezial: Fünf Kopien zum Preis von einer

 

Der Prix Pantheon ist eine der renommiertesten Auszeichnungen der Kleinkunst-Szene, da kann ein Abend mit einem realen und vier ehemals potenziellen Preisträgern doch nur gut werden. Ein Prix Pantheon Spezial mit „humorwettkampf-gestählten“ Künstlern – was soll da schon schief gehen?

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Six Pack: Superstimmen aus Banalien

So sieht also ein singendes Sixpack aus: Ein König, eine Prinzessin, eine Fee, ein Prinz, ein Zwerg und das Böse haben sich zusammengetan, um das Märchenland von der Unterdrückung durch die hänselnde Gretel zu befreien und den King of Kings zu finden (also Elvis). Auf ihrer Rettungsmission stolperten die klischeebeladenen Figuren auch durch das Haus der Springmaus. Klingt albern – und zugleich verdammt gut. Denn während die Klamauk-Handlung des Programms eher Richtung Humor-Hölle weist, schraubt sich die gesangliche Qualität in die entgegengesetzte Richtung. Nicht zuletzt dank des wahrscheinlich besten Countertenors in der a-capella-Welt.

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Wilfried Schmickler: Höllenfahrt mit Pech und Schwafel

„Ich bin der Euro“ – für Wilfried Schmickler eine Horrorvorstellung, die er in seinem neuen Programm „Ich weiß es doch auch nicht“ in Worte fasst. Tief ist er gestürzt, von Markus Söder in den Abgrund gestoßen: Eine Höllenfahrt, die richtig Fahrt aufnimmt, als der arme Euro festgeschnallt auf einem Förderband einer satanischen Notenpresse entgegenrollt, ohne Hoffnung auf Rettung. Doch bevor alles aus ist, wacht Schmickler auf. War doch nur ein Alptraum. Oder?

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Amal Murkus: Musikalische Annäherung von Ost und West

Es ist eine musikalische Abenteuerreise: Ohne zumindest einige Kenntnisse in arabischer Sprache und dazugehöriger Klangwelt stellt ein Konzert von Amal Murkus für einen westlich geprägten Zuhörer eine nicht unerhebliche Herausforderung dar. Fremdartige Harmonien, das ständige gesangliche Umspielen von Vokalen, dann das fehlende Textverständnis – wer am Dienstagabend unvorbereitet in die Harmonie ging, konnte genau das erleben.

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Tito & Tarantula: Schlangenloser Wüstenrock

Tito Larriva röhrt, und die Fans jubeln. Einen warmen Empfang haben sie ihm bereitet, der Titty Twister – ähm, Entschuldigung, die Harmonie Bonn ist brechend voll. Immerhin genießen „Tito & Tarantula“ spätestens seit ihrem Auftritt in dem legendären Vampirsplatterfilm „From Dusk till Dawn“ (1996) Kultstatus. Viele scheinen nur deswegen im Konzert zu sein, immer wieder fordern Rufe „After Dark“, jenes grandiose Tex-Mex-Stück, bei dem im Film Salma Hayek als Vampirprinzessin verführerisch mit einer Schlange tanzt und allen anwesenden Männern den Kopf verdreht.

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„Die Hexe im Nonnenkleid“: Monologreiche Geschichtsstunde

Und wieder ein rückwärts gewandter, erzählender Monolog. Immerhin ein eindringlicher: Sophia Agnes von Reichenhall (Alexandra Heimberger) berichtet unter Tränen von der grausamen Folter, die ihr im Auftrag des Kurfürsts Ferdinand von Wittelsbach (Johannes Prill) angetan wurde. Dieser will die Nonne, die Wunder gewirkt haben soll, als Hexe hinstellen, was ihm letztlich auch gelingt – unter der Tortur bricht Sophia zusammen, gesteht Kommissar Johannes Roemeswinckel (Gregor Jansen) alles, was dieser von ihr hören will. Ein Moment höchster Emotionalität – doch auch an dieser Stelle kommt im EuroTheater Central, wo Wilfried Eschs Stück „Die Hexe im Nonnenkleid“ am Donnerstagabend seine Gastspielpremiere feierte, keine echte Spannung auf. Zu aufgesetzt wirken die detaillierten Schilderungen der Nonne über den Geschlechtsakt mit Satan, zu eintönig die Darstellungen von Roemeswinckel und Henker Hans (Wilfried Esch), die immer wieder die selben Bewegungen ausführen und die selben Drohungen ausstoßen.

