Ein bisschen verrückt sind sie hier alle. Wie bei Alice im Wunderland. Künstler eben. Artisten. Und Clowns. Großartige Clowns. Clowns, die bei der Mediengala im neu eröffnenden GOP-Theater Bonn, schräg gegenüber des WCCB und direkt an das Marriott-Hotel angeschlossen, für einen überragenden Auftakt sorgen. Gewissermaßen ist es die Generalprobe für die große offizielle Eröffnung am morgigen Sonntag, ein letzter Testlauf – und einer, der bei Küche und Künstlern gleichermaßen perfekt läuft. Insofern hat der Wahnsinn hier Methode. Und macht vor allem jede Menge Spaß.
Das GOP in Bonn wird das insgesamt siebte Varieté-Theater der GOP-Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Hannover. Die Verantwortlichen wissen also, was zu tun ist, wie man auffällt und sich abhebt,
auch in einer Stadt, die mit der Springmaus und dem Pantheon bereits zwei hervorragende Kleinkunstbühnen vorweisen kann. „Entertainment für alle Sinne“ lautet nicht umsonst einer der Leitsätze
des Hauses – die Kombination von gutem Essen und grandioser Show ist nicht verpflichtend, lohnt sich aber durchaus. Nur das noch fehlende Kölsch im Angebot sowie keine ausgewiesenen Alternativen
für Vegetarier bei den Menüs im Theatersaal (alternativ kann man auch im hauseigenen Restaurant „Leander“ dinieren) irritieren ein wenig. Dafür lässt die Eröffnungsshow keine Wünsche offen:
„Plüfoli“ vermischt Akrobatik, Musik und Clownerie zu einem wundersamen, wunderschönen Wahnsinn, der dank eines herausragenden Ensembles zum permanenten Staunen, Jubeln und Lachen anregt. Meist
alles gleichzeitig.
Auf der Bühne, auf der alles ein wenig schief wirkt und dadurch eine gewisse Tim-Burton-Ästhetik gewinnt, tummeln sich die skurrilsten Gestalten. Da ist der staksende, ständig grummelnde Musiker
Quentin Marotine, die im Handstand Sahne naschende Jeanne Durand-Raucher, der mit seinem bloßen Oberkörper die Frauen in die Schnappatmung drängende Drahtseil-Artist Geoffrey Berhault, die
Trapez-Künstlerin Anna Ward, das herrlich albernde und atemberaubende Sprünge präsentierende Quartett Quatuor Stomp – und natürlich die beiden Clowns. Amélie und Anthony Venisse. Die steife
Akkordeonspielerin mit der Unbeholfenheit eines von Störchen aufgezogenen Fohlens und der tollpatschige Spaßmacher und exzellente Pianist, den man einfach lieb haben muss. Vor allem letzterem
fliegen die Herzen des Publikums zu – da stört es auch nicht weiter, das irgendwann im Laufe der Show der rote Faden ein wenig an Spannkraft verliert und etwa mit einer Geisterhaus-Atmosphäre
eine Reifennummer einleitet, die dann doch nur auf romantische Musik setzt. Egal, Kleinkram. Beziehungsweise Kritik auf hohem Niveau. Mehr gibt es ohnehin nicht zu bemängeln. Dafür sind die
Artisten einfach zu gut.
Natürlich kann eine starke Show noch nichts darüber aussagen, wie schnell sich das GOP auf dem Bonner Markt etablieren kann, zumal das WCCB und auch das Marriott-Hotel, zwei wichtige Faktoren für
das Haus, ihre Attraktivität ebenfalls erst noch beweisen müssen. Und die Bonner, die Theaterdirektorin Julia Feirer augenzwinkernd als die „Andalusier des Rheinlands“ bezeichnet und ihnen eine
große Kulturaffinität zugesprochen hat, müssen das Varieté ebenfalls noch annehmen. Das dürfte aber bei so einem starken Programm und sehr attraktiven Preisen zumindest am Anfang kein Problem
werden. Wenn die Mediengala als Maßstab gelten kann, hat das GOP ohnehin schon gewonnen: Tosender Applaus und stehende Ovationen gibt es sowohl für das Ensemble auf der Bühne als auch für das
gesamte Team im Hintergrund, bevor der Abend in der Pianobar ausklingt, wo Tastenvirtuose Rick als menschliche Jukebox jeden Liedwunsch zu erfüllen versucht. So kann man es sich auch mal gut
gehen lassen. Wahnsinn macht eben tatsächlich Spaß.
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