OnAir: Erleuchtung für die Ohren

OnAir haben derzeit allen Grund zum Strahlen. In den drei Jahren seit ihrem allerersten Konzert hat das a-capella-Sextett so ziemlich alles erreicht, was in ihrem Genre möglich ist, hat alle großen Wettbewerbe gewonnen, zwei CARA-Awards erhalten und stehende Ovationen von Mitgliedern der Real Group, der Swingle Singers und von Rajaton bekommen. Jetzt ist das Berliner Vokal-Ensemble mit dem neuen Programm „Illuminate“ auf Tour – und auch wenn (bei extrem hoch angelegter Messlatte) bei ihrem frenetisch bejubelten Auftritt im Haus der Springmaus noch winzige Schwächen offenbar werden, ist die phänomenale Darbietung doch ohne Zweifel dank überragender Stimmen und exzellenter, kreativer Arrangements eine Erleuchtung für die Ohren.

Normale Maßstäbe kann man an ein OnAir-Konzert nicht länger anlegen. Dafür sind Jennifer Kothe, Marta Helmin, André Bachmann, Stefan Flügel, Patrick Oliver und Kristofer Benn einfach zu gut, und wer innerhalb von 24 Monaten sowohl beim Aarhus Vocal Festival als bei vokal.total, bei der World Contemporary A Capella Competition und beim Tampere Vocal Music Festival Gold holt, spielt ohnehin in der Königsklasse. Dementsprechend hat OnAir auch Kritik auf allerhöchstem Niveau verdient – und dabei zeigt sich, dass bei „Illuminate“, so großartig das Programm auch ist, in der Feinabstimmung noch längst nicht alles so läuft, wie man es erwarten könnte. Ja, es sind nur Kleinigkeiten, die den meisten Zuhörern ohnehin kaum auffallen, wie etwa die ein wenig zu spät kommenden Impulse bei dem etwas zu braven „Der Weg“, die nicht ganz auf den Punkt gebrachten Einsätze und Anschlüsse bei „The Pretender“ oder auch die fehlende Vehemenz bei der Crossover-Punk-Nummer „Killing In The Name Of“ von Rage Against The Machine. Manches mag auch an der Technik liegen, einiges ist vielleicht sogar so gewollt und erschließt sich nur nicht direkt, und alles wird sich mit Sicherheit im Laufe der gerade erst gestarteten Tour – das Konzert in der Springmaus ist der erste nach der Premiere – noch einschleifen. Und ja, diese Kritik an einem an sich umwerfenden Auftritt mag jetzt extrem pingelig klingen. Doch wer sich so wie OnAir ernsthaft um den Thron der a-capella-Szene bewirbt, muss sich auch dementsprechend messen lassen.

Ohnehin zeigen OnAir auch immer wieder, wie atemberaubend sie sein können, wenn wirklich alles perfekt sitzt. Unglaublich gut etwa das Medley aus der eindrucksvollen OnAir-Eigenkomposition „Children Of The Deep“ und Rammsteins „Sonne“, bei dem Lichtsetzung, Arrangement und Stimmen für ein Spektakel sorgen, dass auch auf den größten Bühnen der Welt für Staunen und Begeisterung sorgen würde. Auch das Hurts-Cover „Illuminated“, das als Inspiration für das aktuelle Programm diente, ist dank des gefühlvollen Lead-Gesangs von Patrick Oliver, der sonst als exzellenter Beatboxer eher mit seinen „Buff de Katze“-Varianten für Aufsehen sorgt, ein Genuss sondergleichen. Und dann wären da noch zwei Lead-Zeppelin-Titel, die einer besonderen Erwähnung bedürfen. Zum einen „Kashmir“, mit dem das bereits erwähnte „Killing In The Name Of“ veredelt wird – und zum anderen „Stairway To Heaven“. Der Rock-Klassiker schlechthin, bei dem vor allem Sängerin Marta Helmin alle Register zieht. Gänsehaut-Intro, Vokalgitarren-Solo, grandiose Harmoniesetzungen mit feiner Dynamik – viel besser geht’s nicht. Das Publikum, ohnehin in einer Art Rausch, feiert dieses Meisterwerk denn auch mit unfassbar großem Jubel und OnAir zu Recht mit stehenden Ovationen. So lässt man sich doch gerne bestrahlen. Und erleuchten.

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