Sebastian Pufpaff: Motten-Iritationen im Bunker der Erkenntnis

Warum – das fragt Sebastian Pufpaff gerne. Der Kabarettist aus Rheinbreitbach wundert sich über vieles und hinterfragt alles: das Zusammentreffen der Village People, das S in „lispeln“, die schwarze Kunststoff-Beschichtung auf Gummiknüppeln und die umherfliegende Motte im Bonner Pantheon, in dem er mit seinem Soloprogramm zu Gast ist. Ein besonderer Ort für den 36-Jährigen – in diesem „Bunker der Erkenntnis“ hat er 2010 den Prix Pantheon gewonnen und damit den Grundstein für seine weitere Karriere gelegt.

Vielleicht ist er deswegen etwas nervös, wiederholt sich gerne, so als ob er sichergehen will, dass auch wirklich jeder im Saal auf die Erklärungen aufmerksam wird, die Pufpaff zu bieten hat: Amüsant-schockierende Wahrheiten über das IKEA-Kinderland als Hort-Ersatz mit Pfand-Zwang, kreisende Vögel über deutschen Zoos, Phantombushaltestellen für Demenzkranke und den tödlichen Kuss des Harzers.

Dabei setzt Pufpaff auf Kontraste, Doppeldeutigkeiten und Irritationen, erzählt von der Christenverfolgung eines Pfarrerflüchtigen, fordert von der Kirche die Bekenntnis zum Kardinalsfehler, der nun wirklich kein Kavaliersdelikt sei, und ruft mit Blick auf komasaufende Jugendliche, die mit fünf Promille im Karneval in den Straßen liegen, zur Verfettung der Kinder auf. Mehr Masse, mehr Kapazität. Ah ja. Auch das müsste mal hinterfragt werden, ebenso wie die Kritik des Chef-Erklärers an Erklär-Vätern, die für die Erziehung ihres Nachwuchses auch mal einen ganzen Zug anhalten, um die pneumatischen Türen als Anschauungsobjekt zu verwenden. Ganz nachvollziehbar, wirklich durchdacht erscheint dies nicht – in solchen Momenten offenbaren sich kleine programmatische Schwächen in Pufpaffs Fragestunde, die dieser allerdings durch seine herzliche Art in der Regel gut zu kompensieren versteht.

Thematisch deckt Sebastian Pufpaff eine große Bandbreite ab. Hier eine Spitze zu Stuttgart 21, da eine Breitseite gegen die Religion, etwas Sperrfeuer auf Altersdebatte und Rentenfrage, ein flüchtiger Blick auf die Waffengesetze im Land der lichten Denker – und kaum ist die teils brachiale, teils feinsinnige und teils scharfzüngige Pointe da, ist der Rheinbreitbacher schon wieder weg, auf dem Weg zur nächsten Baustelle. Ist das jetzt Comedy oder Kabarett? Eigentlich beides. Sich festlegen oder sich gar in eine Schublade stecken lassen, das will der Humorist nicht. Lieber ein Zäpfchen sein: Manchmal unbequem, aber heilsam. Eine Lebensweise, die er auch vom Publikum fordert. Einfach mal aus dem Trott ausbrechen, Querdenker werden und was beklopptes tun. Etwa bei einem Marathon kurz vor der nächsten Versorgungsbude eine eigene aufbauen, mit Kaffee und Wodka. Oder den Stinkefinger neu belegen – ein Experiment, das Pufpaff im Pantheon gleich einmal ausprobiert. Neue Bedeutung: „Ich hab eine Idee“. Und als sich ihm das Publikum kollektiv anschließt und den erhobenen Mittelfinger in Richtung Bühne streckt, ist der darauf stehende Anzugträger glücklich. „Stellen Sie alles in Frage“, ruft er noch, um dann, nur von einer Motte begleitet, im hautengen Einteiler seinen Namen zu tanzen. Warum? Warum nicht!

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