Adjiri Odametey: Trinkgelage mit den Ahnen

Fremd wirkt eigentlich nur die Sprache. Ga heißt sie, eine von rund 70 Idiomen aus Ghana mit weichem, melodischem Klang – ideal für den balladenhaften Gesang Adjiri Odameteys, der im Rahmen des Beethovenfests durch die Harmonie wabert. Der 52-jährige Multiinstrumentalist hat dort die ihm eigene Mischung aus afrikanischer und europäischer Musik präsentiert, die trotz des Einsatzes von Kalimba, Balafon und Kora die Prägung durch westlichen Pop nicht verhehlen kann. Was per se nicht schlecht ist; nur auffällig.

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Ryan McGarvey: Das 20-Minuten-Wunder

Am Anfang war das Staunen. Über 400 Besucher hat Ryan McGarvey gleich bei seinem ersten Besuch in der Harmonie angelockt – Tourrekord für den 28-Jährigen, der gerne in einem Atemzug mit Joe Bonamassa genannt wird und der in der vergangenen Dekade eine Bluesgitarren-Auszeichnung nach der nächsten erhalten hat. Und ja, kein Zweifel, McGarvey ist ein Meister der Saiten, technisch brillant, virtuos und dynamisch, mit explosiven Soli, die aus wabernden Balladen erwachsen. Ein frischer Wind im Bluesrock, dessen rasanter Aufstieg ein wenig an Jonny Lang erinnert. Die Stimmung ist gut, das Publikum begeistert – es könnte also eigentlich alles gut sein. Wenn denn McGarveys Atem lang genug ist.

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The Tubes: Vorhang auf für's Rock-Theater

„What do you want from life“, schmettert Fee Waybill ins Mikrophon. Was wollt ihr vom Leben. Eine gute Frage. Eine, die sich nicht so leicht beantworten lässt. Außer man gehört zu den Tubes, die, so scheint es zumindest, in ihrer 45-jährigen Band-Historie vor allem ein Ziel verfolgten: Spaß zu haben und für selbigen zu sorgen. In der Harmonie ist dies den Rock-Veteranen auf jeden Fall mit einer extravaganten, starken und musikalisch überzeugenden Bühnenshow ohne Probleme gelungen. Gut, manche mögen jetzt sagen, dass früher alles besser war. Aber damals waren die Herren auch noch nicht in ihren 60ern. Und die Begeisterung für ein wenig Rock-Theater, die ist allemal gleich geblieben.

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Devon Allman: Wie der Vater, so der Sohn

Abgerissen und verdreckt will Devon Allman klingen, "Ragged And Dirty", so wie der Titel seines noch aktuellen Albums. Klappt.Doch das muss ja nicht heißen, dass nicht auch eine gewisse Finesse vorhanden sein kann, eine kraftvolle, erdige Brillanz und Virtuosität. In der Harmonie, wo der Sohn des legendären Gregg Allman das Ende seiner Tour zelebriert, kommt auf jeden Fall all das zusammen: Der raue, aber keineswegs verstaubte Bluesrock-Sound des 44-Jährigen, der seit seiner Trennung von der Royal Southern Brotherhood erfolgreich auf Solopfaden wandelt, wird durch die fantastischen Gitarren-Soli Allmans und seines Kollegen Bobby Schneck Jr. gewissermaßen veredelt und sorgt im Publikum für jede Menge Begeisterung.

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Trio Ziryab: Flamenco auf orientalische Art

Ungewöhnlich ist die Kombination schon, aber auch unglaublich spannend: Zwei Flamenco-Gitarristen (einer in Köln geboren, einer in Barcelona) treffen im Trio Ziryab auf einen iranischen Kniegeigenspieler und stellen in ihrer Musik jene Verbindung zwischen Orient und Okzident wieder her, die Jahrhunderte lang auf der von den Mauren besetzten iberischen Halbinsel bestand. Nun traten die drei Musiker im Bonner Künstlerforum auf und begeisterten mit ihrem komplexen, eleganten Spiel, das nicht im geringsten konstruiert, sondern vielmehr völlig natürlich wirkte.

