Politischer Aschermittwoch: Man müsste sich mal nullen können

Manchmal wäre es tatsächlich schön, noch einmal ganz von vorne anfangen zu können. Alles auf Null setzen. Vom ersten Tag an auf Umweltverschmutzung verzichten. Auf Heuchelei. Oder auf bemühte Pointen ohne Dynamik und Tempo. Leider war letzteres ein Problem, das den Politischen Aschermittwoch im Bonner Pantheon immer wieder geplagt hat: Die Inhalte stimmten, die Form aber nicht. Manchmal auch umgekehrt. Und obwohl es einigen Künstlern, allen voran Sebastian Pufpaff, durchaus gelang, diese Diskrepanz aufzulösen, blieb der Abend insgesamt doch – nicht zum ersten Mal – hinter den Erwartungen zurück.

Dabei hatten die Gastgeber Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen alias Rainer Pause und Norbert Alich bei ihrer Begrüßung viel versprochen: Sich an einigen lokalen Skandalen abarbeitend (vor allem WCCB und Stadtverschuldung) hielten sie sich bewusst von nationalen und globalen Problemen fern: „Dafür sind die anderen da“, sagten sie. So schien es, als würde der Politische Aschermittwoch seinem Namen gerecht, als würden die geladenen Kabarettisten ihn nicht als eine weitere Mixed-Show ansehen sondern sich tatsächlich mit den aktuellen politischen Geschehnissen auseinandersetzen, mit dem Konflikt in der Ukraine, der Griechenland-Krise, dem Zustand der Bundeswehr, den Anschlägen von Paris und Kopenhagen, der Pegida-Bewegung oder der Rückkehr der FDP in Hamburg. Zumal der erste Auftritt von Ulrike Mannel ähnliches erwarten ließ: Als perfekte Angela-Merkel-Kopie und -Parodie (manchmal ist der Unterschied ja nur marginal) erschien sie auf der Bühne, verwandelte sich dann aber in eine Kindergärtnerin, die die Bundeswehr coachte und die Kita in einen Kriegsspielplatz verwandelte. Hatte was. Bedauerlicherweise konnte Mannel das inhaltliche Niveau nicht durch eine entsprechende Darstellung stützen: Die Pointen waren uninspiriert oder bemüht („Kampfdrohnen sind die beste Erfindung seit dem Vibrator“), der Stil ermüdend, so dass die reizvollen Grundideen in der Luft hingen.

Auch nicht besser waren die Auftritte von Christoph Brüske. Zwar rechnete der Oberkasseler mit den Großbaustellen der Republik ab und präsentierte Fakten zu so mancher Mauschelei, konnte aber mit seinen aufgesetzten Pointen und dem gewollt aufklärerischen Duktus nicht überzeugen. Na ja, wenigstens versteht Brüske einigermaßen zu singen. Sollte man von einem ausgebildeten Opernsänger auch erwarten können. Schön etwa seine Version von Grönemeyers „Flugzeuge im Bauch“, aber auch die Helene-Fischer-Parodie „Tatenlos“ war gelungen. Immerhin. Jetzt müsste nur noch die sprachliche Kompetenz passen. Die stellte Martin Zingsheim eindrucksvoll unter Beweis, der ein herausragendes Gespür für Timing sein eigen nennen kann. Vor allem in der zweiten Hälfte drehte er auf, ließ den erratischen ersten Auftritt vergessen, dachte über die Enteignung der Kirche und CO2-neutrales Waterboarding nach, forderte von Gott zumindest ab und zu ein „Gefällt mir“ und scheiterte meisterhaft am tierischen Versuch, vegetarisch zu sprechen. Mein lieber Schwan, was für ein schlauer Fuchs. Zwar nicht wirklich politisch, aber sonst wirklich gut.

Dennoch, ohne Sebastian Pufpaff wäre der Abend nur halb so zufriedenstellend verlaufen. Der Kabarettist, dessen Satire inzwischen mit schwarz nur noch unzulänglich beschrieben werden kann, ließ zwar auch konkrete Geschehnisse weitgehend außen vor, stach aber dafür umso fester in Herz und Seele. „Pegida hat die gleiche Außenwirkung gehabt wie der 11. September, nur mit weniger Opfern.“ Autsch. Aber gut, wer Kleinkindern Kampfhundewelpen schenkt um zu sehen, wer am Ende übrig bleibt, und es ehrlicher findet, den Nachwuchs mit Handgranaten jonglieren zu lassen als ihnen vorzugaukeln, dass unsere Welt noch in Ordnung sei, kann auch so eine Aussage treffen. Und dafür Applaus erhalten. Für einen gelungenen Politischen Aschermittwoch reichte das zwar dennoch nicht. Aber zumindest für ein paar gelungene Minuten.

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