Wenn Kölner Gute-Laune-Musik auf Alpen-Techno trifft und Trompeten, Posaunen und Tuba jenseits aller Bierzelt-Seligkeit für Stimmung sorgen, kann dies nur eins bedeuten: Querbeat trifft auf LaBrassBanda. Womit eigentlich alles gesagt wäre. Denn dass bei dieser Kombination eine Party der Extraklasse entsteht, dürfte jedem klar sein, der schon einmal eine oder gar beide Formationen aus nächster Nähe erleben durfte. Auf dem KunstRasen haben sich die beiden Brass-Pop-Formationen an diesem Samstagnachmittag nun zu einem Doppelkonzert im Sonnenschein verabredet und gut 8000 Menschen das Wochenende versüßt. Hochgeschwindigkeits-Blasmusik, Funk, Gypsy, Samba, Ska, Pop und eine guten Dosis Tschingderassabum lassen einfach niemanden kalt. Dafür macht die Mischung viel zu viel Spaß.
Was für ein Kontrast: Einen Abend zuvor stand mit Tom Jones ein altgedienter Superstar auf der Bühne des KunstRasens, einer, der schon alles erreicht hat – und jetzt, dank einer 20-minütigen Verspätung knapp 23 Stunden später, stürmt eine 20-jährige Blondine mit jeder Menge Glitter im Gepäck ins Rampenlicht und begeistert ein Publikum, das ungefähr doppelt so groß, fünfmal jünger und sicherlich zehnmal lauter ist. Zugegeben, ein nicht unerheblicher Teil der gut 4000 Besucher besteht aus Eltern, die verzweifelt versuchen, ihre frenetisch jubelnden Kinder vor einem frühen Herzanfall zu bewahren, doch selbst diese wippen bei den Jugendpop-Songs von Lina Larissa Strahl unweigerlich mit.
Der Blues gehört eigentlich nicht zu den Stilen, die man mit Tom Jones in Verbindung bringen würde. Er, der Party-Tiger der 60er (und später der 90er), der als Sex-Symbol angeblich mehr Groupies vernascht hat als alle Rolling Stones zusammen und der mit sonorem Schmelz irgendwo zwischen schmelzend-schmalzigen Liebesliedern („Delilah“) und soulig-funkigen Hits („It's Not Unusual“) die Massen begeisterte, war doch fast schon der perfekte Gegenentwurf zum rauen, urtümlichen und oft schwermütigen Zwölftakter. Doch Vielseitigkeit ist Trumpf – und so offenbarte der 78-Jährige zum Auftakt der diesjährigen KunstRasen-Saison in den Rheinauen auch eine ungeschliffene Seite, die ihm nichts desto trotz hervorragend zu Gesicht stand.
Eigentlich könnte das Leben so schön sein. Der Filius ist endlich volljährig und kurz davor, im Rahmen eines mehr oder weniger freiwilligen sozialen Jahres in den Slums von Rio zu verschwinden, die Zweitkarriere als Komponist veganer Kinderlieder brummt, die bislang vom Sohn bewohnte Einliegerwohnung wird frei und könnte zum Studio umgebaut werden – für Christian Ehring läuft alles super. Wenn da nur nicht die gutherzige Gattin wäre, die Ideen nicht einfach nur Ideen sein lassen kann, sondern diese armen Geistkonstrukte kurzerhand in die brutale Realität übertragen will. Jetzt will sie also Flüchtlinge aufnehmen. Dabei ist das doch so 2015.
Mit 50 sind Frauen doch eigentlich schon so gut wie tot. Kinder können sie in der Regel keine mehr kriegen, Männer angesichts der jungen Konkurrenz ebenso wenig, und die versprochene Weisheit und Gelassenheit stellt sich auch nicht ein. Als Vorbilder fungieren im Fernsehen so genannte „Best Ager“, die sich Voltaren auf die Beine und Faltencreme ins Gesicht schmieren, aber der Realität ein wenig entrückt sind. Und so könnten manche Damen den Eindruck gewinnen, aus sämtlichen Schubladen geschubst zu werden und zwischen allen Stühlen zu sitzen. Doch genau dafür gibt es ja jetzt die Alten Mädchen. Jutta Habicht, Ines Martinez, Sabine Urig und Anna Bolk wollen den Fokus wieder gerade rücken auf das, was wirklich zählt. Im Pantheon suchen sie nach Wegen, sich ihre Sinnlichkeit zu bewahren und nicht zu altern, sondern zu reifen. Was nicht immer funktioniert. Aber doch insgesamt für Freude sorgt.
Was singt man, wenn die Welt um einen herum am Boden liegt? Depressionssongs? Protestlieder? Gibt es schon mehr als genug, und erstere sind ohnehin Stimmungskiller, während letztere gleich wieder so ernst wirken. Falk und Jakob Heymann haben sich stattdessen für zynische Hass-Tiraden mit Dada-Charme entschieden, Stücke also, die anprangern und zugleich der Realität mit einer gehörigen Portion Wahnsinn begegnen. Bei ihrem charmanten Doppelkonzert in der Pantheon-Lounge wettern die beiden Liedermacher gegen Schnulzensänger, Raucher, die Natur und den perfekten Torben, gegen in Plastik eingeschweißte Bio-Bananen und Hungersnöte – und mitunter auch augenzwinkernd gegen sich selbst.
