„Schlafende Hunde“: Trümmerfeld der Hoffnungen

Die fetten Jahre sind vorbei. Schon lange. Kein Erfolg mehr, kein Ruhm, kein Geld. An den fulminanten Frank, den Schlagerkönig im Glitzeranzug, erinnert sich heutzutage wirklich niemand mehr. Außer Danni, der sich selbst gerne als eine Art Jesus Christus der Musikindustrie bezeichnet und doch letztlich nicht viel mehr als ein schmieriger Leichenfledderer ist. Er will Frank noch einmal groß rausbringen, noch einmal Geld mit der Nostalgie der Menschen machen und allen die guten alten Zeiten vorgaukeln. Auch wenn letztlich weder weiß, dass diese nie existiert haben und jetzt erst recht nicht wiederkommen. Doch ohne Claudia, das Duo wieder zusammenzustellen – bis sich die Erkenntnis durchsetzt, dass von den Hoffnungen nur noch ein Trümmerfeld bleibt.

„Schlafende Hunde“ heißt das neueste Werk des Bonner Autoren und Dramaturgen Lothar Kittstein, das nun in der Werkstatt des Theater Bonn als letztes Stück der aktuellen Spielzeit seine Uraufführung feierte. Seine Figuren sind schon seit 25 Jahren in einem Dämmerzustand gefangen, seit jenem Tag, als die Karriere von Frank zerbrach und er seine Claudia verließ, um woanders sein Glück zu suchen. In all der Zeit sind sie zahnlos geworden, gerne bellend, aber sich nicht länger im Leben verbeißend: Frank selbst scheint nicht so ganz an seine geplante Widerauferstehung zu glauben, lässt sich aber gerne von Danni hofieren und genießt den Traum von ein paar späten Strahlen Rampenlicht, während Claudia sich zwar abgebrüht und knallhart gibt, in ihrem Herzen aber doch dem Leben als unschuldiger Teenie-Star hinterhertrauert. Kein Wunder, hat die Gegenwart doch beiden nichts zu bieten außer der ständigen Erinnerung an einen tiefen Sturz. Mit sadomasochistischer Wollust suhlen sie sich in den Resten ihrer Vergangenheit, in die sie nur zu gerne zurückkehren würden. Doch eine echte Perspektive? Ist nicht in Sicht, weder für sie noch für Dennis, den antriebslosen Sohn von Claudia, der nach und nach zum Zankapfel zwischen ihr und dem vermeintlichen Vater Frank wird. Denn über ihn könnte man sich a vielleicht noch einmal definieren. Selbst Danni, der zunehmend desillusioniert wird, will sich diese Chance nicht nehmen lassen. Und scheitert letztlich doch, zu Grunde gerichtet wie alle anderen auch.

Regisseur Stefan Rogge hat Kittsteins großartiges Kammerspiel mit einem guten Gespür für die Tragik der Hoffnungslosigkeit inszeniert und ein überzeugendes Ensemble zusammengestellt. Alois Reinhardt verleiht Danni einen schmierigen, aalglatten Anstrich, ohne dabei zum Widerling zu werden, während Klaus Schweizer als Frank dermaßen um ein selbstbewusstes Auftreten bemüht ist, dass das Fallen dieser Maske – inklusive Toupet – umso bestürzender wirkt. Birte Schrein begeistert derweil als die rigorose Vorzeige-Proletarierin Claudia, hinter deren tougher Fassade ein verletzlicher Charakter verborgen ist. Und Manuel Zschunke ist als lebensunfähiger Dennis so herrlich hilflos, dass es eine Freude ist. Die knapp zwei Stunden ohne Pause vergehen dank einer durchweg starken schauspielerischen Leistung und eines tragisch-komischen Textes wie im Flug und lassen das Publikum am Ende ebenso begeistert wie betroffen zurück.

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