Ingo Appelt: Nichts Halbes und nichts Ganzes

Manchmal sind die wirklich wichtigen Formeln die einfachsten. Ficken + Töten = Mann. Für Ingo Appelt reicht diese Erkenntnis schon seit 25 Jahren, um die Säle zu füllen. Der Comedian, einst der Provokateur par excellence, mag sich zwar vom Saulus zum Paulus gewandelt haben, als er feststellte, dass das starke Geschlecht inzwischen das schwache ist, das Opfer, gebrochen und gejagt von der dominanten, in allen Feldern überlegenen Weiblichkeit – seine grundlegende Mann-Gleichung hat er aber in all der Zeit nicht sonderlich weiterentwickelt.

Im Pantheon, wo er nun trotz einer Erkältung aufgetreten ist und statt des versprochenen frischen „Besser... ist besser“-Programms eine wilde Mischung aus alten und neuen Texten präsentiert hat, hielt er weiterhin an ihr fest, propagierte sie zwar mit deutlich geschliffeneren Mitteln als noch Mitte der 90er und stellte ihr die weitaus komplexeren Strukturen, die das Verhalten von Frauen definieren, geschickt gegenüber, kam aber dennoch zum gleichen Ergebnis: Der Mann ist einfach gestrickt. Und arm dran. Wegen der Frau, die aber per se keine Schuld haben kann. Blöde Situation. Kennt man aber. Eben von Ingo Appelt. Oder von Mario Barth.

Tatsächlich arbeiten Appelt und Barth seit Oktober 2013 gelegentlich zusammen, um im Fernsehen Steuerhinterziehung aufzudecken. Das hat abgefärbt. Auch der 47-Jährige lässt sich inzwischen vom Publikum versichern, dass es ihm folgen kann und all jene Personen kennt, die er anspricht, selbst wenn es um Herbert Grönemeyer geht, den Meister der prä-ejakulativen Gesangstechnik, der immer kurz vor dem Ausbruch steht und doch nicht kommen darf. Den parodiert der hörbar angeschlagene Appelt mal wieder genussvoll, so wie auch Willy Brandt, Helmut Kohl und Till Schweiger. Kann er gut, konnte er schon immer. Innovativ ist das allerdings nicht, die Passagen stammen allesamt aus dem „Frauen sind Göttinnen“-Programm. Schade, gerade hier hätte man mehr erwartet. Gut, kommt vielleicht noch, sind ja bislang alles Fragmente. Die allerdings bei einem genaueren Blick nicht allzu viel versprechen.

Vielmehr führt Appelt ohne Umschweife sein „Göttinnen“-Konzept fort, definiert sich als Vorkämpfer für die Rechte der Frauen, wettert gegen die sie unterdrückenden Religionen, belächelt die im evolutionären Frühstadium steckengebliebenen Männer, greift auf ein Klischee nach dem anderen zurück und nähert sich so nicht nur stilistisch, sondern leider auch inhaltlich zunehmend seinem TV-Partner an – oder einfach nur seiner früheren Form. Möglicherweise ganz bewusst. Dass ausgerechnet Dieter Nuhr zuletzt als Hassprediger bezeichnet wurde und nicht er, der seit einem Vierteljahrhundert durch die Republik rast und alles beleidigt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist, scheint ihn ebenso sehr zu wurmen wie der Erfolg, den man mit „Kennst de, kennst de“-Rufen haben kann. Seine eigenen Kommentare zu Masturbation und Onanie, zu Matscheiern und Furz-Humor garantieren dagegen schon lange nicht mehr jene Aufmerksamkeit, die Appelt vor 20 Jahren zuteil wurde. Skandal? Ach was. Alltag. Was also tun? Auf feinsinnigen Humor umschwenken? Oder der Massentauglichkeit hinterherhecheln? Die Entscheidung scheint bereits gefallen zu sein. Ob es allerdings die richtige ist, darf bezweifelt werden.

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