Henning Schmidtke: „Träume mein Leben“

Auf Egomanen können viele Menschen problemlos verzichten. Auf amerikanische (Trump) ebenso sehr wie auf russische (Putin). Dabei sind wir ja quasi selber schuld, dass diese Menschen inzwischen so mächtig und so gefährlich geworden sind, wir und der Kapitalismus. „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht“, so lautet immerhin die Maxime dieser Wirtschaftsform. Doch das müsse gar nicht so sein, sagt Henning Schmidtke im Haus der Springmaus. Denn: „Wenn jeder an seinen Nächsten denkt, ist auch an alle gedacht.“ Aus liberal wird sozial, und wenn man dann noch ein paar Ex-Präsidenten und Diktatoren sowie einige Konzernbosse auf den Mond oder besser noch gleich zum Mars schießen würde, hätte man gleich eine viel bessere Welt geschaffen. Die Frage ist nur, ob Schmidtke, der bekennende Egomane unter den deutschen Kabarettisten, auch in die Rakete steigen müsste – oder ob er mit seinem Programm „Egoland“ Schule macht.

Eigentlich ist Schmidtke ein ganz Netter, aber auch jemand, der unbequem werden kann, wenn die Situation es erfordert. Eine klare Haltung und sehr viel Recherche zeichnen das Programm des 52-Jährigen aus, auch wenn er beides mitunter hinter so manchen Kabarett-Klischees versteckt. Ja, als Stimmimitator ist er ganz passabel, aber Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Karl Lauterbach, die kann nun wirklich jeder. Davon abgesehen ist Schmidtke als Komponist selbst so versiert, dass er die Vorbilder nur braucht, um sie bei den zahlreichen Casting-Shows schon in der ersten Runde rausfliegen zu lassen, weil sie für den massentauglichen Einheitsbrei schlichtweg zu viel Individualität besitzen – also Grönemeyer und Lindenberg, nicht Lauterbach.

Wenn Schmidtke allerdings zu seinem Hauptthema kommt, blüht er auf. Genüsslich offenbart er den Kult des Egoismus vor dem Altar Mammons, setzt dem liberalen Grundgedanken von Adam Smith (dessen Ausführungen zur Sympathie für die Mitmenschen er allerdings unterschlägt) kurzerhand Richard Dawkins gegenüber und fährt dann eben selbst die Ellenbogen aus. „Ist das nicht geil, geil, geil“ singt er im feschen Country-Style und bezieht das natürlich auf sich. „Träume nicht dein Leben, träume lieber meins“: Die Figur des arroganten Narzissten, die Schmidtke in diesen Minuten zum Leben erweckt, ist die beste Parodie des Abends, gnadenlos überzeichnet und trotzdem nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Ergänzt durch so manche philosophische Überlegung in Bezug auf das Ego, das so widerlich erscheint und doch zugleich der Grund ist, warum Menschen anfangen Klavier zu spielen oder zu träumen, schafft Schmidtke einen durchaus unterhaltsamen und mitunter recht lehrreichen Abend.

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