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Dieter Hildebrandt: „Das muss doch alles gesagt werden“

 

Burnout, das ist was für andere, nicht für Dieter Hildebrandt. Der Altmeister des deutschen Kabaretts hat noch mehr als genug Energie – er glimmt nicht etwa, er lodert noch. Nicht als Lauffeuer, wie einige seiner jüngeren Kollegen, sondern als stetige Flamme, in der Mitte der Bühne der Bonner Oper hinter einem Holztisch sitzend. Klingt gemütlich. Aber genau das will Hildebrandt nicht sein. Auch nicht mit 85 Jahren.

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Irish Folk Festival: Ein Abend zwischen Jigs und Reels

Textsicher ist das Publikum ohne Frage: Einige, die am Samstag zum 10. Bonner Irish Folk Festival (BIFF) in die Harmonie gekommen sind, singen sogar das gälische Protestlied „Oró Sé do Bheatha 'Bhaile“ lauthals mit – bei Klassikern wie „Dirty Old Town“ oder „Carrickfergus“ stimmt fast der gesamte Saal mit ein. „Five Alive 'O“ sind begeistert. Die Iren um Bodhran-Spieler Sean Reeves dürfen als zweite Band des Abends alte Weisen und neue Songs präsentieren und geben ordentlich Gas.

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Lars Duppler Trio: Wikinger beim Modern Jazz

Das Land des Eises und des Feuers hat eine ganz eigene Klangwelt. Lars Duppler kennt sie gut – der Sohn eines Deutschen und einer Isländerin hat schon als Kind die Kinder- und Weihnachtslieder des Nordens vorgesungen bekommen. Nun hat er sich auf eine musikalische Spurensuche begeben, indem er traditionelle Songs neu arrangierte, eigene Kompositionen schrieb und in der Nähe des Polarkreises in einem alten Fischtran-Silo ein Album aufnahm. Das Ergebnis präsentierte der Kölner Pianist im Rahmen des Beethovenfestes in der Post Tower Lounge: Komplexe, meditative, teils aber auch extrem schräge Jazz-Klänge, die eines besonderen Blickwinkels bedürfen, um wirklich erfahrbar zu werden. So ähnlich wie Elfen und Trolle.

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Adrienne Haan: Von Kopf bis Fuß aufs Singen eingestellt

Berlin in den 20er und 30er Jahren, das ist die Zeit von Adrienne Haan. Die Bonner Sängerin, die zwischen ihrer Heimatstadt, New York und Sydney hin und her tingelt, liebt diese Epoche, in der sich Frauen und Homosexuelle zu emanzipieren begannen, liebt das laszive, verführerische Moment und die teils frechen Texte. In der bis auf den allerletzten Platz belegten Post Tower Lounge konnte sie nun zusammen mit ihrer neuen Partnerin Laia Genc im Rahmen des Beethovenfests ihr Programm „Berlin, mon amour“ einem begeisterten Publikum präsentieren.

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Jochen Malmsheimer: Predigt wider den Pherfall der Sprache

Ja, chillen gehört jetzt zum deutschen Wortschatz. Das haben die wichtigsten Sprach-Akteure in einer Generalversammlung beschlossen – also nicht die Duden-Redaktion, sondern die Verben, die Substantive, die Adjektive und all ihre Angehörigen, denen Jochen Malmsheimer in seinem neuen Programm „Ermpftschnuggn trødå!“ das Wort erteilt. „Zuzug ist Bereicherung“ ist das Kredo des glossophilen Kabarettisten, der am Freitag und Samstag vor einem bis auf den letzten Platz belegten Pantheon spielte – aber auch, unterschwellig, „Die Sprache reguliert sich selbst“. Und sei es dass als Antwort auf die Verstümmelung des „Ph“ durch die Rechtschreibreform die Worte selbst, allen voran der bemitleidenswerte Delfin und die Fotografie, rebellieren und den Spieß umdrehen, „ff“ und „v“ an den Kragen gehen und aus der Muffe die Muphe machen. Der Kampf gegen den Pherfall der deutschen Sprache wird eben mit allen Mitteln geführt. 

