Vocaldente: Bieder und genial zugleich

Eigentlich wäre ein Geburtstagsständchen angebracht gewesen: Vor nunmehr 20 Jahren haben sich fünf Mitglieder des renommierten Knabenchors Hannover entschlossen, dem klassischen Gesang den Rücken zu kehren und sich stattdessen der a-cappella-Musik zuzuwenden. Mit Erfolg, wie diverse Auszeichnungen in den ersten vier Jahren und eine treue Fan-Gemeinde beweisen. Allerdings sind die konservativen Ursprünge bis heute essentieller Bestandteil der DNA von Vocaldente, auch wenn von den Gründungsmitgliedern nur noch Tobias Kiel übrig ist. Der traditionelle Gesangsstil und die biederen, mitunter sehr bemühten Moderationen sind bei ihrem Jubiläumskonzert im Haus der Springmaus auf jeden Fall auffällig, geben sich aber zum Glück im Laufe des Abends – und als sich das Quintett endlich weitgehend aus den Fesseln der Vergangenheit befreit hat, zeigt es seine wahre Brillanz.

Technisch ist die Musik von Vocaldente ohnehin von Anfang an auf einem hohen Niveau. Gut, vor allem Countertenor Benjamin Boresch muss erst einmal warm werden, was leider zu Lasten von „Easy Lover“ und von „Sweet Dreams“ geht (in beiden Fällen muss er ganz schön pressen, um die hohen Töne zu erreichen), doch der eng gesetzte Harmoniegesang verfehlt seine Wirkung nicht. Es ist schon beeindruckend, was das Quintett an diesem Abend aus dem Hut zaubert, zumal die Arrangements allesamt ziemlich komplex sind. Und leider nicht immer angemessen: Die zähe erste Strophe bei „Ghost Riders in the Sky“ und das völlig verquere Intro zum Ärzte-Hit „Meine Ex(plodierte Freundin)“ schaden den Stücken mehr, als dass sie helfen. Dazu kommen noch verquere Ein- und Überleitungen, die das Publikum im besten Falle irritiert und  im schlimmsten – wie bei der an sich schönen TLC-Nummer „Waterfalls“ – ratlos zurück lassen. Dadurch sackt der Spannungsbogen des Konzerts immer wieder ab, obwohl das Publikum immer wieder tosenden Applaus spendet. Immerhin.

Angesichts einiger starker Hits wie „Every Little Thing She Does is Magic“ oder „Let’s Misbehave“ ist diese Euphorie dann aber wiederum angemessen. Und dann wären da noch die Highlights, allen voran das großartige „Deine Augen machen Bling Bling“ von Seeed, bei dem Tenor Mark Forbes sein veritables Hip-Hop-Talent unter Beweis stellen darf. Ähnlich souverän agieren Vocaldente bei „Wake Me Up Before You Go-Go“ und dem anschließenden „Don’t Stop Me Now“, den das Quintett schon seit gefühlten Ewigkeiten im Repertoire hat und mit dem zumindest der offizielle Teil des Konzerts endet. Diese Songs entschädigen mühelos für die kleineren Unstimmigkeiten.

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