„Shadowland“: Emanzipation aus Licht und Schatten

Körper bilden Quallen, Krabben, Elefanten, werden zu Stühlen, Töpfen, einem Schloss, beständig einer Metamorphose unterworfen, die das Publikum zum Staunen anregt: Die Show „Shadowland“ des US-amerikanischen Pilobolus Dance Theatre ist ein zauberhaftes Panoptikum, ein märchenhaftes Schattentheater der Extraklasse. In der Beethovenhalle haben die neun Tänzer jetzt mit teils sinnlichen und teils verblüffenden Bewegungen vor und hinter der Leinwand die Geschichte eines jungen Mädchens in Szene gesetzt, das in einem Traum zu sich selbst finden muss.

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Crossroads-Festival: Schwarzbier auf dem Weg zur Hölle

Partytime im Rockpalast. Der letzte Tag des WDR Crossroads-Festivals in der Harmonie hätte eigentlich ganz im Zeichen von The Great Crusades stehen sollen, einer von bislang erst drei Bands, die zum zweiten Mal nach Bonn eingeladen worden waren und dementsprechend hohe Erwartungen weckten. Diesen wurden die Kreuzzügler aus Chicago auch durchaus gerecht – und standen doch im Schatten eines völlig verrückten, abgedrehten und wahnsinnig guten Quartetts, das im Sekundentakt für Lacher und ungläubige Gesichter sorgte. AC/DC im Hillbilly-Stil und nur mit akustischen Instrumenten? Das können Hayseed Dixie doch nicht ernst meinen! Und ob. Sie konnten es. Und sie taten es.

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Paul Simon und Sting: Zwischen Kopf und Herz

Zwei Superstars auf einer Bühne – und ein Problem, das einer von ihnen schon seit einem halben Jahrhundert mit sich herumträgt, auch wenn die beiden Männer, die da in der ausverkauften Lanxess Arena in Köln die Menge zu Jubelstürmen hinreißt, jetzt zum ersten Mal gemeinsam auf ihrer „On Stage Together“-Tour sind. Beide sind sie auf ihre Weise Genies, beide werden sie gefeiert. Doch egal was Paul Simon auch macht, wie sehr er auch über die Bühne springt, sich in Pose wirft, sich präsentiert, gegen das Charisma eines Sting kommt er einfach nicht an.

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Florian Henckel von Donnersmarck: Eklat um Scientologen-Frage

Eigentlich sollte es ja um Kino gehen. Um die Kunst im Allgemeinen sowie um das gleichnamige, mit einem zusätzlichen emphatischen Ausrufezeichen versehenen Buch, das Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“) derzeit auf einer Lesereise in Deutschland vorstellt. Doch in der Bundeskunsthalle, wo der Oscarpreisträger auf Einladung von Literaturhaus Bonn und Rita Baus zu Gast war, kam es zu einem Eklat, als Moderatorin Renan Demirkan ihren Gegenüber für seine Verteidigung des Scientology-Mitglieds Tom Cruise scharf attackierte.

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Severin Groebner: Kreuzzug des Investigativ-Kabarettisten

Also so nicht! Irgendwann muss ja mal Schluss sein mit diesem Wahnsinn. Nicht mit dem alltäglichen, der die Welt in ein Tollhaus verwandelt – schließlich will man ja verarscht werden, will man ja von den ganzen kleinen und großen Sauereien der Politiker so lange wie möglich nichts wissen – sondern von dem, der einen selbst betrifft. Im Falle von Severin Groebner ist das die Zerstörung seines Parks, der einem Einkaufszentrum weichen soll. Aber nicht mit Groebner. Der österreichische Kabarettist greift im Haus der Springmaus zu den Waffen und schlägt zurück. Da ist ihm jedes Mittel recht. Bis er sich von seinen Gegnern nicht mehr unterscheidet.

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Ozan & Tunc: Slapstick mit Burnout

Am besten sind sie, wenn sie nichts sagen: Das Comedy-Duo Ozan & Tunç, dessen Mitglieder seit Jahren zu den Ensembles von Kölner Stunksitzung (Ozan Akhan) respektive Pink Punk Pantheon (Tunç Denizer) gehören, hat bei der Bonn-Premiere ihres zweiten Programms „Ab- und Zuwanderer“ im Pantheon erst spät Fahrt aufgenommen und trotz einiger guter Sketche insgesamt nur einen mäßigen Eindruck hinterlassen. Zu schwach die Pointen, zu unausgewogen Timing und Dynamik, zu überdreht so manches Spiel – und so gehören denn jene Passagen, in denen allein das Minenspiel entscheidet, zu den stärksten des gesamten Abends. Und jene, in denen die Vokalakrobatik auf die nächste Stufe gehoben wird.

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New York Jazz Connection: Band of Brothers

Die besten Bands, so heißt es, sind jene, deren Mitglieder sich so sehr angenähert haben, dass sie mehr sind als die Summe der einzelnen Teile, dass sie sich blind verstehen, sich gegenseitig ergänzen und gemeinsam in ganz neue Dimensionen vorstoßen. In den meisten Fällen dauert es Jahre, bis man sich gefunden hat – bei der New York Jazz Connection, die jetzt in der Bonner Oper gespielt hat, ist es ein Werk von Augenblicken. Vier exzellente Musiker, die zum ersten Mal in dieser speziellen Besetzung zusammenkommen und dennoch so hervorragend miteinander harmonieren, als würden sie seit drei Dekaden nichts anderes tun. Ein bemerkenswertes Konzert, nicht ganz einfach, aber mit umso mehr Tiefgang.

