„Die letzten 5 Jahre“: Ein Blick zurück und einer nach vorn

Alles beginnt mit einem Ende. Und einem Anfang. Das Zwei-Personen-Musical „Die letzten 5 Jahre“ des amerikanischen Komponisten und Autors Jason Robert Brown nimmt es mit der Zeit nicht so genau. Immerhin verfügt das Stück, das jetzt in einer deutschen Übersetzung auf der Außenbühne des Kleinen Theaters Bad Godesberg Premiere feiern konnte, nicht etwa über eine, sondern gleich über zwei Chronologien, eine vorwärts- und eine rückwärtsgewandte. Es ist ein geschickter Kniff, mit dem die Beziehung zwischen Jamie (Florian Albers) und Cathy (Tamara Peters) erzählt wird: Er erinnert sich linear, vom ersten Date bis zur tragischen Trennung, sie macht es umgekehrt. Und so ist es auch die Form anstelle des Inhalts, die dem Musical seinen Reiz verleiht – nicht die Frage danach, was passieren wird, sondern vielmehr die, warum es so kommt, wie es kommen wird.

Der Kunstgriffs Browns ist ebenso einfach wie brillant. Die Beziehung zwischen dem erfolgreichen Schriftsteller Jamie und der sich mühsam durchbeißenden Schauspielerin Cathy ist schon gescheitert, bevor das Stück beginnt, und gleichzeitig so frisch wie am ersten Tag. Nur bei der Hochzeit, dem Übergang von unbeschwerter Liebe zu fester Bindung, sind die beiden Figuren im Einklang. In diesem Moment belasten weder Erwartungen noch Enttäuschungen die Beziehung des Paares – und es sagt viel über Brown aus, dass er die Hochzeit nicht als einen Höhepunkt charakterisiert, sondern lediglich als Wendepunkt. Überraschend ist dies allerdings dann nicht, wenn man weiß, dass Brown „Die letzten 5 Jahre“ als Reaktion auf seine eigene gescheiterte Ehe schrieb.

In Bad Godesberg kommt das Musical in der Inszenierung von Stefan Krause recht reduziert daher. Mehr als drei Türen in zwei Rahmen, vier weiße Klötze und ein rotes Tuch sind auf der Bühne nicht zu finden, und statt des Ensembles mit zwei Celli, Geige, Bass, Gitarre und Percussion sitzt lediglich der musikalische Leiter Theo Palm am Keyboard. Ersteres stört nicht weiter, letzteres nur dann, wenn man die Wucht und die Vielschichtigkeit des Originals im Hinterkopf hat. Ein größerer Aufwand wäre aber ohnehin nicht zu rechtfertigen gewesen, nicht in diesen Zeiten – und dank Palms Geschick an den Tasten und zweier engagierter Darsteller auf der Bühne kommen die Kompositionen auch in dieser Form zu ihrem Recht. Florian Albers und Tamara Peters, im wirklichen Leben verheiratet und in frohen Erwartungen auf Nachwuchs, spielen die Spannungen zwischen Jamie und Cathy trotz nur minimaler Berührungspunkte genüsslich aus und lassen sich auch durch die anspruchsvollen Arrangements nicht aus der Fassung bringen.

 

Tatsächlich weisen die 14 Stücke immer wieder Tücken auf, sind mal rhythmisch vertrackt und dann wieder melodisch herausfordernd. Vor allem Florian Albers hat damit am Anfang zu kämpfen und presst sich förmlich in die hohen Lagen. Doch spätestens beim „Schmuel-Song“, der zum Teil an Friedrich Hollaenders Chansons erinnert und doch mit seinem kindlichen Refrain ebenso gut in einen Disney-Film passen würde, hat er sich warmgesungen. Derweil lässt Tamara Peters trotz sichtbarer Schwangerschaft alle Facetten ihrer Stimme funkeln und überzeugt auch schauspielerisch sehr. Dank des sympathischen Duos auf der Bühne, geschickt arrangierten Songs und der besonderen Form ist ein Besuch im Kleinen Theater somit für jeden Musical-Fan zu empfehlen.

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