John Cleese: Tabus, Tod und Yak-Milch

Das Bekenntnis kommt ohne großes Zögern. „Es gab keinen tieferen Sinn, wir haben einfach nur alberne Dinge gemacht“, gesteht John Cleese mit Blick auf seine Anarcho-Truppe Monty Python, mit der er Ende der 60er und Anfang der 70er sämtliche Regeln brach. Einfach, weil man es durfte. In der Kölner Philharmonie blickt der legendäre britische Comedian genüsslich zurück auf jene Zeit, in der er und seine Kollegen absolute Narrenfreiheit genossen. „Wir hatten keinen Plan. Wir haben einfach nur gespielt“, sagt er. Und das von einem Mann, der im Zuschauerraum zur Sicherheit gleich drei Teleprompter hat anbringen lassen, um ja nicht vom Skript abzuweichen, obwohl er diese Hilfe eigentlich überhaupt nicht braucht. Ein bisschen paradox ist das schon. Und gerade deswegen auch ein bisschen pythonesk.

Mit 78 Jahren ist Cleese wieder auf Tour, angeblich wegen seiner dritten Ex-Frau, die bei der Scheidung eine millionenschwere Abfindung zahlen musste. Aber vielleicht auch, weil das Publikum ihm immer noch zu Füßen liegt und seinen Ausführungen über die Kunst des Humors gerne folgt, über den unerwartbaren Wahnsinn und die Dekonstruktion von Konventionen. Umso bedauerlicher ist es, dass die Show selbst dem Zufall und der Spontanität keine Chance lässt. So hätte es der bemüht konstruierten Anweisungen aus dem Off gar nicht bedurft, die das Publikum zu stehenden Ovationen und einer kollektiv gesprochenen Laudatio auffordern – einer gekünstelten Beweihräucherung also, die (trotz ihres Umschwungs zu einer Beleidigung) in ihrer Machart so ziemlich allem widerspricht, wofür John Cleese eigentlich steht. Schade.

Andererseits ist John Cleese wirklich ein herausragender Erzähler. Herrlich, wie er eine skurrile Hotelerfahrung nach der anderen aufleben lässt und dabei auch auf jene zu sprechen kommt, die als Vorlage für die Serie „Fawlty Towers“ diente. Oder wie er sich überaus tiefgründig mit „Life of Brian“ auseinandersetzt, jenem Film also, den zahlreiche große Glaubensgemeinschaften in den USA in einer bis dato einmaligen Übereinkunft kollektiv verdammt hatten. Oder wie er sich mit dem Tod auseinandersetzt. Dem seiner Mutter, seinem eigenen (nicht umsonst lautet der Titel des Programms „Last Time To See Me Before I Die“) und dem von allen anderen in der Philharmonie. Darüber muss man ja auch mal lachen können.

Ohnehin liebt John Cleese es, Tabus zu brechen – oder zumindest so zu tun. Rassistische Witze? Kein Problem, davon kennt er genug. „Ich versuche, ihnen wieder zu ihrem früheren Ruhm zu verhelfen“, sagt er, unterscheidet aber zugleich zwischen bösartigen und „liebevoll-neckischen“ Pointen. Nur letztere seien akzeptabel, so Cleese, der sich damit letztlich im Mainstream bewegt und längst nicht so aufrührerisch ist, wie er tut. Aber es geht ihm eh um etwas anderes, nämlich um die vielfach angeführte „Political Correctness“, jene Überempfindlichkeit, die schon Monty Python immer wieder ins Visier genommen hat. Cleese analysiert, warum Menschen über zerquetschte Yorkshire Terrier eher lachen können als über Schäferhunde mit einem ähnlichen Schicksal, welche Macht Klischees besitzen und wie man albern sein kann, ohne peinlich zu wirken – auch wenn die über einem Gast aus dem Publikum vergossene Yak-Milch ausdrücklich nicht in diese Kategorie passt. Egal. Als Lehrstunde ist der Abend mit John Cleese auf jeden Fall überaus informativ und unterhaltsam. Am Ende dankt das Publikum ihm denn auch mit stehenden Ovationen. Da braucht es auch keine Aufforderung mehr. Die hat sich Cleese schlichtweg verdient.

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