„I did it my way“: Ausgerechnet jene wohl berühmtesten Zeilen, die jemals die Goldkehle von Frank Sinatra verlassen haben, erklingen an diesem Donnerstagabend nicht im Haus der Springmaus. Aber eigentlich haben Daniel Čačija und Johannes von Ballestrem ein derartiges Statement auch gar nicht nötig. Der kroatische Sänger und sein Kollege am Flügel interpretieren im Rahmen des 21. Bonner Schumannfests einige der populärsten Songs Sinatras ohnehin auf ihre ganz eigene Weise. Und machen das großartig. Eigenwillig, verspielt und keck, mit viel Gefühl und aufregenden Ideen, die zwar zumindest am Anfang des Konzerts nicht immer zünden und die Stücke mitunter etwas überladen wirken lassen, mit zunehmender Lockerheit der Musiker aber immer selbstverständlicher und natürlicher daherkommen.
Guter Service ist tot, zumindest bei diversen Telefon-Hotlines und städtischen Bürgerdiensten. Doch einer profitiert davon: Der Sensenmann höchstpersönlich. Der hat diesen Gedanken nämlich kurzerhand wiederbelebt und tourt seit einigen Jahren fröhlich zwecks Kundenbindung durch die Lande, plaudert aus dem Seelenkästchen und bewirbt gleichzeitig die von ihm vertriebenen Reisen zum Hauptbahnhof Jenseits. Jetzt war der Tod in der Lounge des Pantheon zu Gast, um seinem seinem Publikum die Angst zu nehmen und ein bisschen Imagepflege zu betreiben. Was mitunter ganz unterhaltsam war – und dann doch wieder ziemlich banal.
Was für eine Enttäuschung: Eigentlich soll der Prix Pantheon die wichtigste Ehrung des deutschen Kabaretts sein, ein Fanal für jene Kunst, die einst Größen wie Dieter Hildebrandt oder Hanns Werner Hüsch geprägt haben. Doch diese Zeiten sind vorbei. Spätestens mit der in großen Teilen schwachen Performance des Finalteilnehmer, die alle von echtem Kabarett in etwa so weit entfernt sind wie die deutsche Bundeswehr von einer vollständigen Einsatzbereitschaft, hat der legendäre Kabarettpreis fast seine komplette Glaubwürdigkeit verloren und ist zu einem weiteren der zahllosen austauschbaren Comedy-Pokale mutiert, mit denen junge Pointen- und Phrasendrescher regelrecht zugeschüttet werden. Qualität ist offensichtlich kein Kriterium mehr, was zählt, ist einzig und allein die Quote. Kein Wunder, wenn der WDR als produzierender Sender so ziemlich jeden auf die Bühne hievt, der irgendwie süß oder keck oder frech wirkt. Hauptsache, er lässt sich der breiten Masse verkaufen – und die will sich eben bespaßen lassen, statt nachzudenken. Obwohl letzteres manchmal überaus hilfreich wäre.
Eigentlich wäre es doch so einfach: Wenn die Menschen nur ein bisschen besser miteinander umgehen würden und etwas mehr Respekt für andere zeigen würden, ginge es der Welt mit Sicherheit weitaus besser. Weil es aber nicht so ist, muss eben Dagmar Schönleber ran. Die Wahl-Kölnerin hat es sich zur Aufgabe gemacht, zumindest mal ihr Publikum wieder auf den Pfad der Tugend zurückzubringen. Irgendwer muss es ja machen. Warum also nicht eine Kabarettistin, die nach dem Biss einer radioaktiven Kindergärtnerin mitunter eine tiefschwarze Färbung bekommt und dann als Super-Woman-Version von Fräulein Rottenmeier Jugendliche, AfDler und sonstige verkommene Subjekte erzieht? In der Pantheon-Lounge fängt sie derweil eine Nummer kleiner an – und kann dank einiger schöner Einfälle auch erste Erfolge vorweisen.
Auf Namen sind die Feisten ganz versessen. Abstruse oder gewöhnliche Namen, das ist zweitrangig. Dem Liedermacher-Duo geht es ohnehin nur um ihre Funktion. Denn wer einen Namen hat, der hat schließlich auch eine Geschichte, und selbst wenn diese vor Klischees nur so strotzt, lässt sich diese doch nur allzu gut erzählen und sowohl in Worte als auch in Töne packen. Also benennen Rainer Schacht und Matthias „C“ Zeh kurzerhand jede Figur, die ihnen einfällt. Irgendwie müssen die ja schließlich heißen. Horst zum Beispiel. Oder Dieter, der dann gleich mal eine Puppe im Schrank hat. Oder Prunzuela, diese geile Sahneschnitte. Im Pantheon veranstalten die Feisten somit bei der Bonnpremiere ihres neuen Programms „Adam & Eva“ ein Schaulaufen dieser mehr oder weniger normalen Gestalten – was mitunter überaus unterhaltsam ist. Und dann wieder ziemlich peinlich.