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OnAir: Erleuchtung für die Ohren

OnAir haben derzeit allen Grund zum Strahlen. In den drei Jahren seit ihrem allerersten Konzert hat das a-capella-Sextett so ziemlich alles erreicht, was in ihrem Genre möglich ist, hat alle großen Wettbewerbe gewonnen, zwei CARA-Awards erhalten und stehende Ovationen von Mitgliedern der Real Group, der Swingle Singers und von Rajaton bekommen. Jetzt ist das Berliner Vokal-Ensemble mit dem neuen Programm „Illuminate“ auf Tour – und auch wenn (bei extrem hoch angelegter Messlatte) bei ihrem frenetisch bejubelten Auftritt im Haus der Springmaus noch winzige Schwächen offenbar werden, ist die phänomenale Darbietung doch ohne Zweifel dank überragender Stimmen und exzellenter, kreativer Arrangements eine Erleuchtung für die Ohren.

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„Romy Schneider“: Ein Leben in Rollen

In Deutschland war sie eigentlich immer Sissi. Sissi, die hübsche, unschuldig wirkende Märchenkaiserin, die von den Leinwänden strahlte und die Illusion einer besseren Welt erschuf. Mit dieser Rolle gelangte die junge Romy Schneider 1955 zu Weltruhm – und litt Zeit ihres Lebens daran, in ihrer Heimat immer nur auf sie reduziert und für alle Bemühungen um eine Weiterentwicklung geschmäht zu werden. In dem Einpersonenstück „Romy Schneider – Zwei Gesichter einer Frau“, das derzeit im Kleinen Theater Bad Godesberg zu sehen ist, lässt die Österreicherin Chris Pichler nun die legendäre Schauspielerin selbst zu Wort kommen und ihr Leben Revue passieren. Was wirklich eindrucksvoll gelingt.

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Erika Stucky: Ein Jodler für Britney

Eigentlich muss man Erika Stucky nicht nur hören, sondern auch sehen. Sie und ihre Filme. Suboptimal für all jene, die auf einen Radiomitschnitt vertrauen, aber leider nicht zu ändern. Immerhin versucht die Schweizer Jazzsängerin und Performerin, die im Rahmen des Beethovenfests die Harmonie besucht, den Hörern an den Weltempfängern mit ausführlichen Beschreibungen zumindest etwas entgegenzukommen – was das gesamte Konzert nur noch verrückter macht, als es ohnehin schon ist, noch irrwitziger, noch absurder. Und noch besser.

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„Songs of Spring“: Die Folgen der Revolution

Mit Harmonien kommt man nicht weiter. Nicht, wenn es um die Situation in Tunesien, Ägypten, Bahrain, Syrien und der Türkei geht, die noch vor gut fünf Jahren von der so genannten arabischen Revolution überflutet wurden, von Protestwellen Hunderttausender, die mehr Freiheit und Demokratie forderten. Daraus ist in den meisten Fällen nicht viel geworden. Nun hat die türkische Pianistin Seda Röder sechs junge Komponisten aus diesen Ländern aufgerufen, ihre persönliche Wahrnehmung der „Arabellion“ und ihrer Folgen in Musik zu packen. Und die, so zeigte die Uraufführung der „Songs of Spring“ in den Kammerspielen Bad Godesberg im Rahmen des Beethovenfests, kann eben vieles sein. Aber sicherlich nicht harmonisch.

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Marialy Pacheco: Traumhaftes und aufregendes Kuba

Da tanzt sie wieder an ihrem Flügel. Kurz ergibt sich ihr Körper der Musik, in einer jener seltenen Pausen, in denen Marialy Pacheco nicht über die Tasten jagen muss, um im Rahmen des Beethovenfests zusammen mit dem WDR Funkhausorchester die Klänge und Rhythmen Kubas zum Leben zu erwecken. Diese liegen der 33-Jährigen im Blut, pulsieren in ihr, sind essentieller Bestandteil ihres Seins – kein Wunder, dass die erste und bislang einzige Gewinnerin der Montreux Solo Piano Competition nicht stillsitzen kann. Das gehört einfach an diesem Abend dazu, sehr zur Freude des Publikums in der Rhein-Sieg-Halle in Siegburg, das dank dieser Leidenschaft Pachecos und der anderen herausragenden Musiker ein phänomenales Konzert erleben kann.

