Billy Idol & New Model Army: Gut gealterte Rebellen

Ja, er tanzt immer noch, mit grell blondierten Haaren und mit Lederjacke, ein bisschen gealtert, aber noch immer so fit wie damals: Niemand geringerer als Rock-Ikone Billy Idol hat am vergangenen Sonntag die Open-Air-Saison 2025 des Bonner KunstRasens mit einem energiegeladenen, kraftvollen Auftritt eröffnet und damit für einen Auftakt gesorgt, wie er besser kaum hätte sein können. Zusammen mit New Model Army im Vorprogramm setzt er gleich zu Beginn den ersten Höhepunkt eines Musikspektakels, das größer und stärker werden dürfte als je zuvor. Und das mit Künstlern, die heutzutage noch genauso relevant sind wie vor 40 Jahren. Und genauso gut.

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Frank Oppermann: So entsteht Theater

Ein Intendant hat es nicht leicht. Erst recht nicht als Leiter eines freien Hauses. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach ernsthaftem und tiefgründigem Theater, auf der anderen der des zahlenden Publikums, auf dessen Wohlwollen man schlichtweg angewiesen ist. Beides in Einklang zu bringen, das ist die große Kunst. Diesen Balanceakt muss Frank Oppermann jedes Jahr aufs Neue wagen, und jedes Jahr ist es eine große Herausforderung für den Chef des Kleinen Theaters. Auf der Außenbühne unter der Zeder hat er nun auf Einladung der Freunde und Förderer des Kleinen Theaters Bad Godesberg ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und enthüllt, was alles geschehen muss, damit ein Stück überhaupt inszeniert werden kann.

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Lisa Feller: Mama im besten Alter

Wer braucht schon aufwendig konstruierte Pointen, wenn es den Alltag gibt? Und Menschen, die dessen Absurditäten leidenschaftlich gerne betrachten und verteilen. So wie Lisa Feller. Die glitzernde Honigkuchenpferd-Mama der deutschen Comedy genießt es geradezu, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Ohren zu spitzen: Im Supermarkt, vor’m Supermarkt, auf dem Parkplatz, in der Bahn oder an der Frittenbude im Freibad. Irgendwo passiert immer etwas, das man sich besser nicht hätte ausdenken können. Da schreibt sich ein Programm wie „Schön für dich“ fast von selbst. Jetzt hat Feller dieses im Haus der Springmaus präsentiert – und sich dabei ebenso scheckig gelacht wie ihr Publikum.

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Morrissey: „Ich mag den Geruch von Köln“

Der große Skandal ist ausgeblieben. Wie leicht hätte etwas passieren können. Immerhin gilt Morrissey als vergleichsweise schwieriger Künstler, der schon einmal ein Konzert abgebrochen haben soll, weil jemand im Publikum Fleisch gegessen hat, und auch mit politisch fragwürdiger Polemik oder zynisch-bösartigen Kommentaren ist der Ex-Frontmann der Band The Smiths zuletzt negativ aufgefallen. Im Palladium fokussiert sich der 66-Jährige stattdessen auf seine Musik, wispert nur kurz „I love the smell of Cologne“ und stürzt sich dann in die Songs. Und selbst deren Inhalte sind an diesem Abend vergleichsweise brav. Was alles andere als selbstverständlich ist.

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Mirja Boes: Die Pubertät klopft an die Tür

Ab einem gewissen Punkt ist einem nichts mehr peinlich. Kennt man ja vom Karneval. Oder von der Pubertät. Wer mit Katzenmasken und Penis-Kostümen durchs Leben tanzt, ein Geburtstagslied im Metal-Stil grölt und all das für alltäglich hält, ist schon ein bisschen verrückt. Oder Mitglied in der Band von Mirja Boes. Im Zweifel beides. Die 53-jährige Komikerin und heimliche Partyschlager-Sängerin (seit fast 25 Jahren tritt sie unter dem Namen „Möhre“ am Ballermann auf) hat mit ihren „Honkey Donkeys“ tatsächlich vier Männer gefunden, die für Geld offenbar alles machen. Was einfach nur peinlich sein könnte. Aber eigentlich ziemlich lustig ist, vor allem weil sich im Rahmen des Programms „Arschbombe Olé“ auf der Bühne niemand ernst nimmt – und weil Mirja Boes ein gutes Gespür für Pointen hat, die ganz knapp am Abgrund entlangschlittern und immer im richtigen Moment die Kurve kriegen. Nun haben sie und ihre Band im Haus der Springmaus Station gemacht.

