Bukahara: Die wollen nur spielen

Ein neues Album ist schon etwas Besonderes. Es sei denn, keiner hört es. Vor allem nicht live. Ohne Konzerte, mit denen die frisch veröffentlichten Songs dem Publikum vorgestellt werden können, ist es extrem schwierig, die Platte zu vermarkten. Ein Schicksal, das in diesem Frühjahr viele Bands teilten. Auch Bukahara. er Corona-Lockdown hatte dem Kölner Neofolk-Quartett einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und es samt ihrer neuen CD „Canaries In A Coal Mine“ für vier monate aufs Abstellgleis verbannt. Umso glücklicher waren die vier Jungs nun, auf dem gerade erst eröffneten Kulturgarten auftreten zu können und zumindest ein bisschen was nachzuholen.

Wobei, was heißt schon ein bisschen: Rund 1500 Fans waren schließlich am vergangenen Dienstag in die Bonner Rheinaue gekommen, um bei traumhaftem Wetter mit den musikalischen Globetrottern zu feiern. Und wie schon am vergangenen Wochenende bei Brings war das Konzert von Bukahara trotz der ein oder anderen Einschränkung ein Genuss.

Entziehen konnte man sich dem Straßenkötercharme von Bukahara ohnehin nicht, selbst wenn man dies gewollt hätte. Die Musik der Band, irgendwo im Spannungsfeld von Gypsy, Swing, Reggae, Pop und Balkan-Jazz verortet, zauberte jedem Besucher der kleinen Blumenwiese bereits mit den ersten Tönen ein Lächeln aufs Gesicht, das von Strophe zu Strophe und von Lied zu Lied immer breiter wurde. Endlich wieder Live-Musik, und dann auch noch so gut, so bunt, so vielfältig! Natürlich standen die neuen Titel im Mittelpunkt, die sich dank eines entspannten Grooves nahtlos in das restliche Werk Bukaharas einfügten. Bassist Ahmed Eid erwies sich dabei als leidenschaftlicher Taktgeber; Geiger Daniel Avi Schneider sowie Posaunist und Sousaphonist Max von Einem als Meister der Klangfarben; und Drummer, Gitarrist und Sänger Soufian Zoghlami als brillanter Nukleus einer Band, die eigentlich nur spielen will und doch auch einiges zu sagen hat. Dem energischen „No“ vom letzten Album, mit dem Bukahara Rassismus und Verfolgung den Kampf ansagt, stellte das Quartett nun die Hymne „We Are Still Here“ entgegen – und in beiden Fällen sang das Publikum lauthals mit, schmetterte das kollektive Statement in den Sommerhimmel und verlieh so vor allem dem neuen Song eine neue Dimension. „Ja, wir sind noch immer da, trotz Corona. Und wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Eine gute, eine wichtige Botschaft. Und eine, für die es Kultur braucht.

Obwohl der Kulturgarten am Dienstag noch voller war als beim Eröffnungsabend mit Brings, hielten sich alle Besucher einmal mehr an die Regeln: Maskenpflicht und Tanzverbot wurden eingehalten, auch wenn letzteres mitunter überaus schwer fiel. Dann mussten eben die Arme herhalten, die kollektiv in Richtung Bühne winkten und Bukahara eine Energie zukommen ließen, die diese viel zu lange nicht mehr gespürt hatten. Vielleicht lag es daran, dass die Band mitunter noch mit angezogener Handbremse zu spielen schien, vielleicht aber wollte sie auch nicht riskieren, dass einige Fans völlig aus dem Häuschen gerieten. Schön war es auf jeden Fall auch so. Sogar sehr schön. So kann der Kulturgarten ruhig noch weitergehen.

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