Vocaldente lieben das Reisen. Fremde Länder, fremde Musik, also mehr Input für das a-cappella-Quintett aus Hannover, das im Ausland mitunter erfolgreicher ist als in der Heimat. Und das schon seit elf Jahren. Überall sind die Fünf schon aufgetreten, haben Wettbewerbe in Finnland, Taiwan und den USA für sich entschieden und zählen dadurch zu den besten Gesangs-Formationen Deutschlands. Jetzt sind die polyglotten Vokal-Entertainer ins Haus der Springmaus gekommen – und überzeugen vor allem dann, wenn sie sich aus der englischsprachigen Wohlfühlzone herausbewegen und neue Wege gehen.
Die fetten Jahre sind vorbei. Schon lange. Kein Erfolg mehr, kein Ruhm, kein Geld. An den fulminanten Frank, den Schlagerkönig im Glitzeranzug, erinnert sich heutzutage wirklich niemand mehr. Außer Danni, der sich selbst gerne als eine Art Jesus Christus der Musikindustrie bezeichnet und doch letztlich nicht viel mehr als ein schmieriger Leichenfledderer ist. Er will Frank noch einmal groß rausbringen, noch einmal Geld mit der Nostalgie der Menschen machen und allen die guten alten Zeiten vorgaukeln. Auch wenn letztlich weder weiß, dass diese nie existiert haben und jetzt erst recht nicht wiederkommen. Doch ohne Claudia, das Duo wieder zusammenzustellen – bis sich die Erkenntnis durchsetzt, dass von den Hoffnungen nur noch ein Trümmerfeld bleibt.
Anders sein und doch gleich, einzigartig und doch Teil einer Gruppe: Das Leben in einer Gesellschaft besteht immer wieder auch aus der Suche nach einer Balance zwischen diesen beiden Polen. Mit wem identifiziert man sich: Mit sich selbst oder mit der Gruppe? Und was ist dann bitte schön das vielgepriesene „Wir-Gefühl“, das jeder Generation zugesprochen wird? Mit derartigen Fragen haben sich 74 Bonner Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Beuel, der Katholischen Hauptschule St. Hedwig und der Marie-Kahle-Gesamtschule beschäftigt. In einem viermonatigen Probenprozess im Rahmen des Festivals Bonner Schulkultur suchten sie dabei zusammen mit Vertretern des Theater Bonn und freien Künstlern nach Erklärungen und nach Möglichkeiten, diese in Bilder und Worte zu fassen. Am vergangenen Dienstag haben sie das multimediale Ergebnis nun in den Kammerspielen Bad Godesberg präsentiert.
Das Bekenntnis kommt ohne großes Zögern. „Es gab keinen tieferen Sinn, wir haben einfach nur alberne Dinge gemacht“, gesteht John Cleese mit Blick auf seine Anarcho-Truppe Monty Python, mit der er Ende der 60er und Anfang der 70er sämtliche Regeln brach. Einfach, weil man es durfte. In der Kölner Philharmonie blickt der legendäre britische Comedian genüsslich zurück auf jene Zeit, in der er und seine Kollegen absolute Narrenfreiheit genossen. „Wir hatten keinen Plan. Wir haben einfach nur gespielt“, sagt er. Und das von einem Mann, der im Zuschauerraum zur Sicherheit gleich drei Teleprompter hat anbringen lassen, um ja nicht vom Skript abzuweichen, obwohl er diese Hilfe eigentlich überhaupt nicht braucht. Ein bisschen paradox ist das schon. Und gerade deswegen auch ein bisschen pythonesk.
Sherin sucht Ferhad, und Ferhad sucht Sherin. Nur einmal sind sie sich begegnet, irgendwo in den Straßen Istanbuls: Er, der jesidische Schafhirt, der auf der Flucht vor dem IS ist und sich in Deutschland ein neues Leben erhofft; und sie, die in der Bundesrepublik aufwuchs und nun aus einem nebulösen Gefühl der Unzugehörigkeit an der Grenze von Türkei und Irak die Schrecken des Krieges mit eigenen Augen sehen will. Zwei Entwurzelte, die sich nach einer Zukunft sehnen und sich im Vorbeigehen finden. Und wieder verlieren. Liebe im Transit, zwischen Sengal und Bonn. Hier, in der Bundesstadt, wollen sie wieder zusammenkommen, so der Plan. Doch das wird schwieriger als gedacht.
Alle haben sie dem Meister schon gehuldigt. Selbst der Boss. „Bis zum heutigen Tage wirft, wo immer große Rockmusik gemacht wird, Bob Dylan seinen Schatten“, sagte Bruce Springsteen im Jahr 1998 anlässlich der Aufnahme des großen Songpoeten in die Rock & Roll Hall of Fame. Zu Recht: Kein anderer Liedermacher hat mehr Künstler beeinflusst als Dylan, keiner so einen unverwechselbaren Stil gepflegt und keiner so tiefgründige Texte geschrieben. Nun hat ihm der Schauspieler Lucas Sanchez zusammen mit dem Regisseur Michael Barfuß (unter anderem „Rock 'n' Rollator Show“ und „Lala – ein Hurenabend“) eine Hommage gewidmet, die bei ihrer Premiere in der Pantheon Lounge für große Begeisterung sorgte.