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6-Zylinder: Der Motor läuft nicht rund

Diagnose: Selbstüberschätzung. „Koana is so gut wie i“, singen die fünf 6-Zylinder im Pantheon. Von wegen. Zum Auftakt des diesjährigen a-capella-Festivals, bei dem verschiedene bekannte Vokalensembles nach Bonn kommen, zeigten die gestandenen Herren vielmehr zahlreiche Schwächen. Fade Witze, uninspirierte Blödel-Texte, eine oft nur unzulänglich umgesetzte Choreographie und vor allem Probleme in den hohen Lagen dominierten das Programm. Dabei sind gute Ansätze und auch einiges an Potenzial vorhanden – doch es scheint so, als wollte das Quintett auch vier Jahre nach dem Weggang dreier Mit-Zylinder noch mehr kauen, als es schlucken kann.

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John-Cage-Nacht: Marathon mit Mitmach-Circus

Das Chaos herrscht. Eine ältere Dame liest aus einem Roman vor, hinter ihr folgen mehrere Menschen mit herausgerissenen Gelben Seiten ihrem Beispiel. In der Nähe schiebt ein älterer Herr lautstark Stühle über den Steinboden, ein anderer kommentiert dies mit einer Vogelpfeife. Dazwischen schlängelt sich eine Trommelgruppe, marschiert fröhlich und unermüdlich von einer Ecke des Foyers der Bundeskunsthalle zur anderen. Vorbei an zwei Sängerinnen, die durch Zufall aufeinandergetroffen sind und jetzt um die Wette improvisieren, vorbei an Menschen mit Geigen, Saxofonen, Rasseln, Flaschen und was auch sonst noch Geräusche zu machen vermag. Jeder spielt seine eigene Melodie, hat seinen eigenen Rhythmus, flaniert durch den Raum und schafft so den „Musicircus“ von John Cage von Sekunde zu Sekunde neu. Es ist das Gefühl völliger Freiheit – tu, was du willst. Ein fantastisches Finale der John-Cage-Nacht, die im Rahmen des Beethovenfests Bonn zu Ehren des 100. Geburtstags des Komponisten auf der Museumsmeile zelebriert wurde.

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Gilles Apap: Ein paar Pfiffe für den Frühling

Manchmal ist es unübersehbar, dass Gilles Apap seine Geige liebt. Zärtlich hält er sie dann an seine Wange, liebkost sie mit seinem Bogen, tanzt mit den Fingern über die Saiten. Ein inniges Spiel, ein gefühlvolles. Und ein Genuss für das Publikum, das am Donnerstagabend ins Volksbankhaus gekommen war, um einen der laut Yehudi Menuhin wichtigsten Geiger des 21. Jahrhunderts zu hören. Gleich zu Beginn ein wunderschönes Präludium und Allegro von Fritz Kreisler, bei dem Apap sowohl seine Emotionalität als auch seine Virtuosität erfolgreich unter Beweis stellte.

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Christoph Sieber: Ein Mann zwischen den Stühlen

Es herrscht betretenes Schweigen im Saal des Pantheon, das Lachen ist dem Publikum im Halse stecken geblieben. So hatten sich die meisten einen Kabarett-Abend nicht vorgestellt. „Ich hoffe, Sie sind jetzt ein bisschen verunsichert“, merkt der Mann auf der Bühne an. Wohl eher verstört. Ganz so, wie Christoph Sieber es geplant hat. Aufrütteln will er, aufmerksam machen auf die zahlreichen Missstände in der Welt, schockieren, mahnen, warnen. Während in Europa den maroden Banken, die ihr eigenes Fundament mit Säure auflösen, Milliarden in den Hydra-Rachen geschmissen werden, steht in Somalia stillschweigend die nächste Hungersnot an – und keiner sagt was.

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81. WDR-Kabarettfest: Hobbykoch trifft Finnenfan