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Christine Corvisier: Chansons mal anders

Ein bisschen skurril ist es schon: Ausgerechnet eine deutsche Übersetzung hat der Jazz-Saxophonistin Christine Corvisier das Werk von Gilbert Bécauds geöffnet. Eine, die der große Chansonnier sogar selbst interpretiert hat. „Gilbert Bécaud singt deutsch“, ein obskures Album, das Corvisier sofort in seinen Bann zieht und sie davon überzeugt, einen Nachfolger von „Chansons des Cologne“ aufzunehmen, in dem sich ihr französisches Erbe mit der Eleganz des Swing und der Innovationskraft der Kölner Jazz-Szene verbindet. Was live noch einmal besser klingt als auf der umjubelten Platte, wie ein Auftritt im Pantheon im Rahmen der Reihe "Jazz in Concert" eindrucksvoll belegt.

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Johann König: Sechs Folgen mit etwas "Wunderbarem"

Für Johann König ist vieles wunderbar. Zumindest, wenn man es sich oft genug sagt. Ein erfolgversprechendes Konzept, wie der 53-Jährige schon 2016 mit der Veröffentlichung seines dritten Buches herausgefunden hat: Damals hat er sich Kinder schöngeredet. Jetzt hat er zusammen mit dem WDR ein neues Format erarbeitet und im Pantheon, dessen Innenraum sich zu diesem Zweck kurzerhand um 90 Grad drehen musste, die ersten sechs Folgen aufgenommen. Jede dreht sich um einen Schlüsselbegriff (zum Beispiel Mobilität, Erotik oder Essen), die allerlei alte und neue Stars aus Comedy und Kabarett kommentieren sollen – was manchmal, aber nicht immer funktioniert. Hier jetzt ein paar Eindrücke vom finalen Abend. 

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"Mann Mann Mann": Probe mit Hindernissen

Da liegt er nun, der Tote, direkt vor und fast auf den Füßen des Publikums. Ein bisschen eng ist es schon, hier im ersten Stock der Theatergemeinde Bonn, in dem das Ensemble BonnRaumTheater (BRT) unter der Leitung von Johannes Prill das Stück „Mann Mann Mann“ von Florian Scheibe inszeniert. Das Eckzimmer ist nun einmal nicht als Bühne konzipiert. Aber was will man machen, wenn Aufführungsorte in der benötigten Größenordnung rar gesät und schwer zu kriegen sind? Das ist eben gerade ein großes Problem für Prill und seine Kollegen, diese theatrale Heimatlosigkeit. Umso dankbarer ist das Quartett, dass die Theatergemeinde sie noch einmal spielen lässt – ebenso wie das Publikum, dass die Männerkomödie sichtlich genießt.

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„Private Lives“: Was sich liebt, das hasst sich

Eigentlich können sich Amanda und Elyot nicht ausstehen. Beide sind volatile Charaktere, impulsiv, streitlustig, arrogant – und zumindest auf emotionaler und verbaler Ebene sadomasochistisch veranlagt, wenn auch eher unbewusst. Sie halten sich einfach nicht aus, zumindest nicht länger als ein paar Tage. Aber sie können gleichzeitig auch nicht voneinander lassen. Die beiden Hauptfiguren von Noel Cowards zeitloser Komödie „Private Lifes“ (1930), die sich fünf Jahre nach ihrer Scheidung mit ihren jeweils frisch angetrauten Ehepartnern auf Hochzeitsreise in einem Hotel treffen und spontan zusammen durchbrennen, brauchen schließlich Gegner, keine Opfer. Das dazu führt allerdings zwangsläufig dazu, das zwischendurch die Fetzen und die Fäuste gleichermaßen fliegen. Jetzt hat Frank Oppermann diesen Klassiker mit einem erfrischenden Ensemble im Kleinen Theater Bad Godesberg inszeniert, mit großem Geschick für Timing, Witz und Tempo, herrlich zeitlos und gnadenlos bissig. Kurzum perfekt. Und unglaublich komisch.