Eins muss man Max Prosa lassen: Lieder kann er schreiben. Und zwar unglaublich gute. Vor allem wenn er sich Zeit lässt und zu erzählen beginnt, in feinen Versen die Geschichten der mythischen Europa oder des irakischen Flüchtlings Sinan nachverfolgt und die Schicksalsschläge der Flüchtigen und Geraubten in eine wunderschöne lyrische Sprache kleidet, erzeugt der junge Liedermacher eine Magie, die ihresgleichen sucht. Was für eine Intensität. Da stört es auch nicht, dass Prosas Prosodie, seine Intonation und seine Satzmelodie eher an Bob Dylan erinnern, also noch nicht einmal die zweite, sondern nur die vierte Geige spielen. Kann man machen, wenn die Lieder eine derartige Qualität haben. Zu einer Lesung passt dieser Vortragsstil dagegen nur bedingt. Doch in der schönen Lounge des Pantheons verbindet Max Prosa beides. Mit durchwachsenem Ergebnis.
Das Absurde liegt im Alltäglichen. Oder im Rausch. Wenn drei gute Freunde bei McDonalds über die Vor- und Nachteile von Ketchup-Seen und Majo-Inseln diskutieren oder die gepflegte Prokrastination durch Nacktschneckenbetrachtungen aufgelockert wird, wenn also der Witz hinter der Normalität entlarvt wird, dann ist Frank Goosen zur Stelle. Der 51-Jährige, dessen Romane längst Kultstatus besitzen, liebt diese Wendungen, diese Überzeichnungen der Wirklichkeit, die so abwegig gar nicht sind und doch dermaßen komisch sind, dass seine Leser und Zuhörer sich nicht mehr zusammenreißen können. Derzeit ist Goosen mit seinem neuen Programm „Was ist da los?“ unterwegs – und begeistert so unter anderem auch das Pantheon.
Wenn die Augen das Fenster zur Seele sind, dann blickt Nathanael auf ein verbranntes Ödland, nur unzureichend verborgen unter einer Schicht künstlicher Normalität. Seit sein Vater auf mysteriöse Weise den Tod gefunden hat, ist der junge Mann traumatisiert. Und schuld ist seiner Überzeugung nach nur der Sandmann. Er, der den Kindern die Augen raubt oder wahlweise eben die Eltern und der einst in der Gestalt des dämonischen Advokaten Coppelius den Herrn Papa zu gefährlichen alchemistischen Experimenten verleitete. Trotz dieses Schreckgespensts im Hintergrund hat sich Nathanael ein Leben als Student aufgebaut, kommt zurecht – bis ein Händler auf seiner Türschwelle auftaucht, der ihn an Coppelius erinnert. Prompt brechen alte Wunden wieder auf. Und der Wahnsinn beginnt.
Wie viel Dissonanz verträgt der Jazz? Wie viel Strukturlosigkeit, wie viel Dekonstruktion? Und wie viel Freiheit? Sehr viel, wenn es nach Pablo Held geht. Der Kölner Pianist hat bei seinem Auftritt im LVR Landesmuseum im Rahmen des Jazzfests Bonn zusammen mit seinem Quartett genüsslich die üblichen Hörgewohnheiten zertrümmert, jeglichen rhythmischen Rahmen zerlegt und damit auf den ersten Blick ein ziemliches Chaos angerichtet. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass das Ergebnis in etwa so viel mit Kunst zu tun hat wie die Fingermalereien eines vierjährigen Schimpansen – und in gewisser Weise hätten sie sogar echt. Und doch schimmerte hinter der scheinbaren Beliebigkeit immer wieder ein wie Konzept durch, waren Harmonie und Groove wenn schon nicht in Hör- dann doch zumindest in Sichtweite. Was je nach eigenem Kunstverständnis auszureichen vermag.
Die letzten Tage des Jazzfests 2018 stehen ganz im Zeichen des Klaviers. Ein Tastenvirtuose nach dem anderen macht seine Aufwartung, meist in einer Trio-Besetzung – und der vergangene Donnerstag hat bereits eindrucksvoll gezeigt, auf welch unterschiedlichen Wegen die Künstler derzeit wandeln. Während Eyolf Dale mit seinem Quintett im LVR Landesmuseum eine Collage aus musikalischen Bildern gestaltet und dabei der Form nur eine untergeordnete Bedeutung zumisst, bleibt Makoto Ozone trotz eines umwerfend facettenreichen Stils doch immer dem Groove treu und erschafft so klar gefasste Kleinode. Beide Ansätze haben ihren Reiz – doch birgt der des Norwegers mit seiner poetischen Klangsprache die Gefahr, sich im Dickicht der Fragmente zu verirren, da eben jene Struktur fehlt, die Ozone dem Hörer bietet und die er zugleich mit spielerischer Leichtigkeit und einem deutlichen Augenzwinkern zu füllen versteht.
