Dagmar Schönleber: Respekt mit Zuckowski

Eigentlich wäre es doch so einfach: Wenn die Menschen nur ein bisschen besser miteinander umgehen würden und etwas mehr Respekt für andere zeigen würden, ginge es der Welt mit Sicherheit weitaus besser. Weil es aber nicht so ist, muss eben Dagmar Schönleber ran. Die Wahl-Kölnerin hat es sich zur Aufgabe gemacht, zumindest mal ihr Publikum wieder auf den Pfad der Tugend zurückzubringen. Irgendwer muss es ja machen. Warum also nicht eine Kabarettistin, die nach dem Biss einer radioaktiven Kindergärtnerin mitunter eine tiefschwarze Färbung bekommt und dann als Super-Woman-Version von Fräulein Rottenmeier Jugendliche, AfDler und sonstige verkommene Subjekte erzieht? In der Pantheon-Lounge fängt sie derweil eine Nummer kleiner an – und kann dank einiger schöner Einfälle auch erste Erfolge vorweisen.

Dabei sieht es am Anfang noch so aus, als würde der Abend eher peinlich denn unterhaltsam werden. Die bemühte Befragung der Gäste, das erzwungene Händeschütteln mit den Nachbarn und die durch den Saal hallenden Lobpreisungen wirken unnötig gestelzt, hat aber im Gegensatz zu dem im späteren Verlauf initiierten Knigge-Quiz wenigstens noch eine Funktion für das Gesamtkonzept des Programms. Doch je mehr sich Dagmar Schönleber zur klassischen Kabarettistin wandelt und auf Pointen statt auf Belehrungen setzt, um so mehr vermag sie zu überzeugen. Schließlich kann sie auch auf diese Weise Aufklärungsarbeit leisten, etwa indem sie über die Geschichte des Respekts von der Steinzeit bis zu den Alt-68ern referiert oder indem sie von der Konfliktberatung auf dem urbanen Pavianfelsen namens „Achte Klasse“ erzählt. Klasse, vor allem da Schönleber erst so richtig gut wird, wenn sie böse wird. Scharfzüngig. Bissig. Herrlich, wie sie etwa mit der deutschsprachigen Pop-Musik abrechnet, mit den Jammer-Balladen eines Max Giesinger oder eines Wincent Weiss sowie mit den Glücksbärchi-Wohlfühlsongs eines Mark Forster. „Da weiß ich überhaupt nicht, wo ich mit dem Rotstift anfangen soll“, sagt sie völlig zu Recht – und steigt kurzerhand in ein Rolf-Zuckowski-Mitmachlied ein. „Ich mach's nicht besser, aber anders.“ Was gar nicht mal schlecht ist.

Letztlich versteht es Dagmar Schönleber dann auch, die Menge mit ihrem Charme und ihrer mitunter schnodderigen Art zu begeistern, vor allem wenn sie auf ihre Erziehungsmethoden verzichtet und stattdessen Vorschläge für kollektive Aktionen unterbreitet. Internet-Hass mit Liebesbotschaften bekämpfen und eine Armee von „Trolls of Love“ aufzustellen, ist auf jeden Fall eine schöne Idee. Eine, mit der man den intellektuellen Neandertalern geschickt ihre verbalen Keulen entzieht und ihnen Blumenketten umhängt. Ob es funktioniert? Das weiß keiner. Aber allein die Vorstellung davon bringt weitaus mehr als jeder Knigge-Quiz.

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