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Canned Heat: Boogie als Brennstoff

Ein letztes Mal soll es brennen: Canned Heat, eine der berühmtesten Bluesrock-Bands der späten 60er Jahre, deren Auftritt beim Woodstock-Festival bis heute legendär ist, wollen es anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens noch einmal wissen. In der Harmonie hat das Quartett um Drummer Adolfo „Fito“ de la Parra (69) und Bassist Larry „The Mole“ Taylor (72) nun ein Konzert gegeben, das Grundlage für eine Live-DVD sein soll. Es könnte die letzte für die beiden alten Recken sein, die letzten Überlebenden der so genannten klassischen Besetzung.

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Ingo Appelt: Nichts Halbes und nichts Ganzes

Manchmal sind die wirklich wichtigen Formeln die einfachsten. Ficken + Töten = Mann. Für Ingo Appelt reicht diese Erkenntnis schon seit 25 Jahren, um die Säle zu füllen. Der Comedian, einst der Provokateur par excellence, mag sich zwar vom Saulus zum Paulus gewandelt haben, als er feststellte, dass das starke Geschlecht inzwischen das schwache ist, das Opfer, gebrochen und gejagt von der dominanten, in allen Feldern überlegenen Weiblichkeit – seine grundlegende Mann-Gleichung hat er aber in all der Zeit nicht sonderlich weiterentwickelt.

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Erwin Grosche: Ein Träumer kämpft für Tigerbrötchen

Was genau macht dieser Mensch da eigentlich? Altbackene Wortspielereien? Liebevolle Clownerie? Absurdes Kleinsttheater? Egal – Erwin Grosche lässt sich einfach nicht einordnen, nicht normieren oder kategorisieren. Er ist eine Klasse für sich. Da entfallen Urteile wie „gut“ oder „schlecht“ beinahe von selbst. „Besonders“ trifft es vielleicht noch. „Ungewöhnlich“. Und auf jeden Fall „kindlich“. Denn wenn der Paderborner aus Leidenschaft (so etwas soll es tatsächlich geben) wie jetzt im Bonner Pantheon mit seinem neuen Programm „Abstandhalter“ mit großen Augen in und auf die Welt schaut und an den einfachsten Dingen seine Freude hat, verschwindet der ältere Herr im grau-brauen Jackett zu Gunsten eines spitzbübischen Jungen, der mit einfachen Worten den Zustand zwischen Ahnungslosigkeit und Bestürzung bewahrt.

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Kay Ray: Anarchie in allen Farben

So hatte sich das wohl keiner vorgestellt. Gäste rauchen auf der Bühne, verdrehen Kabel, werden zu Punks und bringen sowohl Kay Ray als auch seinen Pianisten Fabian Schubert wahlweise zum Lachen oder an den Rand der Verzweiflung. Anarchie im Pantheon. Bei dem enfant terible ist das zu erwarten, das Spiel des Publikums ist allerdings eine Überraschung. Wenn auch eine amüsante, die zudem dafür sorgt, dass die sonst schnell peinlich wirkenden Pennälerwitze Kay Rays, die Sauf-Eskapaden und der Fäkalhumor zumindest in Teilen aufgefangen werden, bevor sie weit unterhalb der erträglichen Niveaugrenze zerschellen.

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„Falco meets Mercury“: Legenden bleiben unerreicht

Das kann ja nur schiefgehen! Dieser Gedanke schwirrt jedem Rock-Fan unzweifelhaft durch den Kopf, wenn er nur das Plakat zur neuen „Supershow“ namens „Falco meets Mercury“ sieht. Zwei der größten Unikate des vergangenen Rock-Jahrhunderts, zwei Ikonen, die man einfach nicht kopieren kann, sollen hier aufeinandertreffen? Cover-Wahnsinn in der dritten Potenz! Nun hat das Programm in der nur mager besuchten Beethovenhalle die schlimmsten Befürchtungen bestätigt – und gleichzeitig musikalisch zum Teil besser abgeschnitten als erwartet. Sofern man nicht die Originalstimmen erwartete. Und die Augen schloss.

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Stoppok: Der Spezialist fürs Unspezielle

Es hätte nicht besser kommen können, da sind sich Publikum und Künstler einig. Geile Schuhe, geile Strümpfe, geile Hose, geiler Typ, so schallt es aus der Menge in Richtung Bühne, und der Mann mit der gelbbeglasten Brille schüttelt nur grinsend den Kopf und stellt kurz darauf eine Frage, deren Antwort ohnehin schon kennt. „Alles klar?“ Ja was sonst. Wenn Stoppok so wie am vergangenen Sonntag in die Harmonie kommt, kann es kaum anders sein.

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Kalle Pohl: Ein Komödiant der alten Schule

Stillstand? Nicht mit Kalle Pohl. Weiterentwickelt habe er sich schließlich immer, sagt der Komiker bei einer Vorpremiere seines neuenm Programms „Selfi in Delfi“ im Kulturraum Auerberg, habe politisches Kabarett ebenso gemacht wie Stand-Up-Comedy. In allen Bereichen bewandert und mit allen Wassern gewaschen. Alles kein Problem. Hier ein paar Gags über die Tücken der digitalen Sphäre, dort ein Erklärungsversuch zum Verhalten der jüngeren Generationen, dann wieder kleine Spitzen gegen ehemalige und aktuelle Minister oder ein Protestsong gegen die „Titten-Flut“, gegen die ein Mann machtlos ist: Mit einem bunten Strauß aus allerlei Komik versucht der 63-Jährige das Publikum zu überzeugen. Doch beim Testlauf im Gebrauchtwarenkaufhaus hat er vor allem gezeigt, dass er zu viel will – und eigentlich nur einen roten Faden bräuchte.

