Manchmal geschehen noch Zeichen und Wunder. Keiner hätte noch vor drei Jahren gedacht, dass sich die Mitglieder des Pink Punk Pantheon (PPP) und vor allem die beiden Vorsitzenden des FKK Rhenania, Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich), einmal positiv über die Schäl Sick äußern würden. Doch inzwischen haben sich alle an die neue Residenz auf der Beueler Seite gewöhnt. Genug Kölsch und Korn machen eben alles möglich. Und auch wenn das Engagement für eine Stärkung des Erbes von Engelbert Humperdinck, immerhin ein berühmter Sohn des benachbarten Siegburgs, zunächst auf taube Ohren stößt, ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis dem Komponisten in der 35. Ausgabe des PPP Gerechtigkeit widerfährt. Bis dahin stehen andere Probleme im Vordergrund: Der Lehrermangel, einen Überfall provozierende Neureiche in Altstadtkneipen, protestierende Bienen und sich braun verfärbende Funken.
Es war ein Abend voller Nostalgie und Magie, voller fantastischer Musik und großer Gefühle. Kurzum ein Abend voller Disney. Einige der größten Hits aus den beliebten Zeichentrickfilmen standen vier Tage vor Heiligabend im Mittelpunkt eines Konzerts des Hollywood-Sound-Orchesters unter der Leitung von Heinz Walter Florin, das zusammen mit einigen herausragenden Solisten das Publikum restlos verzauberte. Auch wenn es dabei ein historisches Detail vergaß.
Als Sohn eines weltberühmten Musikers hat man es häufig schwer. Vor allem dann, wenn man auch noch den selben Namen wie der Erzeuger trägt und der selben Leidenschaft frönt. „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, sagen dann viele, oder „Ganz wie der Vater“. Im Vorfeld des Auftritts von John Lee Hooker Jr in der Harmonie Bonn wollen manche Blues-Liebhaber solche Aussagen nicht hören. Alles nur Klischees, sagen sie. Möglich. Aber zumindest in diesem Fall nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt. Denn auch wenn der 65-jährige Junior einen weitaus steinigeren und härteren Weg hinter sich hat als der legendäre Senior und einen dazu passenden Musikstil pflegt, ist das Erbe doch unüberhörbar.
Autonome Automobile mit eigenem Willen, App-Wahn und Künstliche Intelligenz, die nachzudenken beginnt: Die digitale Entwicklung bereitet Piet Klocke offenbar einige Sorgen. Nichts gegen Technik – die setzt der schon sehr spezielle Kabarettist, Musiker und Liebhaber des bewusst abbrechenden Satzes (dem so genannten Anakoluth) nur allzu gerne selber ein – aber wenn das Denken ausgelagert wird, hat das mitunter eben auch Nachteile. In seinem neuen Programm „Ausdrucksdance“, dessen Inhalt mit dem Titel nachweislich in keinerlei Beziehung steht, kommt Klocke somit immer wieder auf das Potenzial und auf die Gefahren der Computerisierung zu sprechen. Kein roter Faden, wohl aber die größte Gedankenblase in dem mentalen Schaumbad eines charmanten Wirrkopfs mit Tiefgang, der genüsslich eine Idee an die nächste setzt, scheinbar Nonsens kreiert und doch mitunter zum Nachdenken anregt.
Manchmal ist die Verbindung zwischen Star und Menge von der ersten Sekunde an da. Der erste Ton, die erste Geste, schon springt der Funke über. In anderen Fällen bedarf es einer kleinen Starthilfe, ein bisschen Mühe und Leidenschaft, damit dieser wünschenswerte Zustand erreicht wird. Doch derartige Anstrengungen hat Andreas Bourani nicht nötig. Meint er zumindest. „Wir sind füreinander gemacht“, singt er auf dem KunstRasen, und die Menge reagiert genau so wie erwartet. Euphorisch bejubeln gut 8000 Fans den 33-Jährigen, der zu den derzeit populärsten deutschsprachigen Künstlern der Pop-Landschaft zählt – sofern das nicht ein Besucherrekord der Konzertreihe in der Gronau ist, hat Bourani diesen nur ganz knapp verpasst.
Geplant ist nichts. Möglich aber alles. Wenn Christian Padberg alias Dad's Phonkey auf die Bühne tritt, gibt es für ihn keine Vorgaben, keine Noten, keine Vorstellungen. Vielleicht, nur vielleicht, so etwas wie den Hauch einer Idee, mehr aber auch nicht. Die eigentliche Musik passiert einfach. Sie entsteht im Unterbewusstsein, eine Melodielinie nach der anderen, vom Gehirn in Form gebracht und sich schließlich aus dem Mund des 57-Jährigen in dessen Loop-Station ergießend, wo sie sich mit den anderen Fragmenten zu etwas Einzigartigem verbindet. Eine a-cappella-Chimäre, die ständig im Wandel begriffen ist und dabei faszinierende Formen annimmt. Im Pantheon hat Dad's Phonkey nun ein großes Konzert gegeben – und das Publikum mit seiner Experimentierfreudigkeit, seiner Kreativität und seiner Spontaneität begeistert.
Der Sog ist stark. Sehr stark. Wenn Akua Naru an den Rand der Bühne tritt, ebbt das Publikum lachend zurück, nur um dann wieder wellengleich zurückzukehren und die Rapperin aus Köln mit Energie zu versorgen. Dann wieder gehen die Arme in die Höhe, wippend, wiegend, wogend, den Impulsen von der Bühne folgend und sie zugleich verstärkt zurückwerfend, bis die charmante Frontfrau nicht mehr weiß, wohin sie mit all dieser Kraft soll, die ihr an diesem Abend in der Harmonie entgegenfließt. Keine Frage, auch dieses Konzert des „Over the Border“-Festivals ist ein besonderes Erlebnis für Künstler und Publikum – und doch nicht ganz das, was es sein könnte. Denn mitunter suboptimale Abstimmungen im Hintergrund und eine schwächelnde Tontechnik verhindern, dass Akua Naru ihr ganzes Potenzial ausschöpfen kann.
Wenn eine ebenso irre wie geniale Gauklertruppe ohne Rücksicht auf Verluste Balkan-Beats und Tarantella, Hip-Hop und Gypsy mischt, sich zugleich einer babylonischen Sprachverwirrung hingibt und damit das Publikum völlig um den Verstand bringt, ist eine wilde Party garantiert. So wie jetzt in der Harmonie beim Besuch von La Caravane Passe. Das wahnwitzige Quintett, das anlässlich des „Over the Border“-Festivals in Bonn gastierte, hat sich das französische Sprichwort „Der Hund bellt, die Karawane zieht weiter“ („le chien aboie, la caravane passe“) offenbar zu Herzen genommen: Vom Gebell vermeintlicher Grenzwächter lässt es sich ebenso wenig aufhalten wie von Moralaposteln und Musikpuristen. Mit ihrem Kaleidoskop aus urbanen und folkloristischen Klängen, in dem lediglich das Wort „unmöglich“ unmöglich scheint, sorgen die weltoffenen Franzosen für eine grandiose Stimmung, die ihresgleichen sucht.