So geht Nachwuchsförderung: Seit mehr als zehn Jahren ist die Konzertreihe Jazztube, die Impressario Thomas Kimmerle mit Unterstützung der Stadtwerke Bonn realisieren darf, ein Garant für neuen, frischen, unverbrämten und energiereichen Jazz. An drei Terminen spielen drei Bands an ebenso vielen Straßenbahn-Haltestellen – das Publikum bestimmt schließlich per Abstimmung, wer beim großen Finale in Pantheon noch einmal auftreten darf. Jetzt konnten Kimmerle und die Geschäftsführerin der SWB Bus und Bahn, Anja Wenmakers, wie gewohnt drei sehr unterschiedliche und durchaus spannende Formationen in Beuel begrüßen, die alle auf ihrer Weise einzigartig und eigenwillig sind. Und hörenswert. Sofern man für Jazz offen ist.
Als erste Formation des Abends stürmt das Matti Klessascheck Trio die Bühne, das zumindest mit einem bekannten Gesicht aufwartet: Joschua Knauber, der auf dem besten Weg ist, der Musiker mit den meisten Teilnahmen einer Jazztube-Ausgabe zu werden, sitzt mal wieder am Schlagzeug, den ausgefeilten und mitunter recht komplexen Modern Jazz seiner Kollegen mit abwechslungsreichem Spiel grundierend und schattierend. Saxofonist Klessascheck fliegt mit einem ebenso gefühlvollen wie hauchigen Ton ganz entspannt in Sphären am Rand der Peripherie, während Bassist Ivan Scholz die beiden Klangzauberer zusammenhält und bei Bedarf wieder einfängt.
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Etwas gradliniger (aber dadurch nicht zwingend besser oder schlecchter) kommen Clemens Gottwald und seine Band Prisma daher. Der steht gehört laut Jazztube-Chef Kimmerle inzwischen ja unter
Artenschutz, weil viel zu wenige Schülerinnen und Schüler mit Interesse für dieses Instrument nachkommen. Insofern ist Gottwald eine Ausnahme-Erscheinung, zumal sein technisches Können dabei kaum
Grund zum Klagen gibt. Ob sein ausgedehntes Solo in Verneigung vor seinem großen Vorbild Albert Mangelsdorff jetzt so glücklich gewählt war, zumal direkt im Anschluss Conrad Noll (Bass) das
Bühnengeschehen auf sich ausrichtete. Der vorhergehende Wechsel zwischen einem auskomponierten Wutanfall auf der einen und einer lyrischen Ballade auf der anderen Seite, sorgte aber zweifelsohne
für Aufsehen.
Bleibt noch Sängerin Taurinta Rigertaite, die Ihre Kompositionen in fünf verschiedenen Sprachen singt. Mal sind es Volkslieder aus ihrer Heimat Litauen, dann wieder eine Interpretation von Billie
Hollidays „God Bless The Child“, die aus ihrer kraftvollen Kehle sprudeln und entweder in den Saal oder in ihre Loop-Maschine entlassen werden. Währenddessen hält ihr ein Trio (Gert Kapo,
Keyboards; Roman Fuchß, E-Bass; Thomas Esch, Drums) den Rücken frei und darf mitunter auch selber ran, was sich als Glücksfall für die Ohren erweist. Ein starker Auftritt und ein exzellenter
Schlusspunkt für eine Konzertreihe, die Ihresgleichen sucht. Bleibt zu hoffen, dass die SWB die Kooperation mit Thomas Kimmerle fortsetzen und auch in Zukunft jungen Jazzern genau das bieten, was
ihnen am meisten fehlt: Eine Bühne.
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