Ein ostwestfälischer Vorleser, eine bewegungsfreudige Diseuse, ein nahrungsmittelunverträglichkeitsintoleranter Chemiker und ein Provokateur im Anzug: Die Besetzung des 81. WDR-Kabarettfests im Bonner Pantheon ließ am Montagabend keine Wünsche offen. Moderator Tobias Mann, der dank ausführlicher Intermezzi zum fünften Spaßmacher des Abends wurde und politisches Kabarett im nicht immer ganz passend wirkenden locker-flockigen Comedy-Stil darbot, präsentierte in der vom Rundfunk aufgezeichneten Sendung mit Bernd Gieseking, Nessi Tausendschön, Phillipp Weber und Florian Schroeder vier hervorragende Gäste, die das Publikum jeder auf seine Weise unterhielten. Bernd Gieseking profitierte dabei am stärksten von dem Radio-Format: Ruhig hinter einem Schreibtisch hockend ließ der gebürtige Mindener seine sonore Stimme voll zur Geltung kommen und las aus seinem neuen Buch „Finne dich selbst“. Mit wunderbar feinem Humor erzählt er darin von einer Finnlandreise mit seinen Eltern, die er oft in breitestem Ostwestfälisch zu Wort kommen lässt, was zumindest akustisch vom Finnischen kaum zu unterscheiden ist. Dazu natürlich der Zusammenprall der Kulturen: Alster-Trinker versus Wirkungs-Trinker zum Beispiel. Köstlich.

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Beethovenfest: Seid umschlungen, Grenzengänger!

„Wahre Kunst ist eigensinnig, lässt sich nicht in schmeichelnde Formen zwängen“, hat Beethoven 1820 notiert. Vier Jahre später setzt er dieser Aussage mit seiner 9. Sinfonie ein Denkmal. Die Komposition ist eine musikalische Revolution: Beethoven bricht die alten Muster auf, überschreitet Grenzen, wagt erstmals den Einsatz eines Chores in einem sinfonischen Werk und öffnet damit der Romantik Tür und Tor. So ist es keine Überraschung, dass die 9. den Rahmen des diesjährigen Beethovenfestes bildet, das unter dem Motto „Eigensinn“ am vergangenen Freitag offiziell eröffnet worden ist und bis zum 7. Oktober ein Highlight nach dem anderen präsentiert.

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Darren Williams: Der erste Eindruck kann täuschen

Der erste Eindruck täuscht oft – davon kann Darren Williams nun ein Liedchen singen. Auf den Plakaten, die zuletzt die Deutschlandpremiere des australischen „Stimmwunders“ im Bonner Pantheon bewarben, sah er ein bisschen aus wie eine verjüngte Mischung aus Howard Carpendale und Jürgen Drews, auf seiner Homepage erinnert ein Bild gar an Florian Silbereisen mit Goldmähne. Anscheinend keine schlechten Voraussetzungen für Australien und die USA, wo Williams bislang euphorisch gefeiert wurde. Anders in Deutschland: Lediglich 30 Musikfans kamen am Donnerstagabend zu seinem Konzert. Könnte am ersten Eindruck liegen. Dabei hat Williams einiges zu bieten. Über fünf Oktaven soll sein Goldkehlchen trällern können, und auch wenn man am Donnerstag nicht genau nachmessen konnte, ist der Stimmumfang des australischen „Entertainers of the Year“ beachtlich.

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Piet Klocke: „Bitte, albern, albern“

„Jetzt bin ich aber leicht ins Schweifeln gekommen“, sagt Piet Klocke irgendwann während seines Auftritts im Bonner Pantheon. Selbsterkenntnis, die nicht sonderlich viel bringt – wenige Sekunden später hat der schlaksige Rotschopf schon wieder drei völlig unabhängige Themen berührt und nähert sich auf einer assoziativen Achterbahnfahrt mit vollem Schwung dem vierten. Und das Publikum versucht verzweifelt, ihm bei seinen Ausführungen zu folgen, ihm vielleicht sogar irgendwann, wenn Klocke eine seiner berühmten Pausen einlegt, einen Schritt voraus zu sein. Vergebens.

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Bernd Stelter: Froh zu sein bedarf es wenig...

„Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen glücklich zu sein“, sagte einst der große Voltaire – ein Motto, dass sich auch Bernd Stelter auf die Fahnen geschrieben hat. Der Gute-Laune-Bär der deutschen Comedy tat am Freitagabend im ausverkauften Haus der Springmaus in Bonn alles, um die Mundwinkel seines Publikums entgegen der von der Bundeskanzlerin vorgegebenen Richtung auszutarieren. Lachen ist schließlich die beste Medizin gegen den vorherrschenden Pessimismus – und fördert zudem das allgemeine Wohlbefinden. Für dieses hehre Ziel ist Doktor Bernd jedes Mittel recht, selbst wenn er sich dabei zum Affen machen muss. Ist ja für eine gute Sache. Hauptsache das Publikum lacht, worüber, ist zweitrangig.

