„Lady Windermere's Fan“: Skandal mit Fächer

Sie hatten 120 Prozent versprochen und sie haben 120 Prozent gegeben: Die Premiere der Gesellschaftskomödie „Lady Windermere's Fan“ von Oscar Wilde durch die Bonn University Shakespeare Company (BUSC) war ein voller Erfolg. Die Schauspieler, die auf der Bühne der Brotfabrik die Manieren und Moralvorstellungen der viktorianischen Epoche demaskierten, konnten tatsächlich im Vergleich zu den Proben noch einmal deutlich zulegen und verliehen dem auf Englisch gespielten Stück genau die richtige Menge an Witz und Tränen – wobei letztere eigentlich ausschließlich aus Lady Windermeres Augen flossen, die zwischen der Treue zu ihrem Mann und ihrem Interesse an Lord Darlington (Johannes Neubert) hin- und hergerissen ist.

Judith Ponwitz verlieh der jungen Hauptfigur eine überzeugende Angreifbarkeit, konnte aber in manchen Momenten auch ordentlich austeilen, etwa als sie ihrem Ehemann Arthur (David Green) ein Ultimatum stellte. Dieser wollte doch tatsächlich die skandalöse Mrs. Erlynne (als femme fatale einfach nur brillant: Esther Takats) zu der Geburtstagsfeier von Lady Windermere einladen, obwohl ihm nachgesagt wurde, mit dieser Frau eine Beziehung zu haben. Tatsächlich erschien Mrs. Erlynne kurz darauf auf der Party und trat damit eine Lawine aus Eifersucht und Herzschmerz los.

Wie so oft waren es allerdings die Nebendarsteller, die diesen trotz aller Bemühungen, trotz aller Verführungskünste und trotz aller Redeanteile der Protagonisten diesen die Show stahlen. Auf Männerseite war es vor allem Christian Tröger, der als Cecil Graham die Bühne beherrschte und mit sarkastischer, typisch Wildescher Rhetorik für einen Lacher nach dem nächsten sorgte. In der ersten, von den Frauen dominierten Hälfte des Stücks sorgte dagegen insbesondere die schrille, ohne Ende schnatternde und die Gerüchteküche pflegende Duchess of Berwick für Begeisterung. Regisseurin Julia Pflüger, die zwei Wochen vor der Premiere für die aus Krankheitsgründen ausgefallene Rhoslyn Beckwith einspringen musste, spielte mit ihrer Wortgewalt alle anderen an die Wand, so als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Eine Meisterleistung – umso bedauerlicher, dass weder sie noch die intrigante Lady Plymdale (Alicia Sánchez-Mora) oder die dem Alkohol sehr zusprechende Lady Jedburgh (Annika Meuskens) in der zweiten, dramaturgisch etwas schwächeren und dafür umso gefühlsbetonteren Hälfte eine Rolle spielten. Aber dann hätte das Zwerchfell ja gar keine Ruhe mehr bekommen.

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