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La Compagnie de SOI: Schwingende Lenden

Tanzen kann etwas unglaublich Sinnliches sein. Oder etwas unglaublich Obszönes. Wie sehr dabei das Geschlecht des Tanzenden eine Rolle spielt, hat am Freitag der Choreograph Radhouane El Meddeb gezeigt, der in „Au temps où les Arabes dansaient...“ vier Männer auf die Bühne schickt und ihnen eine Mischung aus Beckenbodengyroskopie und lasziven Bewegungen auf den Leib schreibt, die sich mal als ordinäres Twerking entpuppt und mal als orientalischer Bauchtanz. Alles dreht sich um die Körpermitte, um die schwingenden Lenden, kreisend, stoßend, zitternd. Eine beständige Provokation – und doch, wenn da jetzt Frauen tanzen würden, wären die Reaktionen wahrscheinlich andere. Genau damit spielen El Meddeb und die Compagnie de SOI. Ein spannender Ansatz, der aber mitunter leider unter einem radikalen Minimalismus leidet.

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Double Drums: Leuchtend schöne Baumarkt-Musik

Eigentlich kann man auf alles schlagen. Auf Wannen, Schüsseln, Leitern und den Fußboden. Selbst die Gläser der Gäste im Haus der Springmaus sind nicht tabu. Was immer sich als improvisiertes Instrument eignet, kommt bei der Show des Musikdous Double Drums zum Einsatz – ein kurzes, aber auch kurzweiliges und immer spektakuläres Feuerwerk der Rhythmik, bei dem die beiden klassisch ausgebildeten Perkussionisten breit grinsend um die Wette trommeln. Ganze Baumärkte und schwedische Möbelhäuser haben Alexander Glöggler und Philipp Jungk offenbar leergeräumt, um ihr ohnehin schon umfangreiches Sortiment an Geräusch-Erzeugern zu vervollständigen und um neben Toms, Gongs, Xylo- und Marimbaphon zum Einsatz zu kommen. Was sich durchaus lohnt.

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6 Frauen auf einen Streich: Wildes Fleisch im Altweibersommer

Heiß ist es. Unerwartet heiß, und das im September. Doch damit muss man eben umzugehen wissen. Jeder auf seine Weise. Während draußen im Biergarten der Bonner Harmonie die Gäste mit einem kühlen Bier den Altweibersommer genießen, werden die Temperaturen im gut gefüllten Saal, in den Gerburg Jahnke und das Pantheon zur 37. Nacht der Komikerinnen eingeladen haben, kurzerhand weggelacht – was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Am angenehmsten ist das Mischprogramm dann, wenn gängige Klischees ausgespart werden und statt bemühter „Sex in the City“-Dialoge eiskalt servierter schwarzer Humor die Bühne beherrscht. Oder verkürzt: Wenn Hazel Brugger da ist.

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Trio Yas: Warm-Up für die Klezmertage

Orient trifft Okzident. Arabische Phrasierungen verbinden sich mit amerikanischen Jazz, griechische Modi mit dem Feuer der Roma-Musik: Aus all diesen Quellen speist sich der Klezmer, jene aus dem aschkenasischen Judentum stammende Volksmusiktradition, die sich in den osteuropäischen Schtetl bildete und in der sich die Traditionen eines aus zahlreichen Ländern vertriebenen und dennoch lebenslustigen Volkes wie in einem Schmelzkessel zu einem meist sehr tanzbaren Amalgam verband und noch immer verbindet. Zwei Wochen vor den 4. Bonner Klezmertagen, die vom 23. bis 26. September in der Brotfabrik in Beuel stattfinden werden, hat nun das Trio Yas am selben Ort aufgespielt – gewissermaßen als Warm-Up und Höhepunkt in einem.