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Moritz Netenjakob: Milchschaumschläger und Fußball-Riten

„Was in meinem Kopf herumspukt, das wollen Sie gar nicht wissen“, behauptet Moritz Netenjakob. Da irrt er. Ganz im Gegenteil wollen die Besucherinnen und Besucher der Springmaus genau das. Deswegen sind sie schließlich gekommen, wegen satirischer Geschichten über Gender-Sternchen (im besten Loriot-Stil) und über Fan-Gesänge in der Philharmonie, wegen der deutschen Antwort auf „Independance Day“ und auch wegen der Dialoge zwischen Udo Lindenberg, Peter Maffay und Rainer Calmund. Es geht eben gerade um diese Kopfgeburten eines leidenschaftlichen Kabarettisten, der sein eigenes Licht unter den Scheffel stellt und hinter den Kulissen ein gefragter Autor diverser Comedy-Formate agiert und auch für viele seiner Kolleginnen und Kollegen schreibt. Einst war er sogar Hausautor im Haus der Springmaus – wo Netenjakob jetzt mit seinem Best-of-Programm „Das Ufo parkt falsch“ einen Einblick in seine Gedankenwelt ermöglicht.

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Bonner Theaternacht: Szenen aus der Zukunft

Der Regen ist ausgeblieben, die Katastrophe auch: Die Bonner Theaternacht war für viele, wenn nicht gar für alle beteiligte Akteure ein großer Erfolg. Sahen die Vorverkaufszahlen noch 48 Stunden zuvor alles andere als gut aus, stürmten Bürgerinnen und Bürger am Termin selbst in Scharen zu dem beliebten Veranstaltungsmarathon, an dem sich etliche freie Gruppen sowie fast alle relevanten Theater der Bundesstadt präsentierten, Ausschnitte aus zukünftigen Produktionen zeigten oder einfach nur einen schönen Abend bereiteten. Vor etlichen der insgesamt 30 Spielstätten waren schon zu Beginn lange Schlangen zu sehen, viele der so genannten Startervorstellungen waren auf einmal ausverkauft – und die Ensembles sorgten dafür, dass sich das Warten ebenso sehr lohnte wie das Weiterziehen. Denn nur wer mit offenen Ohren und neugierigem Blick von Ort zu Ort wanderte, konnte den wahren Reichtum und die Vielfalt der Bonner Kulturszene so richtig schätzen. Auch kultur-kritik war unterwegs und hat längst nicht alles, aber zumindest einiges sehen können. Und manches leider nicht. 

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Sebastian Studnitzky: Klänge einer verwundeten Stadt

Putin lässt nicht locker: Auch nach drei Jahren bombardiert Russland weiterhin die Ukraine, allen Vermittlungsversuchen und Warnungen des Westens zum Trotz. Auch die Großstadt Odessa wird immer wieder das Ziel von Raketen- und Drohnenangriffen. Um daran zu erinnern, tourt derzeit das Kammerensemble des Odesa Symphonic Orchestras (in ukrainischer Schreibweise tatsächlich nur mit einem S) zusammen mit dem Jazz-Musiker Sebastian Studnitzky durch die Bundesrepublik und präsentiert mit „Memento Odesa“ ein ebenso aufregendes wie berührendes Werk, das dem Krieg und dem Leid eine mitunter melancholische, in der Regel aber belebende Leichtigkeit und Schönheit entgegensetzt – so wie jetzt im Bonner Pantheon, wo das Projekt erneut für Begeisterung sorgte.

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Methodisch Inkorrekt: Kreuzzug gegen Schwurbler

Verschwörungstheoretiker und Esoterik-Spinner, Klimaleugner und Werbe-Schwurbler: Die Feinde der ernsthaften Wissenschaft sind Legion. Sie verzerren Statistiken und Fakten, spielen mit Ängsten und Zweifeln, präsentieren einfache (und fehlerhafte) Antworten für einfache Gemüter. Doch Nicolas Wöhrl und Reinhard Remfort machen da nicht mit. Die beiden Experimentalphysiker betreiben seit 2013 den Podcast „Methodisch inkorrekt“, in dem sie naturwissenschaftliche Phänomene erklären, vor allem aber das Erkenntnissystem der Wissenschaft selbst verteidigen, das unter anderem auf Falsifizierbarkeit, Transparenz und Rationalität beruht. Im Pantheon haben Wöhrl und Remfort jetzt ebenso augenzwinkernd wie informativ Magie gewirkt, Töne in Feuer umgewandelt, ein Fahrrad zweckentfremdet und Desinformationen dekonstruiert.