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Gemma Ray: Gänsehaut vom Schlachtermesser

Irgendwie ist es nicht so ganz fair, in Bezug auf Gemma Ray immer wieder mit dem Begriff „Retro“ zu hantieren, nur weil die Wahl-Berlinerin – wie jetzt am vergangenen Donnerstag in der Harmonie – in ihrem Blümchenkleid und ihren wehmütigen, melancholischen Songs sowohl optisch als auch musikalisch die Einflüsse aus den 60ern offenbart. Dazu noch die ständigen Vergleiche, die die Künstlerin selbst gerne mit einer Mischung aus Überraschung und Irritation kommentiert. „Ich selbst weiß, dass ich einfach nur ich bin und mich nicht bewusst in irgendeinen Schatten stelle“, hat sie dazu einmal gesagt. Ja, sicher.

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Onkel Fisch: Neues aus der Lobbythek

Brennpunkt. Das Thema heute: Die Lobbyisten von Lummerland, die die schweigende Mehrheit von so ziemlich allem überzeugen können, selbst von dem, was kein Mensch braucht. Im Pantheon zugeschaltet sind Adrian Engels und Markus Riedinger, die sich als Kabarett-Duo Onkel Fisch intensiv mit dieser Problematik auseinandergesetzt haben und im Laufe der nächsten zwei Stunden ihre teils erschreckenden Beobachtungen präsentieren werden. Und das mit Genuss, Witz und jeder Menge Blödsinn zelebrieren.

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Popa Chubby: Feinste Blueswalgesänge

Was für eine Wucht. Ja, die Durchschlagskraft eines Popa Chubby hat sich nicht verändert. Seine Fitness dagegen schon. Und zwar zum Positiven. Der massige US-Amerikaner mit dem bürgerlichen Namen Theodore Joseph Horowitz, der einmal mehr auf der Bühne der Harmonie steht, muss mindestens 20 Kilo abgenommen haben und wirkt dadurch weitaus frischer und energetischer als noch vor zwei Jahren. Abgeklärter auch: Im Gegensatz zu früheren Konzerten, bei denen der Mann aus der Bronx seine Leidenschaft für krachenden, fast schon brachialen Bluesrock auslebte, hat Popa Chubby sich zu seinem 25-jährigen Bühnenjubiläum wieder mehr auf seine musikalischen Wurzeln besonnen. So zelebriert er unter anderem einen herrlichen „Working Class Blues“, angefüllt mit urbanen Sorgen und Wünschen, immer noch unterstützt von einem mächtigen Gitarrensound und einem fetzigen Rhythmus, aber nicht zubetoniert von übermächtigen Riffs. Ein differenziertes Spiel als zuletzt. Ein klareres, prägnanteres, besseres.

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Henning Beck: Der Hirnvereinfacher

Was glauben wir nicht alles über zu wissen. Auch über unseren Wissensspeicher: Das Gehirn ist wie ein Hochleistungscomputer, zweigeteilt in eine Logik- und eine Kreativ-Seite, von uns nur zu zehn Prozent genutzt und dabei völlig wehrlos. Alles Mythen, sagt Henning Beck, bis auf die letzte Aussage. Also eilt der promovierte Neurobiologe und erfolgreiche Science Slammer zur Hilfe, um das komplexeste und wichtigste Organ des Menschen zu verteidigen und ins rechte Licht zu rücken. Im Pantheon räumte er nun mit Fehl-Informationen auf, dekonstruierte Geschichten und Vorstellungen – und ersetzte sie geschickt und einigermaßen unterhaltsam mit seinen eigenen.

 

Tatsächlich stellte Beck, dessen Stilistik und Duktus stark an „Mister Knoff Hoff“ Joachim Bublath erinnerten, einige Missverständnisse richtig, nahm es aber auch mit manchen Vergleichen etwas zu genau.

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Bodo Wartke: Der entfesselte Schelm

Freiheit. Tänzerische, stilistische und musikalische Freiheit. Was so ein kleines Orchester im Hintergrund doch ausmachen kann. Für Bodo Wartke, der jetzt in der Beethovenhalle auf die „Swingende Notwendigkeit“ setzt, geht mit der Tour mit dem Capital Dance Orchestra ein Traum in Erfüllung. Von den Fesseln des ihn einschränkenden Klaviers befreit schraubt der 37-Jährige seine Entertainer-Qualitäten in ungeahnte Höhen, genießt die sich ihm erschließende Vielfalt, das Malen mit dem „tief im Eimer der Klangfarben steckenden Pinsel“. Und die Möglichkeit, seinen Bewegungsdrang auszuleben: Walzer, Tango, Foxtrott, Slowfox, Quickstepp, Samba, Cha-Cha-Cha, Rumba, Paso doble, Jive, Jitterbug, mal alleine, später auch gerne mit seinen beiden bezaubernden Backgroundsängerinnen. Bei all dem macht Wartke eine großartige Figur, irgendwo zwischen Georg Kreisler und Roger Cicero – und sorgt so für einen zu Recht umjubelten Abend.