Einen ganzen Abend Theater pur: Das kann man sich schon gefallen lassen. Streichungen im Kulturhaushalt, die das populäre Euro Theater Central in seiner Existenz bedrohen, dagegen nicht. Die zwölfte Bonner Theaternacht hat am vergangenen Mittwoch den Spagat unternommen, ersteres zu bieten und letzteres anzuprangern. Schon bei der Eröffnung im Innenhof der Universität Bonn, die anlässlich ihres 200. Geburtstags mit von der Partie sein wollte (und doch nur einen für Theater letztlich völlig ungeeigneten Hörsaal für studentische Gruppen zur Verfügung stellte), lud Generalmusikdirektor Dirk Kaftan in seiner Funktion als Schirmherr das Publikum dazu ein, auf Entdeckungsreise zu gehen und das breite kulturelle Angebot der Stadt zu erleben, während die Vorsitzende der Theatergemeinde Bonn, Elisabeth Einecke-Klövekorn, auf besagte Einsparversuche zu sprechen kam. „Angesichts der Beträge, um die es geht, handelt es sich dabei lediglich um Symbolpolitik“, sagte sie. „Lassen Sie sich das nicht gefallen.“
Ein reiner Frauenabend kann überaus unterhaltsam sein. Zumindest wenn man die richtigen Frauen auf der Kabarettbühne hat. Solche, die witzig sind, aber nicht bemüht, bissig, aber nicht bitter, direkt, aber nicht plump. Zugegeben, nicht jede Pointe muss ein intellektuelles Meisterwerk sein, ein politisches Statement oder am besten beides. Aber ein gewisses Niveau sollte schon existieren. Bei der Truppe, die Gerburg Jahnke diesmal im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ nach Bonn gebracht hat, war diese Prämisse zumindest zum Teil erfüllt.
Streicherserenaden im Bläsersatz und Liebeslieder an die umschwärmte Trompete: Das zentrale Interesse der Jungs von Blechreiz ist relativ offensichtlich. Hoch die Hörner, jetzt wird geschmettert. Das Brass-Quintett aus Österreich (nicht zu verwechseln mit der Berliner Ska-Band gleichen Namens) hat es sich zum Ziel gemacht, neue Wege für die Blechblasmusik zu finden, abseits von Balkan Beats, Bigband-Sounds und Party-Funk. Immerhin sind ihre Instrumente zu mehr gut, können alles oder zumindest fast alles spielen, von Leonard Bernstein über Richard Wagner bis hin zu Robert Fuchs und Queen. Man muss nur wollen. Und den richtigen Ansatz finden. Doch obwohl Blechreiz durchaus gute Ideen haben, mangelt es mitunter an einer konsequenten Umsetzung, wie ein Auftritt im Haus der Springmaus beweist.
Die Grenzüberschreitung und die Dekonstruktion von Konventionen sind zwei der Kerngedanken des modernen Jazz – ebenso wie die Frage, was eigentlich alles zu diesem amorphen Genre dazugehört und was, je nach Standpunkt, entweder als zu abgedreht oder aber zu angepasst gilt, um noch Jazz zu sein. Diese Aspekte schwangen am vergangenen Wochenende bei zwei Doppelkonzerten im Rahmen des Bonner Jazzfests mit, in denen die Organisatoren einmal mehr auf Kontraste setzten und Vertreter der eher klassischen Spielarten mit einem avantgardistischen Saitenvirtuosen und einer eher düster-poppig klingenden Sängerin zusammenbrachten. Was mal mehr und mal weniger gut ankam.
Rocken kann sie ja, das ist keine Überraschung. Aber derart energiegeladen und leidenschaftlich wie in der Harmonie hat man Stacie Collins lange nicht mehr gesehen. Fit wirkt sie, wach, neugierig
– und experimentierfreudig. Der „southern rockin', harp-howlin', twang-banging' rock'n'roll“, wie die Amerikanerin ihren Stil immer wieder gerne bezeichnet, kommt im Gegensatz zu ihrem letzten
Auftritt in der Harmonie wieder zu seinem Recht, doch ruht sich Collins nicht nur darauf aus. Zusammen mit ihrer Band sucht sie auf offener Bühne nach neuen Sounds, lässt ihren Mitstreiter John
Sudbury auch mal zur Akustikgitarre greifen oder ihren Drummer Ola Göransson, der sich vor allem gegen Ende des Konzerts als begnadeter Anheizer und Rampensau par exellence entpuppt, einfach mit
ein paar Perkussionsinstrumenten statt mit wuchtigen Toms hantieren.