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Jazzfest Bonn: Tastenzauber und Vokalmagie

Ein perfektes Finale für ein herausragendes Festival: Die letzten beiden Doppelkonzerte des eigentlichen Jazzfests Bonn haben einmal mehr Vielseitigkeit und Kreativität in den Mittelpunkt gestellt und eindrucksvoll gezeigt, dass der Musik kaum Grenzen gesetzt werden kann. Zumindest nicht, wenn Hochkaräter wie Jasper van’t Hof, Andreas Schaerer und Hiromi Uehara auf der Bühne stehen und voller Leidenschaft verschlungene, verschnörkelte und verzaubernde Melodielinien zwischen Pop und Modern Jazz präsentieren. Sofern man eine derartige stilistische Einordnung überhaupt vornehmen kann.

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GrioToubab: Rumba aus dem Senegal

Wenn  Pape Samory Seck loslegt, fangen Füße fast schon automatisch an zu tanzen. Der senegalesische Perkussionist, der dem „Over the Border“-Weltmusikfestival seit Jahren treu verbunden ist, verfügt über einen geradezu hypnotischen Groove – ein Talent, das er mit seinen Familienmitgliedern teilt. Einige von ihnen haben vor nunmehr drei Jahren zusammen mit dem Jazz-Pianisten Mike Herting, der in Afrika durchaus als „Toubab“ bezeichnet wird (das Wort bedeutet „alter weißer Mann“) und einigen weiteren Musikerinnen und Musikern die elfköpfige deutsch-afrikanische Band GrioToubab ins Leben gerufen, die nun zum Abschluss von „Over the Border“ im Pantheon erstmals auftrat. Und von der ersten Sekunde an begeisterte.

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INTERVIEW: Nikita Miller ist zwischen den Welten zuhause

Als in Deutschland lebender russischstämmiger Kabarettist hat es Nikita Miller nicht immer leicht, erst recht nicht, wenn man auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen kommt. "In der Sowjetunion waren wir die Deutschen, hier sind wir die Russen. Wir sitzen im Grunde zwischen zwei Stühlen." Im Interview erzählt er von diesem inneren Konflikt - und wie er gelernt hat, damit umzugehen.

 

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Jazzfest Bonn: Auf die Größe kommt es nicht an

Der Mundharmonika-Virtuose Konstantin Reinfeld und der stilbildende Akkordeonist Simone Zanchini haben eines gemeinsam: Beide machen Musik nicht halbherzig. Ganz im Gegenteil versuchen die beiden Musiker – der eine im Duo, der andere solo –, das Potenzial ihrer jeweiligen Instrumente vollends auszuschöpfen und die Grenzen zumindest ein bisschen zu verschieben. Mit Erfolg, wie sich jetzt bei einem Doppelkonzert im Volksbankhaus zeigt, das im Rahmen des Jazzfests Bonn stattfindet. Sowohl Reinfeld, der seit rund acht Jahren überaus erfolgreich mit dem virtuosen Pianisten Benyamin Nuss zusammenarbeitet, als auch Zanchini stoßen die sprichwörtlichen Türen weit auf und fusionieren Filmmusik und Klassik, Rock, Folk und natürlich Jazz zu einer ganz besonderen Mixtur, die mehr ist als die Summe der einzelnen Teile. Das Publikum ist elektrisiert, was völlig nachvollziehbar ist – so vielseitig dürften die meisten Mundharmonika und Akkordeon noch nie zuvor wahrgenommen haben.

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Sebastian Krämer: Die Poesie der Travestie

Die Melancholie der Liebe und die Absurdität des Alltags: Diese beiden Charakteristika ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk von Sebastian Krämer. Der 49-Jährige ist ein begnadeter Chansonnier, der mit traurigem Ton und verschmitztem Lächeln über das Leben singt, ganz ohne rosarote Brille. Die würde ihm auch nicht stehen. Seine ist eher mitternachtsblau, ideal für einen Künstler, der Satiriker und Romantiker zugleich ist. Im Haus der Springmaus hat der Wahl-Berliner nun „Liebeslieder an deine Tante“ gesungen. Und ein paar traurige Kinderlieder.