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„Chimaira“: Hilflos im Nebel

Ein Akteur, ein Zuschauer: Intensiver kann eine Theatererfahrung kaum sein. Irritierender auch nicht. Denn immer wieder steht die Frage im Raum, inwieweit man als Rezipient selbst aktiv werden soll und darf, ob man selbst Teil des Spiels werden kann oder ob man sich lieber zurückhält. Bei der Performance „Chimaira“, die jetzt an zwei Tagen im Theater im Ballsaal zu sehen war, dominierte diese Ungewissheit die ganze Zeit über – und wurde bis zum Schluss nicht aufgelöst. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Projekten dieser Art nahm einen hier keiner an die Hand, gab es keine Blaupause, sondern nur eine Leerfläche. Und wer die nicht füllte? Blieb hilflos zurück.

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Pantheon-Vorleser: Wunderbare Depressionen

Der Umzug des Pantheons in die Halle Beuel war lange ungewiss – erst vor kurzem hat Theaterchef Rainer Pause den Mietvertrag unterschrieben und damit trotz gewisser Risiken einer Zukunft des Kleinkunsttempels auf der anderen Rheinseite den Weg bereitet. Während das Team nun unter Hochdruck an einer zunächst provisorischen Bühnenlösung bastelt, stehen schon die ersten Veranstaltungen an, vor allem jene, die mit einer gewissen Vorlaufzeit geplant werden mussten und die das Pantheon nicht einfach absagen wollte. Zum Glück erweisen sich die freien Bühnen in Bonn als überaus solidarisch – und so konnten etwa die Pantheon-Vorleser in der Harmonie Unterschlupf finden, wo sie sich mit Depressionen, Identitätsfragen, Kneipenbussen und Liebe unter Punkern auseinandersetzten. Also dem ganz normalen Wahnsinn.

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„Evita“: Die Machtgier einer Heiligen

Nett? Nein, Evita ist nicht nett. Sie ist kein Engel, keine Heilige, ist in dem gleichnamigen Musical von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice alles andere als eine Sympathieträgerin. Aber sie ist in ihrem Streben nach Macht und Ruhm dennoch ungeheuer interessant. Eine komplexe, vielschichtige Figur, deren Lebensgeschichte einen reizvollen Auftakt in die neue Spielzeit des Theater Bonn bietet. Bei der Premiere am vergangenen Sonntag setzte das Ensemble von Regisseur Gil Mehmert die Geschichte um die einstige Präsidentinnengattin und argentinische Nationalheldin Eva Perón überzeugend in Szene – allen voran die überragende Bettina Mönch in der Titelrolle.

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Tschechische Philharmonie: Große und kleine Revolutionen

Die Namen können sich hören lassen: Die Tschechische Philharmonie unter Jiří Bĕlohlávek und die amerikanische Star-Geigerin Hilary Hahn haben am vergangenen Freitag in der Bonner Beethovenhalle das Beethovenfest 2016 offiziell eröffnet. Klanglich ein Auftakt nach der Maß, wenn auch programmatisch lediglich eine vorsichtige Annäherung an das Thema des diesjährigen Festivals. Denn weder Beethoven noch irgendwelche Revolutionsgedanken spielten an diesem Abend eine große Rolle, blieben zunächst nur Schlagworte in den Reden von Oberbürgermeister Ashok Sridharan, NRW-Kulturministerin Christina Kampmann und Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner.

