6-Zylinder: Der Motor läuft nicht rund

Diagnose: Selbstüberschätzung. „Koana is so gut wie i“, singen die fünf 6-Zylinder im Pantheon. Von wegen. Zum Auftakt des diesjährigen a-capella-Festivals, bei dem verschiedene bekannte Vokalensembles nach Bonn kommen, zeigten die gestandenen Herren vielmehr zahlreiche Schwächen. Fade Witze, uninspirierte Blödel-Texte, eine oft nur unzulänglich umgesetzte Choreographie und vor allem Probleme in den hohen Lagen dominierten das Programm. Dabei sind gute Ansätze und auch einiges an Potenzial vorhanden – doch es scheint so, als wollte das Quintett auch vier Jahre nach dem Weggang dreier Mit-Zylinder noch mehr kauen, als es schlucken kann.

Vor allem die Schwierigkeiten mit den hohen Tönen führen bei musikalisch versierten Zuhörern schnell zu knirschenden Zähnen. Offiziell sind zwar mit Winne Voget und Thomas Michaelis zwei Countertenöre da, die stimmlich noch über Tenor Matthias Ortmann erklingen müssten – in der Realität sind die beiden aber lediglich Baritone, deren Kopfstimm-Zeit inzwischen vorüber ist. Zu gepresst, zu bemüht klingen die Höhen, was etwa bei Razorlights „Wire to Wire“ oder einer mit einem deutschen Text verunstalteten Version von AC/DCs „Highway to Hell“ besonders auffällt. Hier fehlen sowohl Tilo Beckmann als auch Nicolas Leibel, die bis 2008 als echte Tenöre die Zylinder auf Hochtouren brachten. In der aktuellen Besetzung hat sich das Quintett dagegen offenbar überschätzt.

Ähnlich sieht es bei den Choreographien aus. Kreative Ideen treffen auf die harte Realität. Dass die 6-Zylinder teilweise von der Bühne zu taumeln scheinen, mag ja noch gewollt sein, die oftmals steifen Bewegungen und die wackelige Synchronizität aber mit Sicherheit nicht. Doch schließlich sind die Zylinder keine Boyband mehr. Immerhin: Die Dressur-Bewegungen bei „A Horse with no Name“ sind zum Schreien komisch, trotz des hohen Schwierigkeitsgrades gut umgesetzt und deswegen einer der optischen Höhepunkte der Show. Und dass es auch ohne große Bewegungen geht, zeigt das Quintett bei ihrem hervorragenden „Buena Vista Social Club“-Song, der mit Abstand besten Nummer des Abends.

So sehr die Band in den genannten Bereichen schwächelt, es wäre alles noch verzeihbar – beim Humor hört der Spaß aber auf. Das sexistische „Abtau'n, Girl“ ist ebenso lustig wie das den Wise Guys nacheifernde „Pauschalreisen“, nämlich gar nicht. Auch die ständige Lobhudelei auf die 6-Zylinder-Heimatstadt Münster, die sich sowohl in der Moderation als auch in einigen Liedern niederschlägt, wird schnell zum Rohrkrepierer. Und das nur in der erste Hälfte des Konzerts – nach der Pause wird es schlimmer. Viel schlimmer. Aus den verkrampft-bemühten 6-Zylindern werden die bemüht-peinlichen 6-Baseball-Caps. Ein angeblicher Blues, der dieses Versprechen nur im Refrain ansatzweise hält und dafür textlich zur Gästebuch-Horror-Nummer mutiert, eine Fetisch-Liebeserklärung im Stil eines CVJM-Liedes und eine dürftige Opa-Comedy-Nummer senken das Niveau des Konzerts auf Höhe der Grasnabe ab. Erst die bereits erwähnte „Buena Vista Social Club“-Nummer bringt Erleichterung – und die Frage, ob so etwas wirklich sein muss. Witzigkeit geht auch anders. Etwa mit der dramatischen Lesung eines Volksliedes. Oder mit an die Comedian Harmonists angelehnten Nummern. Da sitzen dann wieder die imaginären Zylinder auf den Köpfen des Quintetts, und nicht die Baseball-Caps. Steht ihnen deutlich besser.

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