Jean-Philippe Kindler: Pointen für exakt 22 Euro

Bonner Studierende haben es momentan gut: Dank des AstA-Kulturtickets können sie zahlreiche Theatervorstellungen und Kleinkunstveranstaltungen für gerade einmal drei Euro pro Ticket besuchen, die Häuser füllen – und so manche Kalkulation durcheinanderbringen. Vor allem die von Jean-Philippe Kindler, der angesichts dieses Schnäppchens bei seinem Auftritt im Pantheon ein bisschen irritiert ist. Immerhin hat er anhand des Vorverkaufs genau ausgerechnet, was sein Programm wert sein müsste, und kam dank ein paar geschickt gekürzten oder gar gestrichenen Pointen auf 22 Euro. Doch dann tauchen diese Studierenden auf und bringen den Schnitt durcheinander.

Jetzt muss der Poetry-Slammer mit dem Hang zu bissiger politischer Satire also lustiger sein als angemessen, wenn er den Gesetzen des neoliberalen Marktes gerecht werden will. Zum Glück nimmt Kindler es damit nicht ganz so genau. Und im Notfall hat er zudem ein Ass im Ärmel.

 

Tatsächlich ist der 26-Jährige ein erstaunlich scharfsinniger Kritiker gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen, der nur zu gerne jeden aufs Korn nimmt, der ihm vor die Verbalflinte kommt, ob er nun zur FDP gehört oder zu den Grünen. Wenn es nach ihm ginge, würden die Abgeordneten es ähnlich machen und sich mal eines schärferen Tonfalls befleißigen, statt immer nur um den heißen Brei herumreden, doch die Zeiten eines Herbert Wehner sind leider längst vorbei, was die Bundestagsdebatten relativ dröge macht. Aber gut, so bleibt mehr für Kindler zu tun. Dabei ist dieser eigenen Aussagen zufolge auch nur ein „Lauch“, als Revolutionsführer also eher ungeeignet. Andererseits ist es gerade diese Mischung aus Sozialarbeiterduktus, moralischem Denken und kritischer Haltung, die sein Programm auszeichnet, das an manchen Stellen zwar noch ein bisschen nachgeschärft werden könnte und sollte, aber wenigstens über eine Botschaft verfügt. Davon ist Abdul Kader Chahin bei seinem Gastauftritt Lichtjahre entfernt. Auch er ist Poetry-Slammer, macht zusammen mit Kindler einen Podcast und redet mal eben über Penisprobleme beim Urologen, weil es ansonsten ja nichts wichtiges zu sagen gibt. Immerhin: So schnell lässt sich Kindlers Rechnung korrigieren. Dafür sind drei-Euro-Tickets gerade richtig.

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