Canned Heat: Boogie als Brennstoff

Ein letztes Mal soll es brennen: Canned Heat, eine der berühmtesten Bluesrock-Bands der späten 60er Jahre, deren Auftritt beim Woodstock-Festival bis heute legendär ist, wollen es anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens noch einmal wissen. In der Harmonie hat das Quartett um Drummer Adolfo „Fito“ de la Parra (69) und Bassist Larry „The Mole“ Taylor (72) nun ein Konzert gegeben, das Grundlage für eine Live-DVD sein soll. Es könnte die letzte für die beiden alten Recken sein, die letzten Überlebenden der so genannten klassischen Besetzung.

Noch in Bonn will die Band das Material sichten und abmischen, eine ganze Suite im Maritim Hotel ist zu diesem Zweck kurzerhand in ein Tonstudio verwandelt worden. Ob Licht und Ton der Aufnahmen stimmen, wird sich dann erst zeigen, offenbar lief nicht alles ganz reibungslos – am Veranstaltungsort und am Publikum lag es aber definitiv nicht. Letzteres zeigte sich äußerst angetan von den Klängen der Vergangenheit, von Westcoast- und Country-Blues sowie dem Boogie, dem Markenzeichen von Canned Heat, feierte die Veteranen und genoss vor allem die fantastischen Bluesharp-Soli Dale Wesley Spaldings, der auch als Gitarrist und Sänger eine hervorragende Figur machte.

Dem gegenüber stand Fito de la Parra mit seinem typisch weichen, fistelnden Falsett, mit dem er Gründungsmitglied Alan „Blind Owl“ Wilson zu imitieren versuchte. Und es in seinen besten Momenten sogar beinahe schaffte. Vor allem bei den großen Hits kam dies zum Tragen: Schon der Opener „On the road again“ erklang im gewohnten Heat-Sound mit hohem Gesang, prominenter Mundharmonika und jenem Shuffle-Rhythmus, der beinahe jedes Stück der Band dominierte. Letzteres war und ist Fluch und Segen zugleich: Der Wiedererkennungswert ist gegeben, allerdings wirkten die einzelnen Songs in der Harmonie schnell austauschbar, beliebig, beinahe unnötig. Nur an wenigen Stellen wagte Canned Heat mehr, etwa bei dem spannenden „Oaxaca“ oder der Ballade „Cristo Redentor“, die der mittlerweile an Krebs erkrankte und durch John Paulus ersetzte Gitarrist Harvey Mandel schrieb.

Nach gerade einmal 75 Minuten und 14 Stücken (darunter natürlich die Woodstock-Hymne „Going up the Country“ und der Ohrwurm „Let's work together“, aber auch Cover-Versionen der unter anderem von Muddy Waters populär gemachten Songs „Chicken Shack“ und „Rollin' and Tumblin'“) verbeugten sich Canned Heat zum ersten Mal. Als ob das schon alles gewesen sein soll. Es wäre nicht völlig unerwartet gekommen, noch vor wenigen Jahren hatte das Quartett an dieser Stelle tatsächlich einen Schlussstrich gezogen. In Bonn legte es aber nach – und ließ sich jetzt einmal so richtig Zeit für Verzierungen. Knapp zehn Minuten „The Boogie“, mit ausgiebigen Drum-, Bass- und Bluesharp-Soli. Dann eine kleine Pause für die Band, einmal Luft schnappen – und dann noch einmal alles geben. Musste ja sein, schließlich sollte genug Filmmaterial zusammenkommen. Doch die Anstrengung lohnte sich: Befreit von allen Zwängen hatten die Stücke nun mehr jenen Jam-Charakter, der die Band immer ausgezeichnet hatte und zeigten Canned Heat in ausgezeichneter Form. Und wer weiß: Vielleicht geht das Quartett ja doch noch einmal auf Tour. Zumindest wenn es nach Dale Spalding geht, ist das nicht ausgeschlossen. Und bis dahin bleibt die Erinnerung. Und eben die Live-DVD.

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