Die beste Musik ist in der Regel zeitlos. So wie die von Lynyrd Skynyrd: Die legendären Südstaaten-Rocker, die am vergangenen Samstag auf dem Bonner KunstRasen zu Gast waren, haben während ihres kompakten 80-Minuten-Auftritts eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Songs auch nach einem halben Jahrhundert nichts von ihrer Kraft verloren haben und bis heute ganze Generationen prägen können. Die Formation um Sänger Johnny Van Zant, den jüngeren Bruder des 1977 bei einem tragischen Flugzeugabsturz verstorbenen Bandgründers Ronnie Van Zant, klang selbst dann modern, wenn sie Klassiker wie „Free Bird“ auspackte, und auch wenn das Konzert ruhig ein wenig länger hätte sein können, feuerten Lynyrd Skynyrd in dieser Zeit doch mehr Hits raus als andere in drei Stunden. In der Kürze liegt eben die Würze. Zumindest in diesem Fall.
Der Name ist Programm: Das Quartett Federation of the Groove um Pianist Martin Sasse und Top-Gitarrist Bruno Müller hat bei der letzten Dottendorfer Jazznacht vor der Sommerpause pulsierende Rhythmen und virtuose Melodien kongenial miteinander verwoben und sich sehr zur Freude des Publikums gegenseitig mit Ideen bombardiert, die zu einigen fantastischen Ausflügen einluden und doch stets den Weg zurück nach Hause fanden. Kompositionen vom nach der Band benannten Debütalbum wechselten sich mit eigenwilligen Interpretationen von Jazz-Standards ab, stets entspannt und doch zugleich mit mehr oder weniger deutlichen Funk-Bezügen. Klingt nach einem Widerspruch, ist es aber nicht, wie die Vier im Dottendorfer Ortszentrum zeigen – und dieses Konzept sogar auf Cole Porter auszuweiten verstehen.
Erdig, rau, urtümlich: Mit diesen Attributen lässt sich der Blues häufig gut beschreiben. Dass er aber auch elegant sein kann, stellt niemand geringere als Bonnie Raitt eindrucksvoll unter Beweis. Die 75-jährige Grande Dame des Zwölftakters hat für ihr Konzert auf dem KunstRasen eine bemerkenswerte Setliste zusammengestellt, mit Liedern von Vorbildern und Freunden, von John Hiatt, John Prine oder auch von Sippie Wallace, der Nachtigall von Texas – und zugegeben, mitunter klingt ihre Stimme dann doch etwas kehlig, mit einer Spur von Rauch und Whiskey. Meistens bleibt sie aber vergleichsweise klar, erinnert an die von Raitt ebenfalls geschätzte Country-Musik, an Americana und an die großen Folk-Sängerinnen, die sie als Teenagerin besonders beeinflusst haben. Ihr Blues ist nicht dreckig, sondern luftig, allerdings dadurch nicht weniger eindringlich. Zusammen mit ihrem virtuosen Bottleneck-Spiel entsteht so ein ganz besonderer Sound, der gefühlvoll ist und ehrlich, kraftvoll wenn nötig und zurückhaltend wenn möglich.
Die Haut ist faltig, windgegerbt und scheinbar zu groß für die schmächtige Gestalt von Iggy Pop, der sich gleich zu Beginn seines Auftritts am Kölner Tanzbrunnen einer Weste entledigt und mit freiem Oberkörper auf der Bühne steht, so wie schon seit über 60 Jahren. Sie ist eine Art Pergament für die Autobiographie des „Godfather of Punk“: Früher hat er sie ziemlich malträtiert, hat sie zerschnitten und zerstochen, hat sich in Glasscherben gewälzt und ihr mit Spritzen zugesetzt. „Mir ist egal, wie ich aussehe, aber nicht, wie ich mich fühle“, sagt er heutzutage. Deshalb kann er auch mit 78 Jahren noch so auf der Bühne stehen, kann die Spuren des Alters ebenso zeigen wie die krumme Wirbelsäule und die schiefe Hüfte, die mit seinem verkürzten rechten Bein zusammenhängen. Und trotzdem lebt er den Rock ‘n‘ Roll so wie eh und je, voller Energie, voller Leidenschaft, roh, ekstatisch und auf den Punkt. Also so wie immer. Was schon einem Wunder gleichkommt.