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Max Mutzke & Thomas Quasthoff: Ein perfektes Paar

Seelenverwandte. Das trifft es wahrscheinlich ganz gut. Ja, Seelenverwandte könnten Max Mutzke und Thomas Quasthoff tatsächlich sein, so wie sie da auf der Bühne der Bonner Oper miteinander umgehen. Nichts wirkt aufgesetzt, nichts bemüht, selbst die augenzwinkernd bissigen Kommentare wirken natürlich und harmonisch. Und das bei zwei Männern, die erst zum zweiten Mal überhaupt zusammen musizieren. Ein Auftritt zu Pfingsten auf Schloss Elmau, etwas verkürzt und gewissermaßen die Generalprobe, und jetzt eben die offizielle Premiere im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“. Mehr als zwei Stunden, in denen sich die beiden gegenseitig etwas vorsingen, sich voller Freude entdecken und sich ergänzen, um zusammen mit drei der besten Jazz-Musiker Deutschlands (Pianist Frank Chastenier, Bassist Christian von Kaphengst und Drummer Wolfgang Haffner) ein einzigartiges Konzerterlebnis zu schaffen.

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bo komplex: Die Düsternis eines Sommertags

Romantik? Hoffnungsvolle, aufblühende Zuneigung? Jugendlicher Idealismus? Nein, dieser typisch Shakespeareschen Themen hat sich die Tanzkompanie bo komplex bei ihrer neuen Choreographie „Shall I compare thee to a summer's day“ konsequent verweigert. Irritierend angesichts des Titels, der auf eines der bekanntesten und häufig auch verklärtesten Gedichte des Bardens von Avon anspielen – aber doch irgendwie auch konsequent, ist doch dessen 400. Todestag der Anlass für das bemerkenswerte Solo, das Tänzer Olaf Reinecke in der Brotfabrik präsentiert. So stehen denn auch eher Herzschmerz, Einsamkeit und Vergänglichkeit im Zentrum des Geschehens, geht es um die Kehrseite der Liebeslyrik, um das Spiegelbild zu jenem Ideal des jungen Mannes, dem ein Großteil der Verse gewidmet sind. Sonett 18 mag den Titel bilden, doch Sonett 81 den Inhalt: Your name from hence immortal life shall have / though I, once gone, to all the world must die.“

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Neues GOP-Theater: Wunderschöner Wahnsinn

Ein bisschen verrückt sind sie hier alle. Wie bei Alice im Wunderland. Künstler eben. Artisten. Und Clowns. Großartige Clowns. Clowns, die bei der Mediengala im neu eröffnenden GOP-Theater Bonn, schräg gegenüber des WCCB und direkt an das Marriott-Hotel angeschlossen, für einen überragenden Auftakt sorgen. Gewissermaßen ist es die Generalprobe für die große offizielle Eröffnung am morgigen Sonntag, ein letzter Testlauf – und einer, der bei Küche und Künstlern gleichermaßen perfekt läuft. Insofern hat der Wahnsinn hier Methode. Und macht vor allem jede Menge Spaß.

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Hagen Rether: Bewerbungsrede für Königsposten

Wenn er nur könnte, wie er wollte. Keine Werbung mehr im Kinderfernsehen, das die Bälger ohnehin kaum sehen würden, weil sie in Horden um die Häuser ziehen und das analoge Leben genießen würden, so lange es geht; keine Wachstumsversprechen und Wachstumsdrohungen mehr, ebenso wenig wie dauerhafter Leistungsdruck, stattdessen Entspannung und Entschleunigung und die Rente mit 90 (zumindest für alle, die das wollen). „Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich König von Deutschland wär'“, hat Rio Reiser vor 30 Jahren gesungen – ein Gedanke, der derzeit auch bei Hagen Rether beständig mitschwingt.

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Oliver Steller: Spinnenlieder und Besengedichte

Auf der Bühne brodelt es. Walle walle, Wasser fließe. Die beiden Besen, die Rezitator, Sänger und Zauberlehrling Oliver Steller gemäß des Goetheschen Gedichts zum Leben erweckt hat und hinter denen die beiden jungen Syrer Silar und Dschan stecken, sind überaus fleißig. Hier eine kleine Wanne voll Wasser, da ein paar magische Zutaten, und schon blubbert es aus allen möglichen Behältnissen, erwachsen dank der Unterstützung des Vereins „Abenteuer Lernen“ Schaumkronen und Nebelschwaden.