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Sebastian Pufpaff: Der Phönixmacher

Die Welt ist festgefahren. Und die Zukunft sieht düster aus: Viele Kinder entweder verblödet oder durch G8-Burnout geschädigt, die Bürger durch Imperative im Supermarkt und unverständliche Politik entmündigt, und der Hashtag „Aufschrei“ kommt immer erst nach der Katastrophe. Wenn überhaupt. Sebastian Pufpaff zum Beispiel kann sich gar nicht mehr aufregen. Für den medial derzeit omnipräsenten Kabarettisten aus Bad Honnef, der jetzt im Pantheon die Premiere seines zweiten Solo-Programms „Auf Anfang“ gefeiert hat, ist das ein Desaster. Darüber könnte er sich aufregen, wenn das nicht zu einem Paradoxon führen würde. Stattdessen lieber alles positiv sehen. Immerhin hat selbst der Terror-Anschlag auf die Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris etwas Gutes: Die Menschen reden wieder miteinander, auch mit all den Moslems, die vehement gegen das protestieren, was im Namen ihrer Religion an Gräueln angerichtet wird. Oh, und Angela Merkel hat seitdem eine Meinung. Eigentlich die größere Überraschung.

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Sascha Thamm & Marian Heuser: Raubkatzenfänger trifft Kritikpoet

Selbst ein Meer voller Quallen kann eine Inspiration sein. Oder kopulierende Hunde. Oder ein Baumarktbesuch. In den richtigen Köpfen sind derartige banale Bilder eine literarische Goldgrube, aus der mit überspitzter Spitzhacke eine absurde Geschichte nach der anderen geschürft und das Edelmetall schließlich zu einem poetischen Kleinod geformt wird. Diese Kunst beherrscht Sacha Thamm meisterhaft. Der Poetry-Slammer und NDR-Comedy-Contest-Sieger aus Remscheid, der jetzt vor leider viel zu wenigen Gästen im Pantheon Casino auftrat, kann mit seinen Texten ohne weiteres mit Größen wie Torsten Sträter oder Marc-Uwe Kling mithalten, selbst ohne Känguru.

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Lionel Richie: Balladenschmelz und Discofieber

Wenn es nach dem Publikum gehen würde, wäre einer der größten Hits Lionel Richies Programm: „All night long“, die ganze Nacht über, würden die gut 7000 Fans am liebsten in der Lanxess Arena feiern, tanzen, singen und – auf Kommando – springen. Party bis zum Morgengrauen. Warum nicht? Dank eines exzellent aufgelegten, frisch und enthusiastisch wirkenden Superstars auf der Bühne an sich kein Problem. Letztlich müssen aber knapp zwei Stunden reichen. Die dafür vollgepackt sind mit dem Besten, was Lionel Richie zu bieten hat, einem Kondensat aus seinem über 40-jährigen Schaffen. Ist letztlich genau so viel wert wie eine durchfeierte Nacht.

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Götz Alsmann: Mehr Ozelot, weniger Salamander

Das Thema ändert sich, die Musik aber nicht: Seit 26 Jahren zelebriert Götz Alsmann die Musik der 20er bis 50er Jahre, setzt sie schelmisch grinsend in leicht swingenden Versionen um und buddelt dabei immer wieder Meisterwerke und Schreckgespenste der deutschen Schlagerübersetzungskultur aus seinem schier unerschöpflichen Fundus aus. Vor drei Jahren hat er sich mit französischen Chansons auseinandergesetzt, jetzt ist das American Songbook die Quelle seiner Inspiration. In der Beethovenhalle hat Alsmann nun auf Einladung der Springmaus sein neues Programm „Am Broadway“ vorgestellt – und während der Titel nicht hundertprozentig den Erwartungen gerecht wird (gut ein Drittel der Songs haben mit Musicals wenig oder gar nichts zu tun), gilt das für die luftigen, lockeren, leider aber oft vorhersagbaren Arrangements um so mehr.

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„Nacht der Musicals“: Die große Rocky Abba Tarzan Show

Singen wie am Fließband: Bei der „Nacht der Musicals“, die jetzt in der Bonner Beethovenhalle zu erleben war, kamen die Hits im Minutentakt. „Les Miserables“, „Tarzan“, „Jesus Christ Superstar“, „König der Löwen“, all die Klassiker auf einmal. Immerhin wollten die Produzenten offensichtlich die gesamte Bandbreite der deutschen Musical-Landschaft abdecken. Doch vor allem in der ersten Hälfte des Konzerts war dies zu viel: Gut 20 Titel in weniger als einer Stunde erlaubten keine große Dynamik, keinen Ausdruck, keine Kunst – sondern forderten Akkordarbeit. Masse statt Klasse. Songs im Dauerfeuer. Und je mehr die Show in Richtung Medley tendierte, um so schlimmer wurde es, wie ein katastrophales, zähes Falco-Mischmasch unter Beweis stellte. Dabei wäre dies alles gar nicht nötig gewesen. Denn mit den nötigen Freiräumen konnten die sechs Sänger sogar den ein oder anderen Gänsehaut-Moment erzeugen.

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Cheny Wa Gune: Friedenslieder auf afrikanisch

Die ungewohnten Klänge von Mbira, Xitende und Mbila erfüllen die Brotfabrik. Die afrikanischen Instrumente in den Händen von Cheny Wa Gune, Celso Mahuaie und Xixel Langa gewähren einen Einblick in die Musik Mosambiks, eine Welt voller seltsamer Harmonien und komplexer Rhythmen, die ungeheuer faszinierend sein kann. Trotz anfänglicher Verständnisprobleme. Musik als universelle Sprache – hier zeigt sich wieder, dass das funktioniert, wenn man sich nur ein bisschen hineinhört.