Wenn Naima Rhyn Rigolo baut, ist der Rest der Welt still. Jeder Ton, jeder Lufthauch könnte die Balance stören, in der die 61-Jährige ihre 13 Palmäste hält, die nur durch ein paar Angelpunkte miteinander verbunden sind und wie ein gigantisches Mobile nach und nach auf der Bühne entsteht. Es ist eine magische Szenerie, eine Meditation der besonderen Art und ohne Zweifel ein Highlight der gleichnamigen GOP-Show. Eines von mehreren – und doch auch zugleich eines von zu wenigen. Obwohl einige Akrobaten wirklich Außergewöhnliches präsentieren, mit ihrem Charme, ihrer Präsenz und ihrer Kunst zu glänzen verstehen, bleibt „Highlights“ als Gesamtpaket leider weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Denn trotz des Titels dreht sich alles um Moderator Martin Quilitz – und der ist leider kein Höhepunkt des Abends.
Ein ausgelassen tanzendes Publikum ist beim Jazzfest Bonn ein eher ungewohnter Anblick. Doch wenn das legendäre Kollektiv Incognito schon einmal im Telekom Forum eindrucksvollen Soul und energiegeladenen Funk präsentiert und nachdrücklich dazu auffordert, sich vor der Bühne auszutoben, kann und will sich niemand der Party verweigern. Zumindest nicht permanent. Dafür geht der Groove zu sehr in die Beine, die Klänge zu sehr in den Bauch, die Präsenz der Frontsänger Melonie Crosdale, Joy Rose und Moritz Bernhardt zu sehr unter die Haut. Ja, es ist sehr gefällige Musik, dem Pop mindestens genauso nahe wie dem Jazz – aber sie kommt an und trifft den Geschmack der Menge mit bemerkenswerter Präzision.
Das Paradies ist grundsätzlich woanders. Immerhin soll es der Ort sein, an dem Träume wahr werden, an dem alles besser, schöner, friedlicher und bequemer ist als zu Hause. Irgendwo in der Ferne muss es liegen, draußen im Außergewöhnlichen und Unbekannten, jenseits der kalten Tristesse des Alltags, der man zu entfliehen versucht. Für die meisten Europäer liegt das Paradies in der Südsee, doch weil die dann doch recht weit weg ist, genügt auch das Mittelmeer. Da kann man sich einfach treiben lassen, schlemmen bis zum Umfallen und einen Cocktail nach dem anderen schlürfen. Wer will da schon nach Deutschland? Außer den Flüchtlingen natürlich, die sich im gelobten Land eine Zukunft erhoffen.
Alles verläuft im Kreis. Selbst der Weg. Ohne Wiederholungen wäre „Vägen“, eine der schönsten Kompositionen des Tingvall Trios, nur noch halb so intensiv, lebt sie doch von dem immer wiederkehrenden Motiv, das Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen ist und gerade in einer scheinbar geschlossenen Form die größte Freiheit entdeckt. Schon 2011 hat Martin Tingvall nach diesem Prinzip komponiert und wundervolle, verspielte Jazzstücke geschrieben, in denen sich seine oft filigranen, elfenhaften Melodien mit dem versierten Bass Omar Rodriguez Calvos und dem treibenden, vom Rock geprägten Schlagzeugspiel Jürgen Spiegels vermischten und spiralförmig in immer neue Klangwelten vorstießen.
Die Bundespräsidenten alle ehemalige Nazis oder bigotte Dampfplauderer, die Bundeskanzler nicht viel mehr als vorhergehende und nachfolgende Inkarnationen von Helmut Kohl, die Parteien eine heuchlerische Mischpoke und die Gesellschaft weitgehend nur an einer schönen heilen Welt interessiert: Das Bild, das Henning Venske mit kräftigen, zornigen Strichen im Haus der Springmaus skizziert, ist alles andere als positiv. In diversen Schattierungen von Schwarz lässt der Satiriker, der 57 Jahre lang das politische Kabarett prägte und sich nun vom Tourleben zurückziehen will, in seinem finalen Programm „Summa Sumarum“ die Zeit seit dem zweiten Weltkrieg Revue passieren – und hat dabei nicht viel Gutes zu erzählen. Schließlich wird am Ende abgerechnet. Und zwar gnadenlos.
Drei auf einen Streich: Bei der A-Cappella-Nacht 2018, die das Haus der Springmaus in der Stadthalle Troisdorf veranstaltet hat, sind die Ohren des Publikums gleich mehrfach verwöhnt worden. Formationen aus Österreich, Deutschland und Schweden haben am vergangenen Samstag fantastische Stimmkunst präsentiert, sind in die Volksmusik, in den Jazz und in den Rock eingetaucht und haben dabei einmal mehr das enorme Potential aufgezeigt, das abseits des clownesken Blödel-Vokalpops in der a-cappella-Szene zu finden ist.
Rainer Maria Rilke zählt ohne Zweifel zu den beeindruckendsten Lyrikern der deutschen Literatur. Seine fantastische Bildsprache und eine verdichtete, ebenso elegante wie komplexe Poesie pulsieren mit einer Vitalität, die ihresgleichen sucht – zumindest, wenn sie entsprechend gelesen oder vorgetragen wird. Doch genau daran scheitert Maren Pfeiffer bei ihrer zum Monolog reduzierten Inszenierung von „Die weiße Fürstin“ kläglich. In der Pathologie versucht sie, dem dramatischen Gedicht und seiner Protagonistin, die sich nach dem abwesenden Gatten verzehrt und zugleich von ihrer Schwester in fast schon inzestuöser Art und Weise umschwärmt wird, Leben einzuhauchen und vermag es doch nicht, die Verse mit einer gelungenen Linienführung aufblühen zu lassen.
