Alte Bekannte: Horror und Segen zugleich

Endlich ist es wieder soweit: Die Weihnachtszeit ist da. Darauf hat so mancher seit elf Monaten gewartet, und auch wenn das große Fest des Schenkens und der Familie für einige ganz unerwartet kommt, empfinden die meisten Menschen doch vor allem Freude angesichts der besinnlichen Feiertage. Oder? Nicht so ganz, behaupten die Alten Bekannten. Das A-cappella-Quintett, die noch immer als Nachfolger der Wise Guys gilt und dieses Label trotz allerlei eigener Songs nur mit Mühe los wird, hat sich für die Weihnachtsedition ihrer Tour „Nichts geht über live“ mit verschiedenen Facetten der Festtage auseinandergesetzt und sowohl Wunsch- als auch Alpträume in Verse und Töne gepackt. Im proppenvollen Pantheon haben die Fünf nun die Karten auf den Tisch gelegt, und zwar mit viel Schwung. Und ganz viel Gefühl.

Allzu überraschend ist der Ansatz der Alten Bekannten nicht, dafür sind sie viel zu sehr in alten Mustern gefangen, sowohl stilistisch als auch kompositorisch. Natürlich muss die ein oder andere Horrorvorstellung des hohen Fests in Form von Diät-Plänen und vorweihnachtlichem Stress besungen werden, während es allein zu Haus augenzwinkernd zum Segen stilisiert wird. Und natürlich wird die Weihnachtsgeschichte einmal in anderer Form beziehungsweise Perspektive erzählt, diesmal aus Sicht von Ochs und Esel. Gleichzeitig haben sich Daniel Dickopf, Björn Sterzenbach, Ingo Wolfgarten, Clemens Schmuck und Friedemann Petter aber auch traditionellem Material zugewandt und unter anderem „Es ist ein Ros entsprungen“ sowie „Maria durch ein Dornwald ging“ einstudiert, was trotz einiger recht hoher Partien und dementsprechend fordernden Kopfstimmen wunderbar klingt. Nur die Version von „Kling Glöckchen“ kann nicht so ganz überzeugen.

Trotz des weihnachtlichen Schwerpunkts können die Alten Bekannten kein Konzert ohne ein paar von den Fans gewünschte weltliche Hits geben. Dazu gehört das inzwischen legendäre Eifel-Medley mit Auszügen aus „Eifel looking for Freedom“, „Eifel good“ und „Eifel leave, Eifel fly“, aber auch eine Hymne an die Deutsche Bahn, die Wise-Guys-Nummer „Jetzt und Hier“ – und „Sing mal wieder“. Diese Aufforderung nutzten die Alten Bekannten, um kurzerhand das Weihnachtslieder-Wissen des Publikums zu testen. Bei deutschen Titeln kein Problem, bei englischen hingegen schon. Aber wenn es weiter nichts ist… Auf jeden Fall ist die Stimmung von Band und Menge durchgehend exquisit, was am Ende denn auch in tosendem Applaus mündet. Und in einem bisschen Wehmut: Jetzt müssen die Fans der Alten Bekannten immerhin bis Januar 2026 warten, bevor es im Pantheon ein Wiedersehen gibt. Dann mit einem neuen Programm. Immerhin.

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