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„Leutnant Gustl“: Fegefeuer der Ehrverletzungen

Da steht er nun, mitten unter den Kneipengästen, und schreit lauthals seine innersten Gedanken in den Raum: Guido Grollmann spielt Leutnant Gustl, jenen selbstgefälligen jungen k.u.k.-Offizier, der aufgrund der Beleidigung eines nicht satisfaktionsfähigen Bäckermeisters seine Ehre verloren zu haben glaubt und an den Suizid denkt. Ein Stück, das Einsamkeit erfordert – und diese selbst im Südbahnhof findet, in dem sich die Zuschauer drängen, um der ersten Premiere des neuen Ensembles Volxsbühne beizuwohnen.

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Politischer Aschermittwoch: Man müsste sich mal nullen können

Manchmal wäre es tatsächlich schön, noch einmal ganz von vorne anfangen zu können. Alles auf Null setzen. Vom ersten Tag an auf Umweltverschmutzung verzichten. Auf Heuchelei. Oder auf bemühte Pointen ohne Dynamik und Tempo. Leider war letzteres ein Problem, das den Politischen Aschermittwoch im Bonner Pantheon immer wieder geplagt hat: Die Inhalte stimmten, die Form aber nicht. Manchmal auch umgekehrt. Und obwohl es einigen Künstlern, allen voran Sebastian Pufpaff, durchaus gelang, diese Diskrepanz aufzulösen, blieb der Abend insgesamt doch – nicht zum ersten Mal – hinter den Erwartungen zurück.

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Gerburg Jahnke: Bunter Abend mit sieben Damen

Abwechslungsreicher hätte die Mischung nicht sein können: Zu Gerburg Jahnkes erstem Abend mit Gästinnen in der Bonner Oper hatte die Ikone des Frauenkabaretts eine aufklärerische Satirikerin, eine Poetry-Slammerin mit Alterssorgen und seltsamen Hobbys, eine Wuchtbrumme im wahrsten Sinne des Wortes und ein Damen-Trio ganz in grün eingeladen. Klingt schon mal gut. War es auch. Trotz (oder vielleicht gerade wegen) des Karnevals war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt, die Stimmung famos, nur Gastgeberin Jahnke, die nach eigener Aussage fast im Krokodilskostüm gekommen wäre (hätten sicherlich alle gerne gesehen), zeigte sich etwas angeschlagen. Erkältung.

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Volker Pispers: Don Quijote im Spiegel-Bild-Kampf

Schuld sind sie alle. Alle miteinander. CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne, Banken, Statistiker, Ökonomen, Wirtschaftsbosse und natürlich sämtliche Medien. Die gesamte kapitalistische Mischpoke eben, die nur Politik für die Reichen macht, Stacheldraht durch die Köpfe der Menschen zieht, Statistiken manipuliert und den Westen grundsätzlich für die gute Seite hält. Nur einer lehnt sich dagegen auf, nur einer hat das Wissen, den Verstand und den Willen, diese Missstände aufzudecken: Volker Pispers, der strahlende Don Quijote des deutschen Kabaretts, der seit über 30 Jahren alleine gegen die sich wundmühlenartig im Kreis drehende kollektive Dummheit des Volks ankämpft. In der Bonner Oper hat er sich nun einmal mehr als großer Aufklärer versucht – und greift dabei trotz so mancher tiefer Wahrheit immer wieder zur Polemik-Keule, bis sein Vorgehen von jenem, welches er bei anderen kritisiert, kaum noch zu unterscheiden ist.

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Blues Caravan 2015: The Sweet, the Sexy & the Sadie

Ja, der Blues kann auch sexy sein. Seit Jahren setzt Organisator und Label-Chef Thomas Ruf bei seiner Blues Caravan immer wieder auf „Girls with Guitars“, hat damit bereits starke Frauen wie Anna Popovic, Dana Fuchs oder Samantha Fish nach vorne gebracht – und legt jetzt mit einem Trio nach, das sowohl optisch als auch akustisch nahe des Siedepunkts angesiedelt werden muss. Am Sonntagabend waren Eliana Cargnelutti, Sadie Johnson und Heather Crosse in der Bonner Harmonie zu Gast und haben dem Publikum mit Spielfreude, Energie und Virtuosität mal so richtig eingeheizt. Die musikalische Bandbreite reichte dabei von Petticoat-Pop bis ZZ Top und ließ keine Wünsche offen. Außer dem nach noch ein paar Stunden mehr mit diesem heißen Trio.

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„Hiob“: Bemüht (und) bewegend

Vertrauen in die Schrift und das Wort – das ist manchmal viel verlangt. Sehr viel sogar. Zu viel für manche. „Ich will Gott verbrennen“, ruft der verzweifelte Mendel Singer, während seine Welt in Trümmern liegt und alles für ihn verloren scheint. Glaube? Ist vergänglich. Es ist wahrlich die Geschichte eines modernen Hiob, die Joseph Roth in seinem gleichnamigen Roman von 1930 erzählt und die jetzt in den Kammerspielen Bad Godesberg auf die Bühne gebracht worden ist. Der älteste Sohn verschollen, der nächste im ersten Weltkrieg gefallen, die Tochter in der Psychiatrie, die Frau mit gebrochenem Herzen gestorben. Und Menuchim, das behinderte vierte Kind, zum Sterben zurückgelassen in Russland zugunsten eines vermeintlich heilen und dann doch zerbröckelnden Familienlebens in Amerika.

