Patti Smith: „Hallo Baum“

Es ist ein schwarzer Baum, der Patti Smith ins Auge fällt. Die 65-Jährige ist von dieser dunklen Farbe, im Kontrast zum umgebenden Grün, fasziniert. „Hello tree“, grüßt sie – und über 2000 Köpfe drehen sich auf dem Bonner KunstRasen um. Typisch Patti Smith: Nicht umsonst gilt sie als „Schamanin des Punk“, sorgt, kümmert sich um die Natur und sieht das Schöne und Ungewöhnliche an jeder Ecke. Auch in einem schwarzen Baum, an dem andere einfach so vorbeigehen.

Patti Smith ist gut drauf. Von ihren Starallüren, mit denen sie unmittelbar vor ihrem Konzert willkürlich Fotoverbote ausgesprochen und damit viele der angereisten Fotojournalisten verärgert hat, ist auf der Bühne nichts zu spüren. Fröhlich wippt sie mit, tänzelt schon beim Opener „Dancing Barefoot“ hinter dem Mikrofonständer herum und teilt mit dem Publikum Erinnerungen an ihre zahlreichen früheren Bonn-Besuche. Ein großer Beethoven-Fan sei sie, schon zum vierten Mal hatte sie vor dem Auftritt in den Rheinauen dessen Geburtshaus besucht. Und auf dem Klavier ihrer Tochter steht eine Büste des großen Komponisten, den Patti einst in Bonn für ihren Mann Fred gekauft hatte.

Es ist ein Konzert voller Erinnerungen. Nicht nur an Fred „Sonic“ Smith, nicht nur an Beethoven, auch an Amy Winehouse, der Patti auf ihrem aktuellen Album „Bunga“ mit „This is the girl“ ein eher mageres Denkmal gesetzt hat – ein belangloser Popsong, weichgespült und weder der Ehrenden noch der Geehrten gerecht werdend. Dabei kann Patti auch anders: Mit der verzweifelt klingenden Rockhymne „Fuji-san“ gedenkt sie der Opfer von Fukushima überzeugend und angemessen.

Natürlich müssen auch die Klassiker ertönen: „Because the night“, der einzige kommerzielle Erfolg für Patti Smith, das kraftvolle „Pissing in the river“ und das noch mächtigere, rockende Them-Cover „Gloria“. Doch schon nach 75 Minuten ist der offizielle Teil vorbei – ein bisschen wenig für ein 50-Euro-Konzert. Doch dann kommt Patti Smith zurück auf die Bühne, legt nochmal 25 Minuten drauf und zeigt sich zugleich von ihrer polit- und gesellschaftskritischen Seite, spielt „People have the power“ und „Rock 'n Roll Nigger“. Der Schamanin liegen eben nicht nur die Bäume am Herzen. Sondern auch die Menschen.

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