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„In meinem Hals steckt eine Weltkugel“: Verdrängung als Selbstschutz

Eine Milliarde Menschen leiden Hunger. Eine Tatsache, der sich jeder nur allzu sehr bewusst ist – und die doch so gerne ignoriert wird. Oder zumindest nicht so wirklich berührt. Diesen Verdrängungsmechanismus nehmen acht Mitglieder des Jungen Ensembles Marabu nun in Gerhard Meisters Stück „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ unter die Lupe. Und stellen in einer brillanten Mischung aus Groteske und Kabarett-Verhandlung fest, warum uns der Hundehaufen vor der Tür mehr aufregt als die Hungertoten auf der anderen Seite der Welt. Warum wir Alpträume von Horrorfilmen bekommen, nicht aber von der Realität. Und warum wir uns deswegen noch nicht einmal wirklich schuldig fühlen können.

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Green Juice Festival: Familiäre Punkrock-Party

Familiär: Dieses Wort fällt bei der Beschreibung des 9. Green Juice Festivals häufig. Hier, mitten in einem Beueler Wohngebiet, gibt es keine riesigen, anonymen Massen, die sich auf einem gigantischen Gelände verteilen; vielmehr ist die Rasenfläche übersichtlich und wird von den gut 7000 Besuchern, die letztlich zusammenkommen, gut gefüllt. Klingt klein – aber fein. Viele Besucher schätzen die Veranstaltung gerade wegen der Intimität, und auch die auftretenden Bands fühlen sich nach Aussage der Organisatoren sehr wohl. Und das, obwohl vor allem die Headliner schon ganz andere Bühnen bespielt haben. Im vergangenen Jahr sorgten Jupiter Jones für ein furioses Finale, in diesem Jahr sind die Donots dran. Große Namen, für die man normalerweise deutlich mehr zahlen muss als die 13 Euro, die ein Green-Juice-Ticket im Vorverkauf kostet. Ein Konzept, das aufgeht, vor allem bei jungen Leuten, die in großen und kleinen Gruppen auf das Gelände strömen. Und bei perfektem Wetter eine riesige Punkrockparty feiern.

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Springmaus-Ensemble: Spontane Urlaubserlebnisse

Fremde Länder, fremde Betten, fremde Sprachen: Passend zu den gerade zu Ende gehenden Sommerferien lässt das Improvisationstheater-Ensemble der Springmaus die Urlaubszeit Revue passieren. Singend, spielend und ein bisschen tanzend greift das in seiner Besetzung häufig wechselnde Quartett (an diesem Abend bestehend aus Norbert Frieling, Paul Hombach, Vera Passy und Marvin Meinold) die Erlebnisse des Publikums auf und setzt diese auf ihre Weise um. Also spontan, skurril – und leider mit einem permanent breiten, aufgesetzten Akzent, der Volksnähe signalisieren soll, letztlich aber nur albern wirkt.

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„Von der Unschuld des Atmens“: Leben ist mehr als Arbeit

Einfach nur auf der Wiese liegen, den Sonnenaufgang beobachten – und Atmen. Einfach mal ganz bewusst Atmen. Ohne sich fragen zu müssen, ob und wenn ja was man heute noch leisten wird. Ein schöner Traum, und einer, der gar nicht so einfach zu realisieren ist, wie Schriftsteller Henri Paul (Nicolas Mittler) feststellt. Der von Angststörungen geplagte Misanthrop hat sich auf einen Campingplatz zurückgezogen, um in Ruhe an seinem neuen Buch zu schreiben und frei von gesellschaftlichen Zwängen Durchschnaufen zu können. Doch das Leben holt ihn ein: Vier junge Leute auf der Suche nach sich selbst gründen in seiner Nachbarschaft eine Künstlerkommune und locken den Zyniker langsam aber sicher aus seinem Schneckenhaus. Bis das Arbeitsamt auftaucht – und einen Leistungsnachweis fordert.

