Die beste Musik ist in der Regel zeitlos. So wie die von Lynyrd Skynyrd: Die legendären Südstaaten-Rocker, die am vergangenen Samstag auf dem Bonner KunstRasen zu Gast waren, haben während ihres kompakten 80-Minuten-Auftritts eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Songs auch nach einem halben Jahrhundert nichts von ihrer Kraft verloren haben und bis heute ganze Generationen prägen können. Die Formation um Sänger Johnny Van Zant, den jüngeren Bruder des 1977 bei einem tragischen Flugzeugabsturz verstorbenen Bandgründers Ronnie Van Zant, klang selbst dann modern, wenn sie Klassiker wie „Free Bird“ auspackte, und auch wenn das Konzert ruhig ein wenig länger hätte sein können, feuerten Lynyrd Skynyrd in dieser Zeit doch mehr Hits raus als andere in drei Stunden. In der Kürze liegt eben die Würze. Zumindest in diesem Fall.
Der Name ist Programm: Das Quartett Federation of the Groove um Pianist Martin Sasse und Top-Gitarrist Bruno Müller hat bei der letzten Dottendorfer Jazznacht vor der Sommerpause pulsierende Rhythmen und virtuose Melodien kongenial miteinander verwoben und sich sehr zur Freude des Publikums gegenseitig mit Ideen bombardiert, die zu einigen fantastischen Ausflügen einluden und doch stets den Weg zurück nach Hause fanden. Kompositionen vom nach der Band benannten Debütalbum wechselten sich mit eigenwilligen Interpretationen von Jazz-Standards ab, stets entspannt und doch zugleich mit mehr oder weniger deutlichen Funk-Bezügen. Klingt nach einem Widerspruch, ist es aber nicht, wie die Vier im Dottendorfer Ortszentrum zeigen – und dieses Konzept sogar auf Cole Porter auszuweiten verstehen.
Ja, er tanzt immer noch, mit grell blondierten Haaren und mit Lederjacke, ein bisschen gealtert, aber noch immer so fit wie damals: Niemand geringerer als Rock-Ikone Billy Idol hat am vergangenen Sonntag die Open-Air-Saison 2025 des Bonner KunstRasens mit einem energiegeladenen, kraftvollen Auftritt eröffnet und damit für einen Auftakt gesorgt, wie er besser kaum hätte sein können. Zusammen mit New Model Army im Vorprogramm setzt er gleich zu Beginn den ersten Höhepunkt eines Musikspektakels, das größer und stärker werden dürfte als je zuvor. Und das mit Künstlern, die heutzutage noch genauso relevant sind wie vor 40 Jahren. Und genauso gut.
Ein Intendant hat es nicht leicht. Erst recht nicht als Leiter eines freien Hauses. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach ernsthaftem und tiefgründigem Theater, auf der anderen der des zahlenden Publikums, auf dessen Wohlwollen man schlichtweg angewiesen ist. Beides in Einklang zu bringen, das ist die große Kunst. Diesen Balanceakt muss Frank Oppermann jedes Jahr aufs Neue wagen, und jedes Jahr ist es eine große Herausforderung für den Chef des Kleinen Theaters. Auf der Außenbühne unter der Zeder hat er nun auf Einladung der Freunde und Förderer des Kleinen Theaters Bad Godesberg ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert und enthüllt, was alles geschehen muss, damit ein Stück überhaupt inszeniert werden kann.
„Was in meinem Kopf herumspukt, das wollen Sie gar nicht wissen“, behauptet Moritz Netenjakob. Da irrt er. Ganz im Gegenteil wollen die Besucherinnen und Besucher der Springmaus genau das. Deswegen sind sie schließlich gekommen, wegen satirischer Geschichten über Gender-Sternchen (im besten Loriot-Stil) und über Fan-Gesänge in der Philharmonie, wegen der deutschen Antwort auf „Independance Day“ und auch wegen der Dialoge zwischen Udo Lindenberg, Peter Maffay und Rainer Calmund. Es geht eben gerade um diese Kopfgeburten eines leidenschaftlichen Kabarettisten, der sein eigenes Licht unter den Scheffel stellt und hinter den Kulissen ein gefragter Autor diverser Comedy-Formate agiert und auch für viele seiner Kolleginnen und Kollegen schreibt. Einst war er sogar Hausautor im Haus der Springmaus – wo Netenjakob jetzt mit seinem Best-of-Programm „Das Ufo parkt falsch“ einen Einblick in seine Gedankenwelt ermöglicht.