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The Tiger Lillies: Cthulhu fehlt

Die Vorzeichen versprachen einen düsteren Abend: Laut Programm hätten The Tiger Lillies bei ihrem Konzert im Pantheon eigentlich ihre aktuelle Platte „Lessons of Nihilism“ sowie das von Horrorautor H.P. Lovecraft inspirierte Konzeptalbum „Mountains of Madness“ in den Mittelpunkt stellen müssen. Doch daran hat sich das verrückt-morbide Trio mit den diabolisch geschminkten Clowngesichtern nicht gehalten, aus welchen Gründen auch immer. Stillschweigend haben sie di9e Geschichten über den dunklen Gott Cthulhu aus dem Programm verbannt und stattdessen für 90 Minuten in ihre Best-of-Kiste gegriffen, was vor allem für die langjährigen Fans der Vaudeville-Punker fantastisch war. Aber auch ein bisschen enttäuschend.

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Timon Krause: Improvisierte Suggestion nach Schema F

Jeder Zaubertrick braucht eine Geschichte. Jede gute Suggestion auch. Sie verleiht den Manipulationsversuchen der Mentalisten Kontext, erweckt Bilder und andere Sinneseindrücke. In seiner neuen Show „experiMENTAL“ greift Timon Krause dies auf und dreht den Spieß um: Er lässt das Publikum erzählen und modifiziert seine Nummern so, dass sie zum jeweiligen Gast passen. Voraussetzung ist natürlich, dass das Publikum mitspielt. So wie in der Springmaus. Dort hat Krause gleich zweimal vor ausverkauftem Haus gespielt und die Menge verblüfft, dank mehr oder weniger freiwilliger Unterstützung aus dem Saal – und einigen überaus unterhaltsamen Beichten.

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Jazzfest Bonn: Liebe, Respekt und Tradition

Von Anbeginn an war und ist das Jazzfest Bonn ein Festival, das auf Kontraste und Begegnungen setzt, auf hochkarätige Künstlerinnen und Künstler ebenso wie auf junge Talente zwischen Tradition und Avantgarde. Daran hat sich auch im 16. Jahr nichts geändert. Schon der Auftakt offenbarte die riesige Bandbreite, auf die Impresario Peter Materna im diesjährigen Programm zurückgreift: In der  Bonner Oper trifft das fast 300 Jahre alte Norwegian Wind Ensemble (Det Norske Blåseensemble; DNBE) mit modernem Jazz des Saxofon-Stars Marius Neset auf den von Blues, Funk und Hip Hop geprägten Sound der Sängerin China Moses. Ein bemerkenswertes Doppelkonzert, das ebenso anregend wie ergreifend ist, komplex und vielfach wunderschön. Und so soll es auch weitergehen.

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Jan Preuß: Wahnsinn mit vier Buchstaben

„Ihnen darf nichts peinlich sein“: Diesen Satz hasst Jan Preuß. Vor allem, weil er wahr ist. Als Erzieher kann man sich offenbar gar nicht oft genug zum Affen machen, wenn man es den Kindern, den Eltern und der Kita-Leitung recht machen will. Also wird gemalt und gebastelt, getanzt und gesungen. Aber selbst der bereitwilligste Clown kommt irgendwann an seine Grenzen. Zum Beispiel bei Liedern wie „Nackidei“. Oder „Ein Schneider fängt ne Maus.“ „Er zieht ihr ab das Fell, er zieht ihr ab das Fell…“ Ja klar. Da sind die Kinder schon traumatisiert, bevor sie auch nur einen einzigen Klassenraum von Innen gesehen haben. Und die Erzieherinnen und Erzieher? Werden entweder zynisch oder verrückt. Oder Comedian, so wie Preuß, der im restlos ausverkauften Haus der Springmaus aus dem Kita-Nähkästchen plaudert. Und so manches Elternteil nervös macht.

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c/o Pop: Musik im Regen

Der Regen prasselt auf Köln nieder, nicht sonderlich stark, aber anhaltend. Den Besucherinnen und Besuchern der c/o Pop ist dies offenbar egal: Sie drängen in die Clubs in Ehrenfeld, die an diesem Donnerstag im Rahmen des Festivals zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne bieten, und sind offen für alles, was da kommen mag. Immerhin ist die c/o Pop in erster Linie ein Format für die Stars von morgen und ein Spiegelbild der aktuellen urbanen, elektronischen und alternativen Szene – wer neugierig ist, kann hier so einiges entdecken. Allein an diesem Tag stehen 26 Konzerte auf dem Programm, eine bunte Mischung an Klangfarben und Stilarten, die sich immer mehr einer einfachen Klassifizierung verweigern. Was sie gerade dadurch erst so richtig spannend macht.