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BAP: Würdiges Open-Air-Finale

Kurz? Geht heutzutage nicht mehr. Nicht für BAP, und schon gar nicht für BAP auf Jubiläumstour im Rheinland. Dafür gibt es einfach zu viel Material und zu hohe Erwartungen. 40 Jahre hat die Kultband, die auf dem KunstRasen für ein würdiges Finale der Open-Air-Saison 2016 sorgt, jetzt schon auf dem Buckel, 40 Jahre, in denen der herrlich unverblümte Kölschrock von Mastermind Wolfgang Niedecken ebenso prägend war wie die Musik von Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg und Marius Müller Westernhagen. Und natürlich, auch das ist typisch BAP, ist die Reise noch lange nicht zu Ende.

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Sarah Connor: In die Muttersprache hineingewachsen

Der Wechsel von der Vater- zur Muttersprache hat Sarah Connor offensichtlich gut getan. Ihr erstes Album mit deutschen Texten ist ein Kassenschlager und auch die dazugehörige Tour, mit der die 36-Jährige quer durch die Republik reist, hat sich als großer Erfolg erwiesen. Vielleicht auch, weil die Blondine mit der kraftvollen Stimme, die jetzt auf der Bühne des Bonner KunstRasens steht und die gut 4500 Fans zu Jubelstürmen animiert, sich auch musikalisch neu orientiert hat und den altbewährten Disco-Pop-Beats, mit denen sie Anfang der 2000er Jahre zur deutschen Antwort auf Britney Spears avancierte, sowohl solide rockende Klänge als auch an modernen Schlager angelehnte Texte zur Seite gestellt hat. Mehr Mainstream geht kaum. Aber genau das kommt eben an. Zumal es Sarah Connor versteht, diese Mischung gut zu verkaufen.

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Chris de Burgh: Der Barde mit der roten Dame

Ohne „Lady in Red“ geht es einfach nicht. Die Fans verlangen es, wollen diese Ballade nun einmal hören, die Chris de Burgh weltberühmt gemacht hat und die von den einen zu den schönsten Liebesliedern aller Zeiten gezählt wird – von anderen wiederum einfach nur gehasst wird. Für den irischen Barden ist es eine Crux: Zu oft wird er nur auf dieses Lied reduziert, er, der doch so viel mehr zu bieten hat, und doch würde er selbst dann nicht von ihm loskommen, wenn er es wollen würde. Was nicht der Fall ist. Und so genießen rund 1700 Fans auf dem KunstRasen mit leuchtenden Augen diesen vermeintlichen Höhepunkt eines von immer wiederkehrenden Regenschauern geplagten zweieinhalbstündigen Konzerts, das die Vielfalt des 67-Jährigen in beeindruckender Weise offenlegt – ebenso wie seine Schwächen.

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Konstantin Wecker: Revolution voll Wut und Zärtlichkeit

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie verraten“ – eigentlich nur eine rhetorische Frage. Eigentlich. Doch Konstantin Wecker fallen da einige ein. Geheimdienste, Politiker, Konzerne, Medien, alle nur darauf bedacht, den Menschen auszuschlachten und selbst mit seinem Innersten noch Profit zu machen. Damit muss Schluss sein, fordert der große Liedermacher schon seit Jahren. Auf dem Bonner KunstRasen gibt er nun den knapp 2000 Besuchern erneut die Marschrichtung vor: „Empört euch“, singt er, und „Sage Nein!“ Nein zu Rassismus und Fremdenhass, Nein zu Terror und Gewalt, Nein zu verlogener Politik, gierigen Konzernen und Angriffen auf die Menschenrechte.

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Rockaue: Sommerparty zwischen Pop und Hardcore