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Jean Faure: Klammerblues auf Französisch

Klammerblues-Zeit. Mal wieder. Jean Faure lächelt: Er liebt diese alten Balladen, zu denen er selbst in den 60er Jahren in Frankreich wohl, eng an eine junge Frau gekuschelt, getanzt hat. Nostalgie im Blick und in der Stimme. Fauré singt „C'est extra“, dieses erotische Stück von Léo Ferré mit dem mehrdeutigen und darum nahezu unübersetzbaren Text – und das Publikum im Pantheon hört gebannt zu, schwelgt vielleicht selbst in Erinnerungen oder genießt einfach nur diese wunderbar sonore Stimme, die von einer exzellenten Band wie auf einem Samtkissen getragen wird. „Verstehen Sie, was ich da singe?“, fragt Faure. Ja, sagt das Publikum. Alles in Ordnung. Weitersingen. Ist grad so schön.

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Martin Schmitt: Warnung vor der Marderarmada

etziger Boogie Woogie, gefühlvoller und beizeiten auch äußerst kraftvoller Blues – aber auf bairisch! Jenem Dialekt, der immer wieder mit zünftiger Volksmusik in Verbindung gebracht wird, aber kaum mit den genannten Musikstilen. „Des geht ned guad“, mag man da vielleicht denken, und ist schon mitten drin im Programm von Martin Schmitt, der am Donnerstagabend im leider nur mau besetzten Pantheon-Casino seine neue CD „Aufbassn“ vorstellte.

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Varietéspektakel: Diebische Elfen und Strip-Artisten

Ein Ring hängt über dem Boden des Pantheon, fast schon auf Tuchfühlung zum Publikum. In diesem die bezaubernde Camille Tremblay, hin- und herschwingend, direkt über begeisterten Gesichtern schwebend. Kurz danach wiederholt der durchtrainierte Louis-Marc Bruneau-Dumoulin dies an einem hängenden Tuch, verknotet sich, klettert hoch, rollt wieder runter. Eine beeindruckende Show – und ein Bruch mit dem üblichen Programm des Bonner Kleinkunsttempels, dessen Künstler sonst bezüglich Bühnenplatz und Requisite nur sehr geringe Ansprüche stellen.

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Zaz: Wenn eine Fee Trompete spielt

Was ist das nur für ein ungewöhnliches Wesen, dass da fröhlich auf der Bühne des KunstRasens von einer Ecke zur anderen springt, quietscht, lacht, jubelt und gerne mal auf einer unsichtbaren Trompete spielt? Ein Kind, eine Fee oder einfach nur eine lebenslustige und zugleich unglaublich erfolgreiche Musikerin? Irgendwie ist Zaz all das auf einmal. Kein Wunder, dass gut 7000 Fans bei traumhaftem Sommerwetter (ja, so was soll es geben) in die Bonner Rheinauen kamen, um das französische Ausnahmetalent live zu erleben. Schon um 18 Uhr ging das Miniaturfestival los – gleich zwei exzellente Vorbands hatte Zaz mitgebracht, um die Menge in Stimmung zu bringen. Hat funktioniert: Der französische Blues- und Rockmusiker Charles Pasi überzeugte ebenso wie die hübsche Newcomerin Kyla La Grange, die mit melancholischem Indie-Rock ihren bisher größten Auftritt bravourös absolvierte. Wer nicht dabei war: Im Internet in die Musik dieser Künstler reinhören. Es lohnt sich.

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Culcha Candela: HipHop-Boygroup liefert Partybässe

Tausende Hände sind in der Luft, viele halten ein Tuch, eine Fahne oder ein Shirt: Hauptsache ein Stück Stoff, weil die Jungs von Culcha Candela das aus irgendeinem Grund ganz toll finden. Das Berliner Multikulti-Kollektiv, das mit ihrem synchronen Tanzstil und den aus den Hosen hängenden Schnuffeltüchern auf dem KunstRasen wie die Backstreet Boys des Hip Hop wirken, haben ohne Zweifel ein Händchen für exzellente Partystimmung.

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Nickelodeon: Blödeleien auf Britisch

Dass Engländer einen ganz eigenen Sinn für Humor haben, ist spätestens seit Monty Python allseits bekannt. Brachialkomik traf bei dieser Chaostruppe auf schräge, teils feinsinnige Pointen, Zoten und viele große Bewegungen. Auf eine ähnliche Mischung greift auch das Comedy-Duo Nickelodeon zurück – jetzt haben Mark Britton und Krissie Illing ihr neues Programm „Costa de Love“ im Pantheon präsentiert. Ihre Alter Egos William und Wilma dürfen in die zweiten Flitterwochen nach Spanien, wo heiße Strände und flammende Leidenschaft warten. Und wo natürlich so einiges schief geht.