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Katie Freudenschuss: Wurstsängerin sucht Hollywood-Moment

Wie gut, dass Katie Freudenschuss keine Schwedin ist. Als zarte Elfe mit großen Kulleraugen und noch größerer Tasse vor dem zarten Gesicht wäre sie vielleicht niedlich, aber letztlich ist niedlich langweilig. Dann doch lieber hintersinnig böse. Zynisch. Oder zumindest herrlich ironisch. All das trifft auf die charmante Singer-Songwriter-Sachensagerin zu, die jetzt im Pantheon Casino in Begleitung ihres wiehernden Pferdehockers ihr erstes Solo-Programm präsentierte und dabei selbst Frauen-Standardthemen (Stichwort: Schuhe kaufen) im Spannungsfeld von Rammstein-Asoziationen und Fetischkult zu einem Erlebnis der besonderen Art machte, nur um kurz darauf doch wieder ihre sentimentale Ader zu entdecken. Scharfe Zunge und verträumter Blick – Katie Freudenschuss besitzt beides. Und sorgt so für einen wunderbaren Abend.

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Wishbone Ash: Das Feuer in der Asche

Dieser Feuervogel hat zwei Hälse, saitenbespannt und im epischen Duell mit sich selbst. Gitarre versus Gitarre, Solo versus Solo. Wishbone Ash ist in Topform: Andy Powell und Muddy Manninen geben im finalen „Phoenix“ noch einmal alles, stürzen sich in einen gut 15-minütigen Dialog der Extraklasse, während Bassist Bob Skeat und Drummer Joe Crabtree souverän den Boden dafür bereiten und sich doch auch immer wieder selbst zu Wort melden. Der Höhepunkt eines ohnehin bemerkenswerten Abends in der Bonner Harmonie.

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Dusko Goykovich: Meister der feinen Versatzstücke

Was für ein Sound! Warm, weich, wohltönend – all das, was Duke Ellington einst als „mellow tone“ subsumierte, findet sich in Dusko Goykovichs Spiel. Der serbische Trompeter, der im vergangenen Jahr den Echo Jazz für sein Lebenswerk erhielt, hat im bis auf den letzten Platz belegten Pantheon Casino unter Beweis gestellt, dass er auch mit 83 Jahren sein Instrument meisterhaft zu spielen vermag. Beeindruckend, wenn auch mitunter in den Soli etwas vorhersehbar. Zusammen mit dem Martin Sasse Trio präsentierte er schönen, gepflegten Old-School-Jazz, Musik ganz ohne Ecken und Kanten. Perfekt für einen locker-leichten Abend zum Zurücklehnen und Genießen. Wenn auch leider ohne Aha-Effekt.

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„Papperlapapp“: Pauarpeiter unter Lärmverdacht

Sie wollen doch nur helfen! All diese Baustellen in Bonn, bei denen die Erwachsenen nicht voran kommen, müssten nur in fähige Kinderhände gegeben werden, dann würden sich viele Probleme von selbst erledigen. Davon ist das Papperlapapp-Ensemble überzeugt, das ihre Vision derzeit im Rahmen ihrer neuesten Kinderkarnevalsrevue in der Harmonie vorstellt. Wenn man ihnen nur nicht andauernd Knüppel zwischen die Beine werfen würde: Lärmklagen vor allem, die sich gegen alles mögliche richten, gegen Toilettenspülungen, den Wellenschlag von Mutter Rhein und eben gegen Papperlapapp. Doch so leicht lassen sich die närrischen Pänz nicht unterkriegen.

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Philipp Weber: Turbo-Aufklärer mit Zuckerschock

Warum nur gibt es keine guten Trinkshows? Auf allen Sendern reden Lafer, Lichter, Mälzer und Co über die richtige Art zu kochen, doch auch der Genuss von Bier, Wein, Wasser und Kaffee will gelernt sein. Behauptet zumindest Lebensmittelchemiker und Kabarettist Philipp Weber, der sich in seinem Programm „Durst“ für die Wertschätzung des Flüssigen einsetzt. Doch im Haus der Springmaus pendelt der aufgekratzte Odenwälder, dessen permanente Zappelei entweder auf ADHS oder einen Zuckerschock hindeuten könnte, derart erratisch zwischen Klamauk und Infotainment, dass er letztlich keiner Seite gerecht werden kann.

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Konrad Beikircher: Die schönsten Facetten der 50er Jahre

Wahnsinn! Er kann auch röhren! Und so richtig Gas geben. Mit der Mundharmonika im Anschlag wird Konrad Beikircher in seinem Programm „Bayo Bongo“ zum waschechten Vertreter des Rock 'n' Roll, der Peter Kraus' fetzigem „Kitty Cat“ noch mal zusätzlichen Schwung verleiht. Fehlen nur noch Jeans (ohne Bügelfalte, versteht sich) und Lederjacke. Eine ganz neue Seite des Kabarettisten, der sich in der Harmonie an seine Kindheit und Jugend in den oft geschmähten 50er Jahren erinnert, jenem Jahrzehnt, das nicht etwa eine verlogene Zeit war sondern die des Aufbruchs. „Die Lüge setzt das Wissen um die Wahrheit voraus“, sagt Beikircher. In einer Mischung aus Geschichts- und Musikdoppelstunde nimmt er das Publikum mit in die Vergangenheit – eine nostalgische, aber auch sehr unterhaltsame Reise. Und eine, in der der gebürtige Südtiroler alle Facetten seines Könnens zum Glänzen und Strahlen bringt.