Jetzt also ausnahmsweise mal eine Wall of Love. Wie schön. Mal was anderes bei dieser Ausgabe der Rockaue, die nach der Premiere im vergangenen Jahr noch größer, noch leidenschaftlicher und vor allem noch besser sein will. Da kann ein bisschen Liebe ja wohl nicht schaden. Singer-Songwriter Philipp Dittberner, der mit seinem Song „Wolke 4“ derzeit im Radio omnipräsent ist, setzt bei seinem Auftritt im Rahmen des eintägigen Open-Air-Musikfestivals in der Bonner Rheinaue auf jeden Fall ganz bewusst auf den Kontrast zu der anderen großen Bühne ein paar Meter weiter, will sich absetzen von der Rock 'n Heavy Stage, die in diesem Jahr von Metal- und Hardcore-Bands beherrscht wird, wo die Wall of Death, das pogomäßige Aufeinanderzustürmen, eine Selbstverständlichkeit. Also eine Wall of Love, mit Umarmungen statt Rempeleien. Und auch wenn gerade am Rande einige Zuhörer angesichts dieses gekünstelt wirkenden Gutmenschentums die Augen verdrehen, geht Dittbergers Plan auf.

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Varietéspektakel 2016: Märchenhafte Show zum Schluss

Eigentlich sollte es nur eine Zäsur werden, ein Abschied von einem Ort, aber nicht von einer Institution: Mit dem Varietéspektakel 2016 wollte das Pantheon eine letzte Premiere in den altehrwürdigen Hallen am Bundeskanzlerplatz feiern, bevor der Umzug auf die andere Rheinseite in die Halle Beuel erfolgen sollte. Noch einmal sollte die beliebte Show, die in diesem Jahr unter dem Titel „La Fable“ zum zehnten Mal im Bonner Kleinkunsttempel inszeniert, das Publikum mit spektakulärer Artistik verzaubern und zugleich daran erinnern, dass bald ein neues Kapitel aufgeschlagen wird. Doch nach den Entwicklungen vom Dienstag droht zumindest dieses Märchen kein Happy End mehr zu finden. In einer E-Mail an Oberbürgermeister Ashok Sridharan haben Pantheon-Chef Rainer Pause und die künstlerische Leiterin Martina Steimer ihren Ausstieg aus dem Projekt bekannt gegeben, da sie „der ewigen Verzögerungen und Unkorrektheiten seitens der Stadt überdrüssig“ seien.

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Mark Forster: Handzeichen der Liebe

4000 Hände sind in der Luft, winken in Richtung Bühne, senden Liebe in Richtung Mark Forsters. Wir sind ja da, sagen sie. Ein Statement, das dem 32-Jährigen viel bedeutet. „Ich war vor kurzem noch in Bordeaux, habe einen schönen Rotwein getrunken und es mir gut gehen lassen, aber das war längst nicht so schön wie hier in Bonn“, gesteht er. Gut, würde er wahrscheinlich in jeder anderen Stadt genau so von sich geben, aber letztlich ist es genau das, was das Publikum hören will. Für diese netten Worte bejubelt es den Sänger, der mit seiner Mischung aus  HipHop, Pop und Singer-Songwritertum an den Rhein gekommen ist und sein neues Album „Tape“ vorstellt. Und dabei dank Lausbuben-Charme und abwechslungsreicher Musik für jede Menge guter Laune sorgt.

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„Nijinski“: Getanzte Biographie

Es ist eine meisterhaft ausgeführte Verbeugung vor einem Ideal: Mit ihrer neuesten, von Marco Goecke geschaffenen grandiosen Choreographie hat die Stuttgarter Kompanie Gauthier Dance dem legendären Tänzer Vaclav Nijinski ein Denkmal gesetzt, ohne sich dabei von der Lichtgestalt des russischen Balletts blenden zu lassen, sondern ihr vielmehr in eine Reise zu den Abgründen der menschlichen Seele zu folgen. In Bonn fand nun der erste Gastspiel-Abend statt – und trotz des sich unmittelbar anschließenden Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Italien war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Zu recht. Denn Goeckes 80-minütiges und zu Beginn von Eric Gauthier hinlänglich erläutertes Triptychon, das nach einem Prolog über den Ballets-Russes-Impressario Sergei Djagilew (zugleich Mentor und Geliebter Nijinskis) und die Geburtsstunde der Ballettmoderne die Kindheit, Jugend, Höhepunkte und Leiden des polnischen Ausnahmetänzers umfasst, erwies sich fantastische Darbietung, in der die 16 Tänzer des Ensembles immer wieder über sich hinauswuchsen.

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