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Apsilon: Zwischen Wut und Hoffnung

„Wenn Deutschland mich wieder ansieht / Und sagt, mein Herz hat keinen Platz hier / Wenn die Wolken übers Land ziehen / Mein Nachbar keine Menschen, sondern nur sein Land liebt“: Der Auftakt des c/o-Pop-Festivals haben es in sich. Es sind Zeilen, die in Deutschland leider ebenso zutreffen wie in den USA unter Donald Trump, die auf den alltäglichen Rassismus hinweisen und darauf, dass man im eigenen Land fremd sein kann, wenn die entsprechenden Parolen nur laut genug durch die Straßen schallen. Arda Yolci alias Apsilon weiß, wovon er spricht: Geboren und aufgewachsen in Berlin Ende der 1990er als Enkel türkischer Gastarbeiter gehört er zu einer Generation, die immer noch wegen ihrer Biographie diskriminiert wird, die voll integriert ist und dennoch mit Anfeindungen zu kämpfen hat – und die sich das nicht einfach so gefallen lässt, sondern aufschreit. Oder eben rappt.

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Pause & Alich: Abschied von Amerika

Eigentlich könnte die nächste Karnevals-Session jetzt schon beginnen. Davon sind auf jeden Fall Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich) überzeugt. Immerhin ist die Fastenzeit vorbei, da kann der Spaß losgehen – zumal die beiden Chaoten auch zur Osterzeit da weitermachen, wo sie am Aschermittwoch aufhören mussten. Wie gewohnt erklären die Chef-Pantheoniken dem Publikum die Welt auf ihre ganz eigene Art und Weise, und wenn letztere an die Ausführungen von Fritz und Hermann angepasst werden muss, dann ist das noch lange kein Grund zur Panik: Die Realität ist eben nicht perfekt. Fritz und Hermann schon. Derzeit haben sie ihre Adleraugen auf die USA gerichtet, in der derzeit alles den Bach runterzugehen scheint, und so ist es nicht verwunderlich, dass sich Litzmann und Schwaderlappen vorsichtshalber schon jetzt verabschieden. Bevor es zu spät ist.

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Konstantin Wecker: Elegien und Rebellenlieder

Ungehorsam: Das ist ein Wort, das Konstantin Wecker sehr schätzt. Nicht, weil er ein überzeugter Anarchist und ein leidenschaftlicher, liebevoller Rebell ist (beides im besten, positiven Sinne), sondern weil ihn der blinde Gehorsam all jener ärgert, die irgendwelchen Demagogen hinterherlaufen und dabei sowohl ihren Verstand als auch ihre Menschlichkeit ignorieren. „Wer mit dem Leben tanzen will, muss ungehorsam sein“, singt er in der Bonner Oper mit einem Funkeln in den Augen, das ihn auch mit 77 Jahren noch wach hält. Ja, er ist noch nicht fertig mit der Welt, hat noch was zu sagen, selbst wenn es mitunter nur ein vernehmliches „Nein“ ist. Dafür reicht die Kraft noch, auch wenn er ansonsten ein bisschen schwächelt. Wecker ist immerhin bereits 77, laboriert zudem an den Folgen einer Rückenoperation, die ihn unter anderem daran hindert, an seinem geliebten Flügel Platz zu nehmen. Aber Ruhestand? Nicht mit ihm, nicht mit Konstantin Wecker. „Auch Schweigen ist Betrug“, so heißt es immerhin in „Genug ist nicht genug“, einem seiner bekanntesten Songs – und so erhebt Wecker allen Einschränkungen zum Trotz erneut seine Stimme und singt Klartext. So gut es eben geht.

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FCBO & Kültürklüngel Orkestar: Eine Bühne am Limit

Die Bühne der Harmonie hat im Laufe der Jahre schon eine Menge mitgemacht und einmal sogar die komplette WDR Bigband beherbergt. Doch in diesem Jahr hat das „Over the Border“-Festival einen neuen Rekord aufgestellt: 29 ausgelassen feiernde Musikerinnen und Musiker des Kültürklüngel Orkestars haben die Bühne ohne Zweifel an ihre Grenzen gebracht. Aber das war es wert. Denn ähnlich wie die Local Ambassadors (wenn auch weitaus niederschwelliger) verkörpert das Kollektiv aus der Altstadt den Geist einer Musik ohne Grenzen. Jede und jeder ist willkommen, gleich welcher Nationalität und unabhängig vom Instrument. Alles was zählt ist Offenheit – und Spaß am gemeinsamen Spiel. Diese Offenheit spürt auch das Publikum. Und genießt es.