Der Regen ist ausgeblieben, die Katastrophe auch: Die Bonner Theaternacht war für viele, wenn nicht gar für alle beteiligte Akteure ein großer Erfolg. Sahen die Vorverkaufszahlen noch 48 Stunden zuvor alles andere als gut aus, stürmten Bürgerinnen und Bürger am Termin selbst in Scharen zu dem beliebten Veranstaltungsmarathon, an dem sich etliche freie Gruppen sowie fast alle relevanten Theater der Bundesstadt präsentierten, Ausschnitte aus zukünftigen Produktionen zeigten oder einfach nur einen schönen Abend bereiteten. Vor etlichen der insgesamt 30 Spielstätten waren schon zu Beginn lange Schlangen zu sehen, viele der so genannten Startervorstellungen waren auf einmal ausverkauft – und die Ensembles sorgten dafür, dass sich das Warten ebenso sehr lohnte wie das Weiterziehen. Denn nur wer mit offenen Ohren und neugierigem Blick von Ort zu Ort wanderte, konnte den wahren Reichtum und die Vielfalt der Bonner Kulturszene so richtig schätzen. Auch kultur-kritik war unterwegs und hat längst nicht alles, aber zumindest einiges sehen können. Und manches leider nicht.
„Ihnen darf nichts peinlich sein“: Diesen Satz hasst Jan Preuß. Vor allem, weil er wahr ist. Als Erzieher kann man sich offenbar gar nicht oft genug zum Affen machen, wenn man es den Kindern, den Eltern und der Kita-Leitung recht machen will. Also wird gemalt und gebastelt, getanzt und gesungen. Aber selbst der bereitwilligste Clown kommt irgendwann an seine Grenzen. Zum Beispiel bei Liedern wie „Nackidei“. Oder „Ein Schneider fängt ne Maus.“ „Er zieht ihr ab das Fell, er zieht ihr ab das Fell…“ Ja klar. Da sind die Kinder schon traumatisiert, bevor sie auch nur einen einzigen Klassenraum von Innen gesehen haben. Und die Erzieherinnen und Erzieher? Werden entweder zynisch oder verrückt. Oder Comedian, so wie Preuß, der im restlos ausverkauften Haus der Springmaus aus dem Kita-Nähkästchen plaudert. Und so manches Elternteil nervös macht.
Der Regen prasselt auf Köln nieder, nicht sonderlich stark, aber anhaltend. Den Besucherinnen und Besuchern der c/o Pop ist dies offenbar egal: Sie drängen in die Clubs in Ehrenfeld, die an diesem Donnerstag im Rahmen des Festivals zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne bieten, und sind offen für alles, was da kommen mag. Immerhin ist die c/o Pop in erster Linie ein Format für die Stars von morgen und ein Spiegelbild der aktuellen urbanen, elektronischen und alternativen Szene – wer neugierig ist, kann hier so einiges entdecken. Allein an diesem Tag stehen 26 Konzerte auf dem Programm, eine bunte Mischung an Klangfarben und Stilarten, die sich immer mehr einer einfachen Klassifizierung verweigern. Was sie gerade dadurch erst so richtig spannend macht.
Sonderlich viel Deutsch ist nicht hängen geblieben bei Jean-Pierre Bokondji alias Jupiter. Dabei ist er doch hierzulande aufgewachsen, als Diplomatensohn in Ost-Berlin, damals in den 60er und 70er Jahren. Aber nach mehr als 45 Jahren sind die Sprachkenntnisse „kaputt“, wie Jupiter lachend während des kurzen Interviews gesteht, das der Kongolese unmittelbar vor seinem „Over the Border“-Auftritt im Pantheon gibt. „Neger“, das kann er noch sagen, „Neger“, wie er damals von den Menschen auf der Straße bezeichnet wurde und wie er ein paar Jahre später seine erste Band nannte, in der die Musik seiner Heimat mit europäischem Rock fusionierte. Ja, Grenzen hat Jupiter schon zu jener Zeit nur zu gerne überschritten, und zwar teilweise wörtlich. „Wir lebten im Osten, aber meine Schule war in West-Berlin“, erzählt er. „Es war schon ironisch, dass ich als ’Neger’ die Mauer passieren durfte, während die Bürgerinnen und Bürger der DDR abgewiesen wurden.“
Was für eine Stimme, was für eine Performance, was für eine Ausstrahlung: Božo Vrećo ist schon ein ganz besonderer Mensch bosnischer Herkunft, einer, der die traditionelle Sevdalinka meisterhaft zu singen versteht, in der die Schwermut eigentlich eine ähnliche Bedeutung besitzt wie im Fado die Saudade. Nur dass Vrećo als nichtbinäre Persönlichkeit die melancholischen Elemente durch unbändige positive Energie ersetzt, um die Harmonik und Rhythmik der bosniakischen Musik neu zu befeuern. „Sevdah ist Freiheit, Liebe und Mut“, hat Vrećo im vergangenen Jahr in einem Interview mit dem queren Magazin Siegessäule betont – und jetzt bei einem Konzert im Pantheon bewiesen, dass es sich dabei nicht etwa um Worthülsen handelt. Sondern um Leitlinien für eine beeindruckende Künstlerkarriere.
