Jakob Heymann und Falk: Gesungene Dada-Spitzen

Was singt man, wenn die Welt um einen herum am Boden liegt? Depressionssongs? Protestlieder? Gibt es schon mehr als genug, und erstere sind ohnehin Stimmungskiller, während letztere gleich wieder so ernst wirken. Falk und Jakob Heymann haben sich stattdessen für zynische Hass-Tiraden mit Dada-Charme entschieden, Stücke also, die anprangern und zugleich der Realität mit einer gehörigen Portion Wahnsinn begegnen. Bei ihrem charmanten Doppelkonzert in der Pantheon-Lounge wettern die beiden Liedermacher gegen Schnulzensänger, Raucher, die Natur und den perfekten Torben, gegen in Plastik eingeschweißte Bio-Bananen und Hungersnöte – und mitunter auch augenzwinkernd gegen sich selbst.

Dabei haben Falk und Heymann großen Spaß daran, über alles und jeden zu lästern, meistens abwechselnd, mitunter aber auch gemeinsam. Zu gut ergänzen sich die beiden, die so unterschiedlich klingen und doch Brüder im Geiste sind: Heymann, der dem Rap zu Gunsten des Liedermachertums abgeschworen hat und seine von Silben überfluteten Texte mit nonchalant verklärter Stimme und einer spürbaren Freude an Klangexperimenten darbietet; und Falk, der musikalisch weitaus klarer ist und eher noch das Erbe seines Mentors Götz Widmann weiterträgt, der viel besser singt und viel böser ist als sein Bühnenkollege und doch nicht die gute Laune verliert. „Ich beleidige gerne alle“, sagt der bekennende Stadtmensch, der skurrilerweise Smogsehnsucht hat und zugleich das Artensterben der Nikotinsüchtigen als Befreiung feiert. Heymann dagegen geht etwas subtiler und subversiver vor, nutzt Collagen, baut Zitate ein und lässt sich dafür sicherheitshalber direkt am Anfang einmal ausbuhen, damit er danach machen kann, was er will. Seine Kunst scheint dabei mitunter stark von Rainald Grebe inspiriert zu sein, samt unerwarteter Wendungen und verrückter Einfälle, samt Gebell und Gewimmer und fröhlichem Zerstückeln von allerlei Liedgut. „Das ist ja fürchterlich“, kommentiert Heymann eine seiner improvisierten Exkursionen einmal selbst. „Warum schmeißt ihr keine Flaschen?“ Wozu? Dafür ist der Abend einfach zu unterhaltsam. Und das könnte bei den Liedermacher-Konzerten Anfang Juli ebenfalls so sein. Am 5. Juli trifft dabei die Ex-Schandmaul-Geigerin Anna Katharina Kränzlein auf Prinz Chaos, während am 8. Juli der bislang eher unbekannte Florian Franke auftritt.

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