Mark Forster: Handzeichen der Liebe

4000 Hände sind in der Luft, winken in Richtung Bühne, senden Liebe in Richtung Mark Forsters. Wir sind ja da, sagen sie. Ein Statement, das dem 32-Jährigen viel bedeutet. „Ich war vor kurzem noch in Bordeaux, habe einen schönen Rotwein getrunken und es mir gut gehen lassen, aber das war längst nicht so schön wie hier in Bonn“, gesteht er. Gut, würde er wahrscheinlich in jeder anderen Stadt genau so von sich geben, aber letztlich ist es genau das, was das Publikum hören will. Für diese netten Worte bejubelt es den Sänger, der mit seiner Mischung aus  HipHop, Pop und Singer-Songwritertum an den Rhein gekommen ist und sein neues Album „Tape“ vorstellt. Und dabei dank Lausbuben-Charme und abwechslungsreicher Musik für jede Menge guter Laune sorgt.

Festlegen lässt Forster sich nicht: Immer wieder sucht er neue stilistische Ansätze, bleibt zwar eindeutig im radiotauglichen Pop verhaftet, lotet darin aber alle Möglichkeiten aus. Mal kommen die Dancefloor-Beats von Felix Jaehn zum Einsatz, dann wieder reizvolle Rock-Anleihen, großartig scharfe Bläsersätze oder – in „Chöre“ – kurzerhand die Harlem Gospel Singers. Letztere ruft Forster in einem Fake-Anruf in übelstem Denglisch an, was leider recht albern wirkt und auf die frühere Zusammenarbeit mit Kurt Krömer verweist. Schade, zumal das Potenzial der wohl besten, zumindest aber berühmtesten Gospelformation der Welt noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft wird. Doch das ist dem Publikum egal, das begeistert zu den musikalischen und lyrischen Ergüssen des Sängers tanzt, egal ob die nun aus geschickt verkleideten und mit Dampfkanonaden überzogenen Binsenweisheiten und Plattitüden bestehen oder aus ehrlichen, persönlichen Geschichten wie etwa in dem an Forsters kleine Schwester Nathalie gerichteten gefühlvollen Lied.

Schon im Vorprogramm war diese Diskrepanz zwischen kreativer Vielfalt und poppigem Einheitsbrei zu spüren. Weniger bei dem Neuwieder  Singer-Songwriter Thilo Distelkamp, der ein von Radio Bonn/Rhein-Sieg veranstaltetes Casting gewonnen hatte und so den Abend eröffnen durfte, als vielmehr bei der französischen Pop-Chanseuse Louane. Die 19-Jährige sorgte mit ihren in die Beine gehenden Stücken ohne Probleme für Stimmung, setzte aber mitunter ein wenig zu sehr auf Disco-Beats. Hat sie eigentlich gar nicht nötig. Vor allem wenn die Arrangements so reduziert wurden, dass Louanes klare Stimme ihre Flügel ausbreiten konnte, zeigten sich die Qualitäten der hübschen Blondine. Alles weitere muss sich finden. Wenn sie ein bisschen mehr Profil gewinnt, ein paar zusätzliche Ecken und Kanten, nicht mehr ganz so glatt wirkt, sondern eher den Weg von Künstlern wie Zaz einschlägt, dürfte Louane mehr erreichen als ihr mit Robin-Schulz-ähnlichen Rhythmen unterlegter Hit „Avenir“ vermuten lässt. Das Potenzial hat sie auf jeden Fall. Und den Spaß auch.

Den strahlt auch Mark Forster aus, der neben neuen Titeln natürlich auch die alten Songs nicht außen vor lässt. „Stimme“ ertönt ebenso wie das zum Springen animierende „Auf dem Weg“ („Do the Hocking“, fordert Forster das Publikum dabei auf) – und natürlich gegen Ende „Au Revoir“. Ein kleiner Abschiedsgruß in Richtung des begeisterten Publikums, das sich noch eine Zugabe erklatscht und schließlich, als auch diese Geste keine Wirkung mehr zeigt, noch ein Mal die Arme hebt und ein letztes Liebeszeichen in Richtung Bühne sendet. 

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