Eine leicht hauchende Stimme schwebt über reduzierten Klavierakkorden, ganz intim, fast schon zerbrechlich: Schon lange hat Olivia Trummer davon geträumt, einmal ein Solo-Album aufzunehmen, auf dem ihre Liebe zur Klassik ebenso zur Geltung kommen sollte wie ihre Freude am Jazz. Doch irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt für ein derartiges Projekt da. Bis Trummer im Frühjahr 2024 von Produzent Russ Titelman kontaktiert wurde und sie kurzerhand nach New York flog. Manchmal kann es so einfach sein. Und so schön.
Ja, er tanzt immer noch, mit grell blondierten Haaren und mit Lederjacke, ein bisschen gealtert, aber noch immer so fit wie damals: Niemand geringerer als Rock-Ikone Billy Idol hat am vergangenen Sonntag die Open-Air-Saison 2025 des Bonner KunstRasens mit einem energiegeladenen, kraftvollen Auftritt eröffnet und damit für einen Auftakt gesorgt, wie er besser kaum hätte sein können. Zusammen mit New Model Army im Vorprogramm setzt er gleich zu Beginn den ersten Höhepunkt eines Musikspektakels, das größer und stärker werden dürfte als je zuvor. Und das mit Künstlern, die heutzutage noch genauso relevant sind wie vor 40 Jahren. Und genauso gut.
Ein Intendant hat es nicht leicht. Erst recht nicht als Leiter eines freien Hauses. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach ernsthaftem und tiefgründigem Theater, auf der anderen der des zahlenden Publikums, auf dessen Wohlwollen man schlichtweg angewiesen ist. Beides in Einklang zu bringen, das ist die große Kunst. Diesen Balanceakt muss Frank Oppermann jedes Jahr aufs Neue wagen, und jedes Jahr ist es eine große Herausforderung für den Chef des Kleinen Theaters. Auf der Außenbühne unter der Zeder hat er nun auf Einladung der Freunde und Förderer des Kleinen Theaters Bad Godesberg ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und enthüllt, was alles geschehen muss, damit ein Stück überhaupt inszeniert werden kann.
Wer braucht schon aufwendig konstruierte Pointen, wenn es den Alltag gibt? Und Menschen, die dessen Absurditäten leidenschaftlich gerne betrachten und verteilen. So wie Lisa Feller. Die glitzernde Honigkuchenpferd-Mama der deutschen Comedy genießt es geradezu, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Ohren zu spitzen: Im Supermarkt, vor’m Supermarkt, auf dem Parkplatz, in der Bahn oder an der Frittenbude im Freibad. Irgendwo passiert immer etwas, das man sich besser nicht hätte ausdenken können. Da schreibt sich ein Programm wie „Schön für dich“ fast von selbst. Jetzt hat Feller dieses im Haus der Springmaus präsentiert – und sich dabei ebenso scheckig gelacht wie ihr Publikum.
Der große Skandal ist ausgeblieben. Wie leicht hätte etwas passieren können. Immerhin gilt Morrissey als vergleichsweise schwieriger Künstler, der schon einmal ein Konzert abgebrochen haben soll, weil jemand im Publikum Fleisch gegessen hat, und auch mit politisch fragwürdiger Polemik oder zynisch-bösartigen Kommentaren ist der Ex-Frontmann der Band The Smiths zuletzt negativ aufgefallen. Im Palladium fokussiert sich der 66-Jährige stattdessen auf seine Musik, wispert nur kurz „I love the smell of Cologne“ und stürzt sich dann in die Songs. Und selbst deren Inhalte sind an diesem Abend vergleichsweise brav. Was alles andere als selbstverständlich ist.
Ab einem gewissen Punkt ist einem nichts mehr peinlich. Kennt man ja vom Karneval. Oder von der Pubertät. Wer mit Katzenmasken und Penis-Kostümen durchs Leben tanzt, ein Geburtstagslied im Metal-Stil grölt und all das für alltäglich hält, ist schon ein bisschen verrückt. Oder Mitglied in der Band von Mirja Boes. Im Zweifel beides. Die 53-jährige Komikerin und heimliche Partyschlager-Sängerin (seit fast 25 Jahren tritt sie unter dem Namen „Möhre“ am Ballermann auf) hat mit ihren „Honkey Donkeys“ tatsächlich vier Männer gefunden, die für Geld offenbar alles machen. Was einfach nur peinlich sein könnte. Aber eigentlich ziemlich lustig ist, vor allem weil sich im Rahmen des Programms „Arschbombe Olé“ auf der Bühne niemand ernst nimmt – und weil Mirja Boes ein gutes Gespür für Pointen hat, die ganz knapp am Abgrund entlangschlittern und immer im richtigen Moment die Kurve kriegen. Nun haben sie und ihre Band im Haus der Springmaus Station gemacht.