Prix Pantheon Spezial: Fünf Kopien zum Preis von einer

 

Der Prix Pantheon ist eine der renommiertesten Auszeichnungen der Kleinkunst-Szene, da kann ein Abend mit einem realen und vier ehemals potenziellen Preisträgern doch nur gut werden. Ein Prix Pantheon Spezial mit „humorwettkampf-gestählten“ Künstlern – was soll da schon schief gehen?

Nun, zum Beispiel die Moderation. Die hat Ludger K. übernommen, selbst ernannter Berufsjugendlicher im Ruhestand und zumindest zu Beginn des Abends versierter Platitüdendrescher. Ein Mann, der sich vor dem Jahr 2012 gruselt, weil ja jetzt alle wichtigen Science-Fiction-Filme in der Vergangenheit spielen (sieht man mal von sämtlichen Star-Trek-Filmen, Matrix oder Blade Runner ab) und der davor warnt, eine Arschgeige mit einem Cello zu verwechseln. Messerscharfe Pointen und sezierende Analysen der Medienlandschaft sehen anders aus. Immerhin wird K. Im weiteren Verlauf lockerer und auch etwas lustiger, den großen Durchbruch schafft er aber nicht.

Ebenso wenig wie Jens Neutag, der sich als Polit-Kabarettist in der geistigen Tradition von Volker Pispers und Christoph Sieber versucht und daher auch gleich mal ein paar Politiker wahl- und spaßlos durch den milimetertiefen Kakao zieht, bevor er, wie sich das für Künstler seines Schlags zu gehören scheint, über die katholische Kirche herzieht, Jesus mit Podolski vergleicht und das Abendmahl sowohl mit einem Copperfield-Trick als auch mit den Taten des Kannibalen von Rothenburg. Sehr geschickt – kein Fettnäpfchen ausgelassen. Da hilft es auch nicht, dass Neutag wie erst zuletzt Wilfried Schmickler Anregungen zu anarchistischem Verhalten gibt. Nur eben längst nicht so prägnant. „Morgens Elmex, Abends Aronal“ – soll das der Höhepunkt der Systemkritik sein?

Besser macht es da Barbara Ruscher, die aus ihrem Leben als Mutter in Köln-Sülz erzählt – dort, wo Karnickel Komplexe kriegen, während die ganzen Erziehungsgeld-Kinder mit der FAZ gewickelt werden, um sie zu Klugscheißern zu erziehen. Da entsteht Sehnsucht nach Köln-Chorweiler. Und Erinnerungen an Carolin Kebekus. Doch Barbara Ruscher kann mehr, ist nicht Kopie, sondern Collage: Am Klavier klimpernd verteilt sie köstliche, politische Bonmots im Hagen-Rether-Stil, scheinbar losgelöst von einem Skript und gerade deswegen überzeugend. Nur die Lieder mit ihren peinlich-mäßigen Texten hätte sie weglassen sollen. Ansonsten wäre es der beste Auftritt des Abends gewesen.

Natürlich dürfen auch Multikulti-Themen nicht zu kurz kommen. Kein Problem, Özgür Cebe bedient die entsprechenden Klischees, stellt sich afghanische Kabarettisten und Superstar-Gewinner vor, fordert eine Casting-Show für Migranten und sorgt mit umgeschriebenen Songs für Schlager-Terror: „Santa Scharia“ und „Unter der Burka“ sind die großen Hits, mit denen es der Wahlbonner tatsächlich schafft, das Publikum zum Jubeln zu bringen. Dabei marginalisiert er die relevanten Themen, statt sie konstruktiv und kreativ anzugehen. Scheint er von Kaya Yanar gelernt zu haben, mit dem er lange zusammengearbeitet hat. Merkt man. Leider.

Bleibt Achim Knorr, der 2002 den Publikumspreis des Prix Pantheon gewonnen hat und mit völlig sinnfreiem Blödsinn a la Rainald Grebe noch einmal für eine Art von Hochgefühl sorgt. Auch eine Kopie – aber eine gute. Selten dauerte die Öffnung eines Nutellaglases so lange, selten klang sie so köstlich. Und immer wieder Wortspiele und unerwartete Wendungen zwischen einer Käse bejubelnden Frommage und Kaviar mit Störgeräuschen. Da hat sich der Abend ja doch gelohnt.

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