Richard Rogler: Die Legende von der heiligen Angela

Ach ja, die Merkel. Viele Kabarettisten treibt diese Frau um, die entweder versuchen, sie zu deuten oder sie in Grund und Boden zu stampfen. Richard Rogler lässt sie dagegen im Bonner Pantheon heilig sprechen – zwar müsste die Kanzlerin dafür zum katholischen Glauben übertreten, aber das ist Makulatur, Flexibilität gehört schließlich zu ihren Kernkompetenzen. So fehlt für dieses Wesen, das laut dem gewohnt eloquenten Rogler von Helmut Kohl aus 20 Kilo eigenem genetischem Material und mit den Eizellen von Margaret Thatcher und Inge Meisel höchstpersönlich im Reagenzglas gezüchtet worden ist, nur noch die passende Legende.

Die Heilsgeschichte von Mandy, die im Osten den Ruf des Übervaters vernahm, schließlich im Westen Politikerin wurde, ein Wunder nach dem anderen wirkte und als St. Angela bekannt wurde, Patronin der Alternativlosen: Was für eine Offenbarung.

Dabei sind es vor allem Leute wie Rogler in seiner derzeitigen Stimmung, die diesen Merkel-Kult betreiben, die die austauschbaren Polit-Köpfe angreifen, Schießbudenfiguren sehen und intuitiv abdrücken, dabei aber den Hintergrund, die wirklich tragischen Themen weitgehend außen vor lassen. Ergo gibt es fröhlich-bissige, wenn auch regelmäßigen Kabarett-Besuchern bereits aus zahlreichen anderen Veranstaltungen hinlänglich bekannte Stammtisch-Attacken gegen Dirk Niebel, Kristina Schröder, Guido Westerwelle und natürlich Roland Pofalla, gegen SPD, Grüne, Linke, CDU und einige bundesstaatlich Politik machende Randgruppen. Debatten über Personen, aber überraschenderweise kaum über Themen. Und wenn das Wort dann doch einmal auf letztere fällt, hagelt es geschickt in knackige Pointen verpackte Klischees und Plattitüden, wird die Heimwerker-Wut der Deutschen herangezogen, das so gerne gescholtene Fernsehprogramm mit paarungsunwilligen Gorillas und der Soko Simmerath verdammt und manche Erziehungsmethode kritisch beäugt, da Dauerlob den Kindern ja fälschlicherweise eintrichtere, dass sie etwas können würden. Die Ursachen für diese immerhin humorvoll dargestellten Auffälligkeiten spielen dabei keine Rolle – von Kabarett-Altmeister Rogler, der sonst in seinen kurzen Auftritten bei „Mitternachtsspitzen“ oder ähnlichen Sendungen eher seziert als metzelt, ist man eigentlich mehr gewohnt. Doch in Bonn blitzt nur hier und da ein Funke jenes Genius auf, auf der Suche nach der Neuen Mitte und mehr Substanz.

Dann geht es wieder zurück zum Alltagsgeschäft in der schnelllebigen und sich dauernd verändernden Welt. Letzteres scheint Rogler zumindest auf der Bühne ein Graus. „Das hat es früher nicht gegeben“, stöhnt er immer wieder, als er den neuen Modeerscheinungen erzählt, von Yoga, Ayurveda und Aquajogging, von Turnschuh- und Kaputzenpulli-tragenden Rentnern oder dem freundschaftlichen Kuss, der den Händedruck abgelöst hat – das allerdings so charmant und mit einem exzellenten Gespür für Timing, dass das Publikum Rogler immer wieder mit lautem Gelächter und Applaus belohnt. Den richtigen Nerv scheint er also getroffen zu haben. Beruhigend.

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