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Patti Smith: „Hallo Baum“

Es ist ein schwarzer Baum, der Patti Smith ins Auge fällt. Die 65-Jährige ist von dieser dunklen Farbe, im Kontrast zum umgebenden Grün, fasziniert. „Hello tree“, grüßt sie – und über 2000 Köpfe drehen sich auf dem Bonner KunstRasen um. Typisch Patti Smith: Nicht umsonst gilt sie als „Schamanin des Punk“, sorgt, kümmert sich um die Natur und sieht das Schöne und Ungewöhnliche an jeder Ecke. Auch in einem schwarzen Baum, an dem andere einfach so vorbeigehen.

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„Lady Windermere's Fan“: Skandal mit Fächer

Sie hatten 120 Prozent versprochen und sie haben 120 Prozent gegeben: Die Premiere der Gesellschaftskomödie „Lady Windermere's Fan“ von Oscar Wilde durch die Bonn University Shakespeare Company (BUSC) war ein voller Erfolg. Die Schauspieler, die auf der Bühne der Brotfabrik die Manieren und Moralvorstellungen der viktorianischen Epoche demaskierten, konnten tatsächlich im Vergleich zu den Proben noch einmal deutlich zulegen und verliehen dem auf Englisch gespielten Stück genau die richtige Menge an Witz und Tränen – wobei letztere eigentlich ausschließlich aus Lady Windermeres Augen flossen, die zwischen der Treue zu ihrem Mann und ihrem Interesse an Lord Darlington (Johannes Neubert) hin- und hergerissen ist.

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Bob Dylan: Gut gekrächzt ist halb gewonnen

Es ist mehr ein Kratzen, Krächzen und Bellen denn Singen, dass da von Bob Dylan ausgeht, diesem lyrischen Großmeister des Folk, der auf der Bühne des KunstRasens steht und die etwa 5000 Fans angrinst. Gut, Dylans Stimme war noch nie die Beste, aber inzwischen ist der böse Vergleich des „Time“-Magazins aus den 60er Jahren, diese klänge so als ob sie „über die Mauern eines Tuberkulose-Sanatoriums“ käme, gar nicht mehr so weit von der Realität entfernt.

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Lou Reed: Genuss muss man sich verdienen

Gleich das erste der KunstRasen-Konzerte in Bonn scheint, was die Zuschauerzahlen angeht, eher enttäuschend: Lediglich 1500 Fans tummeln sich auf dem für 10.000 Menschen angelegten Areal in den Bonner Rheinauen. Aber immerhin ist Lou Reed niemand, den man als mainstreamtauglich bezeichnen kann. Und täte es doch jemand, hätte der inzwischen 70-jährige Straßenpoet, dieser zerknitterte, unverbogene, kompromisslose Mann in Schwarz, sicherlich einige harsche Worte dazu zu sagen.

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Prix Pantheon: Echse trifft Rammstein Harmonists

Ganz großes Kino in der Oper: Zwei Tage dauerte in diesem Jahr die Gala zum Prix Pantheon, einem der wichtigsten Kleinkunstpreise Deutschlands. Immerhin feierte der Bonner Kabarett-Tempel nebenbei auch noch sein 25-jähriges Bestehen. Viele Künstler sind mit dieser Institution groß geworden, haben sich hier ihre ersten Sporen verdient, zum Teil selbst den Prix gewonnen und Karriere gemacht. So dürfte es nicht überraschen, dass zahlreiche Stars der Kabarett- und Comedy-Szene ihre Aufwartung machten. Also eigentlich wie immer, nur größer und länger.

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Geschwister Pfister: Badewannen-Tango für den Spatz von Avignon

Es ist eine für Pantheon-Verhältnisse ungewöhnlich opulente Bühne: Eine Chippendale-Kneipe mit jeder Menge hochprozentiger Alkoholika hinter dem massiven Holztresen, davor stehen ein paar Barhocker. Links und rechts je eine Garderobe, die eine männlich-gediegen, die andere weiblich-verspielt, in ihnen die beiden Stars des Donnerstagabends: Peter Alexander und Mireille Mathieu.