Ninjas auf der Bühne, klingende Kunststoffröhren als Musikinstrumente, ein „Hu-Ha“-Chor und eine Gitarre, die von fünf Künstlern gleichzeitig gespielt wird: Einen Mangel an Kreativität kann man Walk off the Earth wirklich nicht vorwerfen. Die Band aus Kanada, die mit ungewöhnlichen Cover-Songs bei Youtube eine gigantische Fan-Basis gewonnen hat und längst auch mit eigenen Titeln für Furore sorgt, lässt sich auch auf ihrer aktuellen Tour immer wieder was einfallen, um sich von der Masse der Pop-Bands abzuheben. Doch was in der digitalen Welt hervorragend funktioniert, kann in der realen nicht so ganz überzeugen. Im Kölner Palladium bleiben WOTE trotz aller Bemühungen und eines ausgelassenen Publikums ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Denn manche ihrer Songs erfordern einfach eine Nähe, die an diesem Abend nicht herzustellen war.
Irgendwas fehlt. Und es sind nicht die restlichen Wise Guys, mit denen Eddi Hüneke ein Vierteljahrhundert lang unterwegs war. Nein, die klingen immer noch in jeder Silbe mit, die der charmante Sänger mit dem Pferdeschwanz bei seinen ersten Solo-Erfahrungen in die Welt entlässt. Melodiebögen und Phrasierungen, Wendungen und Arrangements sind Schlaumeier-geprägt, obwohl mit Gitarre und Klavier ein paar neue Klänge in die Musik einfließen. Hat man so nicht anders erwartet. Und doch ist Hünekes Auftritt im Bonner Pantheon nicht ganz rund, trotz einer beträchtlichen Bandbreite, feiner Balladen und der ein oder anderen Überraschung. Weil eben irgendwas fehlt. Ein Funke, ein Impuls, ein kleiner Schub, um vollends aus dem Schatten des Vokalpops herauszutreten und einen eigenen Weg einzuschlagen.
Wer nicht fragt, bleibt dumm. Oder hat zumindest das Konzept nicht verstanden, mit dem Wigald Boning und Bernhard Hoëcker gemeinsam im Haus der Springmaus antreten. Immerhin sind die beiden Entertainer Klugscheißer aus Überzeugung und können zu jedem Thema etwas sagen, egal ob sie davon etwas verstehen oder nicht. Das muss man doch ausnutzen. Wie schon bei „Genial daneben“ stellt sich das dynamische Duo dem Wissensdurst des Volkes und beantwortet in der von ihnen gewohnten Mischung aus Geistesblitzen, Allgemeinbildung und völligem Blödsinn jede nur denkbare Frage aus dem Saal. Was mitunter sehr lustig ist – oft aber auch das zentrale Problem.
An diesem Abend verbrauchen die Instrumente viel Luft. Sehr viel Luft. Fröhlich atmen die Bälge der fünf Akkordeons, deren Besitzer der Niederländer Servais Haanen in seiner inzwischen zehnten Akkordeonale zusammengebracht hat, atmen ein und aus wie künstliche Lungen und singen dabei auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Immerhin hat sich das Akkordeon in den gerade einmal zweihundert Jahren seiner Existenz überall auf der Welt etabliert und ist aus vielen Volksmusiken nicht mehr wegzudenken. Diese Vielfalt will Haanen mit seiner Konzertreihe präsentieren.
Ein weites Feld, geteilt durch einen weißen Zaun. Im Hintergrund drei Gestalten in barocken Frauenkleidern, Mütter, Töchter, Witwen, Waisen, wer weiß das schon. Sie sind zu weit weg, um sie klar zu erkennen, betreffen den Zuschauer zunächst nur am Rande. Dieser nimmt sie wahr, folgt ihren Bewegungen, ihre Eroberung des Felds, sieht sie zu unheimlichen, bedrohlichen, aufreibenden Klängen näherkommen, langsam tanzend, immer näher, näher, näher, bis sie schließlich an die Grenze gelangen. Und diese in ein Gräberfeld verwandeln. Intensive, erschreckende und leider auch überaus aktuelle Bilder, mit denen das Bonner Tanzfestival „Into the Fields“ am vergangenen Freitag eröffnet worden ist. Und das erstmals nicht wie sonst im Theater im Ballsaal, sondern auf dem Gelände des KunstRasens in den Rheinauen, das die nötige Tiefe bot, um die Choreographie „Trophée“ von Rudi van der Merwe adäquat umzusetzen.