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Tonalrausch: Charlie Parker a capella

„Nicht nur der kleine Benny ist from Heaven, sondern auch eure Stimmen“, hat ein Zuschauer in der Pause ins Online-Gästebuch geschrieben. Putzig. Die Sänger von Tonalrausch, dem a-capella-Quintett aus Leipzig, sind gerührt. So ein schönes Kompliment, vor allem in Verbindung mit einem zuvor gesungenen Lied. „Pennies from Heaven“, die große Bing-Crosby-Nummer, mit dem parodistischen Text von Eddie Jefferson und einem faszinierenden Arrangement. Eines von vielen aus dem neuen Programm „Vocology“, das die zwei Damen und drei Herren gerade im Pantheon Casino vorstellen. Doch trotz toller Stimmen und abwechslungsreicher, reizvoll gestalteter Songs kann der sprichwörtliche Funke kein dauerhaftes Feuer entzünden. Warum auch immer. Könnte natürlich an Bonn liegen – hier hat die Band nach eigener Aussage immer ein bisschen schlechtes Karma.

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„Der Volkshai“: „Alles tutti frutti, ab ins Wasser“

Haie? Gibt es nicht am Strand von Rimini. Schon gar nicht kurz vor der Fußball-WM 1996, wenn ein Badeverbot einem wirtschaftlichen Todesurteil gleichkäme. Dann doch lieber den ein oder anderen zerstückelten Jungen in Kauf nehmen, einer Schiffsschraube die Schuld geben und auf dem Grab eine Wahlkampfrede halten. Als ob sich der Hai davon aufhalten oder ablenken ließe. Kann nicht so recht funktionieren – und in der Uraufführung von Nolte Decars neuestem Stück „Der Volkshai“, das jetzt in der Theater-Werkstatt Bonn seine vom Publikum bejubelte Premiere feiern konnte, tut es das auch nicht. Das auf Motiven aus Ibsens „Ein Volksfeind“ und Spielbergs „Der weiße Hai“ beruhende, im Laufe der Proben zusammen mit Regisseur Matthias Rippert und den Schauspielern entwickelte Stück zeigt sich, typisch für das in Bonn durch „Helmut Kohl läuft durch Bonn“ bekannt gewordene Autorenduo, als wilde Groteske – und leidet zugleich trotz guter, zum Teil gar herausragender Darsteller, an dem inzwischen leider üblichen Hang zur Übertreibung mit den Überzeichnungen. Das ist zum Teil zwar schreiend komisch, lotet das Potenzial dieser ungewohnten und doch so passenden Mischung aus Hollywood-Blockbuster und Drama nicht konsequent aus.

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Marco Tschirpke: Orientierungslos im Splitterwald

Und noch ein Gedicht. Beziehungsweise ein Lied. Oder doch nur wieder ein abstruser vertonter Vierzeiler, dessen Anmoderation deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat als dessen Vortrag? Bei Marco Tschirpke kann man das nie so genau wissen. Der Musikkabarettist, der nun mit seinem Programm „Am Pult der Zeit“ im Pantheon Casino zu Gast war, spielt mit Erwartungen, bricht sie permanent (letztlich die einzige Konstante des Abends) und springt dabei genüsslich von einem Themensplitter zum nächsten. Frauenquote, Piercings, Pferde und Stefanie Hertel: Tschirpke hat zu allem was zu reimen, immer eines seiner so genannten Lapsuslieder im Repertoire. Auf einen roten Faden verzichtet er bei dieser Wanderung durch den Wald der Fragmente allerdings – und lässt damit vielleicht nicht sich selbst, aber zumindest das Publikum orientierungslos zurück.

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Gregor Pallast: Äpfelpflücken leicht gemacht

Berater! Das wär's! Berater haben es leicht: Sie verdienen das Äquivalent zu mehreren Tonnen Äpfeln innerhalb von zwei Stunden dafür, dass sie anderen Menschen erklären, wie die eben jenes Obst vom Baum pflücken müssen. Und da ihr Publikum in der Regel auch noch zuhören will, haben diese Experten es leichter als Pädagogen. Also wagt es auch Sozialkunde- und Biologie-Lehrer Gregor Pallast in seinem ersten großen Kabarett-Programm, einen Berufswechsel in Betracht zu ziehen. Mit den Wählern hat er auch schon die richtige Zielgruppe: Sie ist groß, zweifelt regelmäßig an den eigenen Entscheidungen und ist beeinflussbar. Passt. Oder würde passen, wenn Pallast nicht so ehrlich wäre: „Ihr Kreuz ist eigentlich ohne Bedeutung“, sagt er bei der Premiere von „Verwählt“ im Pantheon Casino. Und führt zwei Stunden lang aus, wo das Problem liegt.

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Michael Wollny: Geniale Zitate zum Summen der Rotoren

Ein virtuoses Trio, das sich blind versteht, genüsslich zwischen allen möglichen Stilen wechselt und dabei doch immer etwas Neues schafft: Für Jazz-Fans ist das Konzert von Michael Wollny, Eric Schaefer und Christian Weber im Bonner Telekom Forum nicht weniger als eine Offenbarung. Für Klassik-Liebhaber auch. Denn mit erfreulicher Leichtigkeit bedienen sich die Drei in ihrem aus alten und neuen Stücken bestehenden Programm regelmäßig bei Komponisten wie Alban Berg, Gustav Mahler oder Paul Hindemith, lassen sich inspirieren, setzen auf Zitate, Anspielungen, Referenzen – und integrieren sie ohne weitere Anstrengung in ihren eigenen Klangkosmos. Adaption in Perfektion.

