Tito & Tarantula: Schlangenloser Wüstenrock

Tito Larriva röhrt, und die Fans jubeln. Einen warmen Empfang haben sie ihm bereitet, der Titty Twister – ähm, Entschuldigung, die Harmonie Bonn ist brechend voll. Immerhin genießen „Tito & Tarantula“ spätestens seit ihrem Auftritt in dem legendären Vampirsplatterfilm „From Dusk till Dawn“ (1996) Kultstatus. Viele scheinen nur deswegen im Konzert zu sein, immer wieder fordern Rufe „After Dark“, jenes grandiose Tex-Mex-Stück, bei dem im Film Salma Hayek als Vampirprinzessin verführerisch mit einer Schlange tanzt und allen anwesenden Männern den Kopf verdreht.

Doch Tito ist noch nicht so weit, obwohl er schon deutlich lockerer wirkt als bei den ersten Songs des Abends. Liegt vielleicht daran, dass es sich dabei vor allem um neue Stücke handelte, die erst noch am lebenden Publikum getestet werden müssen – das dazugehörige Album soll übrigens angeblich Ende des Jahres erscheinen. Vom innovativen Klang der 90er Jahre hat Tito sich auf jeden Fall inzwischen verabschiedet, nicht nur was seine inzwischen kratzig gewordene Stimme angeht: Auch die mexikanischen Einflüsse sind Vergangenheit, Mandolinen, Geigen und dergleichen haben auf der Bühne leider keinen Platz mehr. Es regiert purer, krachender Rock, der fast ausschließlich von Titos Bühnenpräsenz und sichtlicher Spielfreude lebt. Die restliche Band wirkt eher bemüht und wäre im Titty Twister mit Sicherheit als erstes den Vampiren zum Opfer gefallen. Einzig Titos Tochter Lolita versprüht am Bass etwas Charme, wiegt sich lasziv zu den Klängen ihres Vaters, kommt aber an Hayeks Filmauftritt nicht einmal ansatzweise heran.

Doch jetzt wächst er so langsam, der Tarantula-Zauber. Tito blüht auf, scherzt mit dem Publikum, erzählt Anekdoten aus seiner Schauspiel-Karriere, ist nah dran an seinen Fans. Die Sonnenbrille, mit der er zu Beginn des Konzerts auf die Bühne kam, ist verschwunden, auch das mindert die Distanz. In den Standard-Rock der ersten Hälfte mischen sich jetzt immer häufiger trockener Staub und gleißende Sonnenstrahlen, die Wüste erobert sich ihren musikalischen Platz zurück. Und Tito, der mittlerweile schweißüberströmt ist und in manchen Momenten wie der kleine Zwillingsbruder von Wrestling-Legende „Undertaker“ aussieht, gibt richtig Gas, nutzt den geringen Bühnenplatz gar für ein paar Headbanging-Ansätze. Schließlich werden die Filmklassiker ausgepackt, die Stücke aus der Robert-Rodriguez-Ära, aus „Machete“, „Desperado“ und natürlich „From Dusk till Dawn“, auf die die Fans schon sehnsüchtig gewartet haben. Beim finalen „After Dark“ bittet Tito tanzwillige Damen zu sich nach oben, zieht fast schon ein paar zu viele herauf – der exzellente Hüftschwung der ersten Bühnenstürmerin geht so leider unter. Egal: Der Saal steht Kopf. Vorübergehend darf sogar der Kölner Martin Schlombs, der ebenfalls aus dem Publikum emporstieg, die Lead-Gitarre übernehmen und schlägt sich wacker. Alles, was jetzt noch fehlt, ist ein mehrere Meter langes Reptil für die Tänzerinnen. Doch die haben Tito & Tarantula leider nicht im Gepäck. Nur noch ein paar Akkorde, dann ist Schluss. Ein versöhnliches Ende. Und ein unblutiges. Auch nicht schlecht.

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