Es ist still in der Harmonie. Ganz still. Keiner rührt sich, kein Husten, kein Räuspern, kein Flüstern durchdringt den Raum. Alle sind viel zu fokussiert auf Awa Ly, sind berührt und bewegt von dieser charismatischen Sängerin, die gerade in einer emotionalen Ansprache all jener gedenkt, die auf der Suche nach einem besseren Leben im Mittelmeer ertrunken sind. Über 50.000 Menschen schließt die 41-Jährige mit tränenschwangerer Stimme in ihr Gebet ein, 50.000 Seelen, die Besseres verdient hätten. Mehr Respekt. Mehr Mitgefühl. Mehr Menschlichkeit. Es ist der mit Abstand intensivste Moment eines Konzerts, das niemand hätte verpassen sollen, eines, in dem so ziemlich alle Gefühle zum Tragen kommen, Trauer und Wut ebenso wie unbändige Freude und Lebenslust. Ein Konzert eben, wie man es nur noch selten erleben darf – und das dank Awa Ly doch Wirklichkeit geworden ist.
Keine Band verkörpert das kölsche Lebensgefühl besser als die Bläck Fööss. Seit nunmehr 48 Jahren ist die Band fester Bestandteil des rheinischen Frohsinns, sowohl während als auch außerhalb des Karnevals, und ihre Hymnen sind längst essentieller Bestandteil der kulturellen DNA der Region geworden. Nun haben sich die „Nacktfüße“ für zwei restlos ausverkaufte Club-Konzerte in der Harmonie niedergelassen und sorgen sehr zur Freude ihrer Fans auf engstem Raum für jede Menge Stimmung.
Olaf Schubert ist ein Meister der Wahnsinnlichkeit. Bei keinem anderen Kleinkünstler prallt ein ausgeprägteres Selbstbewusstsein auf einen schlaksigeren Körper oder mehr satirischer Nonsens auf derart ausgeprägte Sozialkritik. In der restlos ausverkauften Oper Bonn erkundet Schubert, der so ganz nebenbei den Dilettantismus zur Kunstform erhoben hat, nun zu allem Überfluss auch noch seine erotische Seite: „Sexy Forever“ lautet der Titel seines aktuellen Programms, in dem der sächselnde Chaot mit dem hintersinnigen Humor einmal mehr ein Dickicht aus intellektuellen Verwirrstricken, mehrdeutigen Aussagen und traurigen Wahrheiten entstehen lässt. Ein Abend zum Nachdenken und Totlachen, an dem jedes Thema zum Freiwild wird, das nicht bei drei auf den Bäumen ist. Und selbst das hilft nicht immer.
Die Stimme ist so stark wie immer. Dunkel, rau, intensiv. Marla Glens Gesang war schon immer etwas Besonderes, nicht nur wegen der tiefen Basslage, in der sich die inzwischen 58-Jährige am wohlsten fühlt. Nein, da ist noch mehr. Viel mehr. Wenn sie ihr Innerstes in die Musik packt, ihre Leidenschaft, ihren Schmerz und ihr Verlangen, ist Marla Glen eine Naturgewalt, die den Blues beherrscht wie nur wenige andere. Im ausverkauften Pantheon hat sie nun genau dies getan und ein beeindruckendes Konzert präsentiert, das nur wenige Wünsche offen lässt.
Da waren's nur noch neun. Dann acht. Dann sieben. Irgendjemand hat es offenbar auf die zehnköpfige Gesellschaft abgesehen, die sich aufgrund einer mysteriösen Einladung auf Soldier Island eingefunden hat, die einsam an der Küste Devons liegt und nun zum Schauplatz einer nervenaufreibenden Abrechnung wird, bei der ein Abzählreim zur tödlichen Prophezeiung wird. „Ten little solider boys“ werden nach und nach eliminiert: Agatha Christie hat mit diesem ebenso einfachen wie genialen Konzept Literaturgeschichte geschrieben. Ihr Roman „and then there were none“ gilt bis heute als erfolgreichster Krimi aller Zeiten. Nun hat sich das neu gegründete Laien-Ensemble „dramaturgisch wertvoll“ des Stoffes angenommen und ihn in Originalsprache und sehr viel Liebe zum Detail auf die prächtig eingerichtete Bühne der Brotfabrik gebracht.
Es ist kein großes Geheimnis, dass selbst die besten Rock-Musiker nur dann gut wirken können, wenn die Techniker am Mischpult mitspielen. Ohne einen zuverlässigen Toningenieur, der Instrumente und Gesang ordentlich abmischt, sind gerade Konzerte der etwas härteren Art nur eine Qual. Genau das konnte man jetzt auch beim Auftritt von Pristine und Siena Root in der Harmonie erleben. Beide Bands hatten ihre eigenen Techniker mitgebracht, um ihren psychedelischen Retro-Hardrock zur Entfaltung zu bringen – doch während das bei den zuletzt genannten, vielseitigen Schweden mit den erdigen Wurzeln eine gute Entscheidung war, klang Pristine vor allem zu Beginn eher wie eine Schülerband bei ihrer dritten Probe, ohne jegliche Balance aneinander vorbeispielend und sich gegenseitig nicht wahrnehmend.