Triosence: Rockende Eichhörnchen

Bernhard Schüler liebt Anekdoten und Geschichten. Der Jazz-Pianist und Gründer von Triosence hat immer etwas zu erzählen, ob nun in seinen Moderationen oder auf den Tasten seines Klaviers: Mal geht es bei ihm um den wahren Namen des legendären Chick Corea, mal um die Vorstellung, ganz entspannt über einen amerikanischen Highway zu fahren, und manchmal um rockende Eichhörnchen. Zutrauliche kleine Nager, die Schüler und seine Lebensgefährtin an ihrer gepachteten alten Mühle irgendwo im Nirgendwo füttern und die sich inzwischen durch nichts und niemanden vertreiben lassen, auch nicht durch das pulsierende, treibende Spiel von Drummer Tobias Schulte.

Es sind Bilder wie dieses, die die Grundlage für die melodischen und doch komplexen Triosence-Kompositionen bilden. Jetzt hat das Trio – bestehend aus Schüler, Schulte und Bassist Omar Rodriguez Calvo – sein neues Album „Giulia“ in der Harmonie vorgestellt und mit den Hintergründen zu den neuen Stücken ebenso für Begeisterung gesorgt wie mit den Werken selbst.

 

Die Harmonie ist gut gefüllt; keine Selbstverständlichkeit in diesen Post-Pandemie-Zeiten, wie Schüler betont. Andererseits haben Triosence in Bonn schon immer viele treue Fans gehabt, und so ist die Atmosphäre in dem Endenicher Club fast schon familiär. Das spürt auch das Trio – und gibt Gas. Mit deutlich mehr Verve als auf dem Album jagt Schüler über die Tasten, angetrieben vom dynamisch-druckvollen und ungeheuer vielseitigen Spiel Schultes und dem entspannten Groove Calvos. Letzterer dürfte Jazz-Fans auch vom Tingvall-Trio ein Begriff sein; in beiden Formationen agiert der Kubaner als brillanter Impulsgeber, der es genießt, mit anderen Musikern auf Augenhöhe zu spielen. Dafür steht Triosence nun schon seit mehr als 20 Jahren, dafür und für den fast schon songhaften Charakter der klar strukturierten und dennoch viele Freiheiten bietenden Stücke.

 

Beides wird in der Harmonie einmal mehr deutlich, ob nun bei „Squirrels rock“ oder bei dem Titelstück „Giulia“, das Bernhard Schüler genau so lang begleitet wie das Trio und das doch erst jetzt fertiggestellt werden konnte. Das Warten hat sich gelohnt. Mal entspannt und dann wieder lebhaft fließt die Musik dahin, wird blumig ausgeschmückt und wird doch nie beliebig. Klasse. Noch schöner ist allerdings das energetische „No one’s fault“, das allerdings von dem 2013er Album „Turning Point“ stammt und das Triosence, wie einige andere Klassiker auch, nur zu gerne unter die neuen Kompositionen mischen. Wenn jetzt noch Trompeter Paolo Fresu, der auf dem Album mitwirkte, in die Harmonie gekommen wäre, der Abend wäre perfekt gewesen. Andererseits: Angesichts der Stimmung vor und auf der Bühne, angesichts der fantastischen Musik und der Spielfreude von Triosence war der Abend auch so schon sehr nah dran.

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