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Frank McComb: Soul-Brei statt Motown-Magie

Etwas leiser. Mit der gleichen Spannung, aber weniger Kraft. Für den Raum spielen, nicht gegen ihn. Hätten Soul-Keyboarder Frank McComb und seine jungen Trio-Partner Glenn Gaddum (Bass) und Yoran Vroom (Drums) dies nur im bis auf den letzten Platz ausverkauften Pantheon Casino beherzigt, wäre der Auftritt im Rahmen der „Jazz in Concert“-Reihe ein deutlich Schönerer geworden. Haben sie aber nicht. Lauter, lauter, forderte der 44-Jährige stattdessen immer wieder von der Technik, mehr Druck auf seine beiden Monitore, die das ihre zur Beschallung des kleinen Kellergewölbes beitrugen. Das rächte sich: An vielen Stellen war nur noch ein Klang-Brei zu vernehmen, sich zudeckende Klangteppiche ohne Struktur, begrenzt und eingeschränkt zum einen durch die funkig wummernden Bass-Töne, vor allem aber durch das überbordende Schlagzeug. Ein Genuss? Blieb so leider im Konjunktiv.

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The Dad Horse Experience: Kellergospel mit Straßenthemen

„Ich kann nicht wirklich singen, und mehr als vier Saiten überfordern mich“, gesteht dieser seltsame Mann auf der Bühne des Pantheon Casino, der mit einem Banjo auf den Knien einen rauen Gospel nach dem anderen spielt, ganz ungekünstelt, authentisch bis ins Mark, aber eben auch quietschend, eiernd, kreischend, knirschend. Schön im klassischen Sinne ist die Musik von The Dad Horse Experience in der Tat nicht. Auch nicht variantenreich: Tonumfang, Harmonien, Rhythmen bleiben überschaubar. Dafür ist das, was der Banjo-Priester Horst Dieter Ottn da von sich gibt, immerhin abgrundtief ehrlich. Dreckig, roh, schräg, aber ehrlich. So wie das Leben.

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Mario Nyéky & The Road: Folk für die Beine

„Beim nächsten Konzert schmeißen wir alle Stühle raus“, verspricht Mario Nyéky irgendwann. Mehr Platz zum Tanzen. Gute Idee. Dann wirkt die Mischung aus schmissigem Folk, Bluegrass und Indie-Rock wahrscheinlich noch viel besser als jetzt beim ersten Bonn-Konzert der Combo im gut gefüllten Pantheon Casino. Auch wenn es zunächst schwerfällt, noch an eine Steigerung zu glauben: Zu stark war der Auftritt der Kölner Roadies um den charismatischen Frontmann Nyéky, zu abwechslungsreich, zu stimmungsvoll. Und doch ist noch Luft nach oben.

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Philip Simon: Dieses Brisseln im Kopf

„Ich weiß nicht, wem ich noch vertrauen kann“, sagt Philip Simon resigniert. Den Politikern? Wohl kaum, laufen die doch nur allzu willig durch eine Drehtür namens Angela Merkel, gehen mit großen Worten rein ins Zentrum der Macht und kommen als Nieten wieder raus. Der Religion? Auch nicht – der holländische Kabarettist, der da auf der Pantheon-Bühne sitzt und in einem an Hagen Rether erinnernden Duktus über Gott und die Welt sinniert, hat ein Problem mit Leuten, die anderen den wahren Glauben erklären wollen, die über Text- oder neuerdings auch Bildinterpretationen in Rage geraten und ihre Meinung statt mit Vernunft mit Aggression durchzusetzen versuchen. Dann vielleicht der Gesellschaft? Guter Witz. „Wir sind moralische Flatliner“, konstatiert Simon. Tja. Irgendwie ernüchternd.

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Bundesjugendorchester: Zukunftsmusik von Hoffnungsträgern

Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ gilt bis heute als der wahrscheinlich wichtigste Science-Fiction-Film aller Zeiten. Nun hat das Bundesjugendorchester mit einem Konzert im Rahmenprogramm der Ausstellung „Outer Space“ in der Bundeskunsthalle das cineastische Meisterwerk gewürdigt und gleich zwei der darin verwendeten Kompositionen zum Auftakt ihrer neuen Tournee zu Gehör gebracht. Neben Richard Strauss' „Also Sprach Zarathustra“ mit seinem emblematischen Sonnenaufgangsmotiv stand Györgi Ligetis „Atmosphères“ auf dem Programm, ein zentrales Werk der Neuen Musik. Dazwischen stand mit dem Cellokonzert „Tout un monde lointain...“ des Franzosen Henri Dutilleux ein weiteres komplexes, modernes Stück, bei dem Deutschlands Nachwuchsklangkörper Nummer Eins unter der Leitung von Marc Albrecht erneut eindrucksvoll sein gesamtes Potenzial in die Waagschale warf.

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Völkerball: Feuer marsch!

Hauptsache, es brennt! Flammen allerorten! Eine ausufernde Pyrotechnik gehört nun einmal zu einer guten Rammstein-Tribute-Show dazu – und Völkerball will schließlich die beste liefern. Im Brückenforum drehen die Westerwälder also alle Gashähne bis zum Anschlag auf und hüllen die beeindruckende Bühne, die dank großer Elemente einen Fertigungsstraßenflair erhält, ein ums andere Mal in ein Gewand aus Feuer und Nebel. Dazu die auf Stahlarbeiter geschminkte Band mit ihrer Neuen Deutschen Härte, mit stakkatohaften Powerchords, unnachgiebigen Ambossschlägen auf dem Schlagzeug und dem von Rammstein-Sänger Till Lindemann geprägten rollenden R, das auch Völkerball-Frontmann René Anlauff perfekt beherrscht: Fertig ist eine Mischung, die im ausverkauften Saal für unbändige Begeisterung sorgt.

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