Für Journalisten allgemein und für Kriegsberichterstatter im Besonderen gilt die Prämisse, das man nah dran sein muss am Geschehen, um Reportagen schreiben zu können. Ohne Gespräche mit Augenzeugen und Fotos von in Trümmern liegenden Städten sind die Schrecken eines solchen Konflikts nur schwer erzählbar. Doch vor allem die Redakteure aus dem Ausland brauchen Hilfe vor Ort, Menschen, die vermitteln können und Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben würden. In der Ukraine sind dies die so genannten Fixer. Sie organisieren Reisen, schätzen das Risiko ein, übersetzen und geben so Impulse für das Narrativ, das in die Welt hinausgetragen wird. Nun hat das Kölner Theaterkollektiv Futur3 diesen Personen mit dem Rechercheprojekt „Making the Story“ ein Denkmal gesetzt. Am 13. März findet die Uraufführung in Depot 2 des Schauspiels Köln statt.
Vor 20 Jahren waren Franz Ferdinand ganz oben. Die Schotten katapultierten sich damals an die Spitze des Britpop, indem sie Elemente des New Wave und des Rock hineinmischten, ein paar dunkle Elemente hinzumischten und das Gaspedal durchdrückten, um einen herrlich tanzbaren und gleichzeitig krachenden Sound zu schaffen. Die Position an der Spitze haben die Thronfolger – Franz Ferdinand benannten sich nach dem habsburgischen Thronfolger, dessen Ermordung in Sarajevo 1914 zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs führte – inzwischen nicht mehr inne, live sind sie aber weiterhin für eine Party gut. Auch mitten im Karneval. Und so lockt die Band ein buntes Publikum in die Kantine, Teenager ebenso wie Mittfünfziger, schwarzgewandete Semi-Goths ebenso wie den ein oder anderen Jecken, die alle nur das eine wollen: Spaß. Was sie auch bekommen.
Wenn Helene Bockhorst den Mund aufmacht, entsteht schnell der Eindruck, dass der Abend lang werden könnte. Sehr lang. Da steht eine Frau auf der Bühne, die man vielleicht als graues Mäuschen bezeichnen könnte, wenn sie nicht einen quietschbunten Ganzkörperanzug tragen würde, und erzählt mit monotoner und träger Stimme von Pferden, Live-Hacks, ihrem Sex-Leben und ihren Lieblingserinnerungen an die Kreide- beziehungsweise Schulzeit. Na, das kann ja heiter werden. Doch der erste Eindruck täuscht. Denn hinter der scheinbar schüchternen Person verbirgt sich ein gewitzter Verstand, der geschickt die Form der Stand-Up-Comedy nutzt, um mit Erwartungen zu jonglieren. Was besser klappt als mit Bällen.
Was nicht gesendet wird, ist häufig genug am lustigsten: Das behauptet zumindest die WDR2-Moderatorin Steffi Neu. Eine Aussage, die angesichts der sehr beschränkten Radiozeit nicht allzu verwunderlich ist, aber dennoch eine Verifizierung verdient hat. Nicht zuletzt weil dann der Spaß erst so richtig losgehen kann. Also hat Frau Neu kurzerhand den Fußball-Experten Sven Pistor, den Notfall- und Lungenfacharzt Doc Esser sowie den Kabarettisten und Sprach-Parodisten René Steinberg eingeladen, mit ihr zusammen auf die Bühne der Springmaus zu gehen und mal jene Gespräche zu führen, die sonst zu kurz kommen. Was tatsächlich überaus unterhaltsam ist. Vor allem dann, wenn die vier auf Skripte verzichten. Und einfach drauflos reden.