Tom Allan & The Strangest + Man: Junge Wilde, alte Bässe

Gute Laune muss man sich in diesen schwierigen Zeiten mitunter fast schon erkämpfen. Es sei denn, man ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Etwa in der Harmonie. Dort haben am vergangenen Donnerstag nämlich Tom Allan & The Strangest im Rahmen des WDR Rockpalasts beim dortigen Crossroads-Festival alle Register gezogen, um Corona zumindest für 75 Minuten vergessen zu machen – und das mit Erfolg. Die Essener Indierock-Band, die sich ebenso gerne beim Punk wie beim Brit-Pop bedient und mitunter ein wenig an Soundgarden, The Libertines und Frank Turner erinnert, spielten mit einer derartigen Lebensfreude auf, dass alles andere egal war. Einfach mal feiern, Spaß haben und abrocken. Und zwar mit Nachdruck.

Dabei konnten Tom Allan und Evan Beltran (alias „The Strangest“) sowohl auf die zarte als auch auf die harte Tour überzeugen. Mal setzten sie auf wunderbare Hymnen, die wie „By my side“ auch als charmanter Sommerhit funktionieren würden, dann wieder wurden sie so richtig laut, hämmerten rotzige Riffs in den Bühnenboden und mischten so den entspannten Vibes eine ordentliche Dosis Aufputschmittel bei. Damit kaschierten sie zum Teil auch die nicht unerheblichen Intonationsprobleme Beltrans, der zumindest stimmlich keinen guten Tag hatte. Dem Publikum war dies ohnehin egal: Es war schon nach dem Opener „Walk Like Chaplin“ völlig aus dem Häuschen, feierte bei „Around This Town“ und „By My Side“ ausgiebig mit und hätte sich am liebsten noch ein gutes Dutzend Zugaben erklatscht.

Doch das wäre Man gegenüber nicht fair gewesen. Die Veteranen des Progressive Rock, die in den 70er Jahren Stammgäste im Godesberger „Underground“ waren, hatten schließlich auch noch ein Wörtchen mitzureden, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so spritzig daherkamen wie Tom Allan & The Strangest. An Abwechslungsreichtum mangelte es der Formation um Bass-Legende Martin Ace jedoch nicht. Ihre ausladenden Stücke strotzten vielmehr vor Ideen, änderten gerne mal unerwartet die Richtung und waren so vieles, aber ganz sicher nie langweilig. Allerdings musste Ace dafür am besten schon selbst ans Mikrofon treten, fehlt seinen jüngeren Kollegen (darunter sein Sohn Josh) doch leider die stimmliche Souveränität. Andererseits ist der Gesang im Progressive Rock nun wirklich nebensächlich – und spielen können Man auch in Version 3.0 hervorragend. In der Harmonie kamen die Stücke, inklusive der Klassiker „Manillo“ und „Bananas“, auf jeden Fall hervorragend an und schickten den ein oder anderen Gast am Ende nostalgisch beseelt nach Hause.

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