Schelmish: Ein letzter Freigang der Schelme

So also wird eine Band zu Grabe getragen: Stilecht mit einem Sarg, auf den Schultern des Sensenmannes und einiger anderer Gestalten, die nach 13 Jahren, pünktlich zum Jubiläum, den Abschied von Schelmish einläuteten. Eine Geburtstags- und eine Trauerfeier in einem. Aber was für eine: schon um 19 Uhr legte mit Caliber X die erste Vorband los, Spielbann folgte, erst um 21 Uhr standen die schelmenhaften Bonner Mittelalter-Rocker auf der Bühne – und versprachen noch einmal drei Stunden Musik aus dem großen Fundus der Formation.

Drei Stunden knallharter Songs, die irgendwo zwischen Punk, Neuer Deutscher Härte und Mittelalter-Rock liegen; rotzig, kernig, dreckig. Und laut: Das Brückenforum bebte wie eine einzige Lautsprecher-Membran, während hämmernde Bässe und Drums das Fundament für den massiven, mit Schlameien und Sackpfeifen aufgepeppten Schelmish-Sound legten und die tausendköpfige Menge zum Mitrocken animierten. Kein Problem bei einem treuen Publikum, das ohnehin nur darauf gewartet hatte, zum Abschluss einer bemerkenswerten Band-Karriere die größtmögliche Feier auszurichten. Zum Teufel mit der Trauer. Her mit der Party.

Und Schelmish lieferte. Ob „Hässliche Kinder“ oder „Der letzte Kuss“: Unterstützt von einigen Gastmusikern gaben die Bonner um Rockröhre Rimsbold von Tiefentann alles, entzündeten mit ihren Hits die begeisterten Fans. Beruhigend für Sänger Dextro, der zunächst im ungewohnten Anzug so brav wirkte, dass er auch als Sänger der Dubliners hätte durchgehen können. „Ich war in den 13 Schelmen-Jahren vor einem Konzert noch nie so nervös wie heute“, bekannte er und schwelgte bei seinen Moderationen immer wieder in der Vergangenheit. Nostalgie und Wehmut, auch wenn es Pläne für neue Projekte gibt, die Kern-Band als Invictus anscheinend weitermacht. Aber eben nicht mehr als Schelmish, die in einem Atemzug mit In Extremo oder Corvus Corax genannt wurden, die als Rockband Säle füllten und am nächsten Tag auch mal in kleinerem Rahmen auf Mittelalter-Märkten ohne elektrische Instrumente Musik machten. Wobei Schelmish bewies, dass auch das mit jeder Menge Power möglich ist.

Für Fans und Band gleichermaßen verging das Konzert wie im Fluge. Nach anderthalb Stunden geknüppelter Lieder über Kinderkreuzzüge, Sex-Eskapaden und Narreteien, die nur durch den Auftritt der Nutscheid Forest Pipe Band unterbrochen wurden, fragte Dextro nach der Zeit und war selbst überrascht: „Normalerweise würden wir jetzt die erste Zugabe spielen“, sagte er. Von wegen. Stattdessen ging es erst richtig los. Schnell noch ein gemeinsames Happy Birthday für rund 35 Schelmish-Fans und ein amüsanter Antrag von Keyboarder Picus an Dextro (stellvertretend für fünf Anhänger, die eigentlich auf der Bühne um die Hand ihrer Liebsten anhalten wollten und die Veranstaltung dadurch um weitere zwei Stunden gestreckt hätten), dann konnte weitergefeiert werden. Ein Abschied, und ein Neuanfang. Denn geht es nach dem Votum des Publikums, wird 2013 wieder zum Mekka für Mittelalter-Rock-Begeisterte. Mit Dextro und Konsorten. Egal ob die sich dann Schelmish nennen oder Invictus. 

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