 

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Florian Schröder: Ruderlos im Meer der Möglichkeiten

 Der Mensch könnte so viel tun, macht auch von allem etwas – nur meistens leider nichts richtig. Sagt zumindest Florian Schröder, der am Donnerstag im Bonner Pantheon zwischen politischem und philosophischem Kabarett hin und her schwamm und sich ab und zu, wenn sich die Tiefe des gerade angeschnittenen Themas beängstigend offenbarte, in die seichten Gewässer der Comedy zurückzog. Eben von allem etwas...

 

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Wilfried Schmickler: Endzeitprediger mit Wut im Bauch

 

Eigentlich ist die Apokalypse schon längst angebrochen. Zumindest in politischer Hinsicht, und auch in wirtschaftlicher. Kein Silberstreif am Horizont, die Situation ist so verfahren, wie sie nur sein kann. Jetzt kommt es knüppeldick – warnt zumindest Endzeit-Kabarettist Wilfried Schmickler, der am Freitagabend seine düstere Botschaft im Bonner Pantheon verkündet hat. Und liest dem Volk kräftig die Leviten. Denn irgendeiner muss es ja tun.

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Rheinland Ahoi: Drei Mann in einem Boot

Geschichte hat immer mindestens zwei Seiten – und über die kann man trefflich streiten. Dies haben Chef-Pantheon-Kabarettist Rainer Pause in seiner Rolle als Rhenania-Präsident Fritz Litzmann und der Sauerländer Historiker Martin Stankowski bei der Premiere ihres neuen „Rheinland Ahoi“-Programms am Dienstagabend dann auch getan. Während das Schiff „Rheinprinzessin“ gemütlich Richtung Remagen tuckerte, unterhielten die beiden so gegensätzlich auftretenden Persönlichkeiten (sowie ein dritter, an dieser Stelle aus Spannungsgründen noch anonym bleibender Gast) die gut 200 Gäste mit historischen Begebenheiten und stellenweise absurd wirkenden Anekdoten. Eine genüssliche und zugleich lehrreiche Reise.

 

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WDR Bigband: Treffen der musikalischen Generationen

Unterschiedlicher hätten die Formationen nicht sein können, die am Freitagabend im bis auf den letzten Platz besetzten Telekom-Forum in Beuel das Jazzfest Bonn eröffnet haben: Technophilie trifft auf den Ragtime-Sound der 20er und 30er Jahre, avantgardistische Struktur auf klassisches Big-Band-Arrangement. Dombert's Urban Jazz und die WDR Big Band (letztere zusammen mit dem italienischen Pianisten Raphael Gualazzi) begeisterten die gut 800 Fans im Publikum mit Sounds für jeden Geschmack. Musikalisch gesehen ein Treffen der Generationen.

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Ingo Appelt: Vier Zoten für ein Halleluja

 Ja, es stimmt: Ingo Appelt ist ein Frauenversteher geworden. Er, der größte Macho der deutschen Kabarett- und Comedy-Szene. Eigentlich zum Selbstschutz: Männer kann er ordentlich herabwürdigen, ohne dass diese sich beleidigt fühlen, beim weiblichen Teil der Bevölkerung muss Appelt vorsichtiger sein. Jedes Wort auf die Goldwaage legen und dem angeblich so schwachen und doch so bedrohlichen Geschlecht schmeicheln. „Frauen sind Göttinnen“, sagt er jetzt. Doch trotz dieser Neuausrichtung: Appelt bleibt Appelt. Böse, zynisch, versaut. Und gut.

 

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Elke Heidenreich: Musikgespräch unterm Wolkenzelt

 Was genau an diesem Donnerstagabend erwartet werden darf, weiß niemand. Nicht die gut 80 Gäste, nicht die Thalia-Mitarbeiter, selbst die beiden Akteure nicht. „Musikgespräch“ steht im Veranstaltungsplan für den Kuppelsaal im Metropol, ohne weitere Erläuterung – ganz bewusst. Es ist ein Experiment, gibt Initiator Christoph Vratz, seines Zeichens anerkannter Musikredakteur aus Köln, gleich zu Anfang zu: Ein Gespräch über die Leidenschaft zur Musik, ohne Skript und doppelten Boden. Mit Elke Heidenreich hat er dabei genau die richtige Gesprächspartnerin gefunden.

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