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Carolin No: Die Magie zweier Weltenschöpfer

Weiter, immer weiter, der Musik folgend, die sich im Pantheon zu Sternen, Galaxien und Universen aus reinem Klang entfalten, durchdrungen von pulsierenden Rhythmen, die diesen fantastischen Schöpfungsakt weitertragen und kontinuierlich in neue Richtungen lenken: Was Carolin No mit ihrem neuen Album „On & On“ erschaffen, ist schlichtweg atemberaubend schön. Und das ohne große Band, nur als kreatives Duo, das zahlreiche melodische Ebenen miteinander verwebt und daraus majestätischen Pop auf allerhöchstem Niveau macht. Bei ihrem Auftritt in Beuel, einer durchaus vertrauten Bühne für Carolin und Andreas Obieglo, hat das Ehepaar im ersten Teil ihres Konzerts nahezu die komplette Platte präsentiert und gezeigt, dass man auch zu zweit ganz große Magie wirken kann.

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„Die Dreigroschenoper“: Haifisch ohne Zähne

Erst kommt das Fressen, dann das Gelächter: Wenn die Reaktionen bei der Premiere als Maßstab dienen können, dürfte „Die Dreigroschenoper“ in der Oper Bonn zu einem echten Publikumsrenner werden, nicht zuletzt dank einiger starker Stimmen und eindrucksvoller Bilder. Regisseur Simon Solberg hat den berühmten Stoff im Grunde wie ein modernes Musical inszeniert, visuell ansprechend und überaus rasant, wild, direkt und fast schon punkig – aber eben auch mit zum Teil flachen Charakteren, viel Klamauk und wenig Unterstützung für die zentralen Botschaften des Stücks über die Text-Ebene hinaus. Was bleibt, ist reine Unterhaltung, die durchaus zündet, den großen Wurf aber vermissen lässt.

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"Vespertine": Ein experimenteller Fiebertraum

Dieser Abend endet mit einem Fragezeichen. Nein, eigentlich mit mehreren. Was ist hier im Schauspiel Bad Godesberg gerade passiert? Was für Visionen und Fantasien sind der eisigen Schneelandschaft auf der Bühne entsprungen, in denen Zeit und Kausalität aufgehoben schien und jegliche Stringenz zerstückelt wurde? Will, kann und muss man das eigentlich wissen? War das noch Kunst oder kann das schon weg? Und vor allem: Was hat das alles eigentlich noch mit Björk zu tun? Fragen über Fragen, die sich aus der Opern-Inszenierung des Pop-Albums „Vespertine“ ergeben, jenem introvertierten und nicht unumstrittenen Meisterwerk der isländischen Avantgarde-Sängerin, das das Kollektiv Himmelfahrt Scores schon 2018 für das Nationaltheater Mannheim arrangiert hat. Jetzt übernimmt das Kommando Himmelfahrt (bestehend aus dem Regisseur Thomas Fiedler, der Dramaturgin Julia Warnemünde und dem Komponisten Jan Dvořák) am Schauspiel Bonn auch die Regie und zeigt dabei eindrucksvoll das Potenzial von Kunst auf. Und die Grenzen der Oper.

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Malentes: Liebeserklärung mit Lieblingsliedern

27 Jahre lang sind Knut Vanmarcke und Dirk Vossberg-Vanmarcke alias die Familie Malente inzwischen ein Paar, haben gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt und mit ihren bunten Revuen in Kleinkunsthallen und auf Kreuzfahrtschiffen gleichermaßen für Stimmung gesorgt, bevor sie sich zunächst in Bonn und jetzt in Pützchen mit ihrem Spiegelzelt niedergelassen haben. Nun blicken die beiden in ihrer neuen Show „Altliedersammlung“ auf all die Schlager, Pop-Songs und Chansons zurück, die sie in dieser Zeit begleitet haben, plaudern dazu aus dem Nähkästchen und geben einige sehr private Geschichten preis. Es geht um graue Haare und kleine Wehwehchen, um Verlorenes und Gefundenes, um Glücksmomente und natürlich um die Liebe. Eine reizvolle Mischung. Zumindest meistens.

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