Hildegart Scholten: Post von Mutter

Auf dem Land kommen manche Menschen auf verrückte Ideen. Da werden Pfauen zur Bewachung des Hofs eingesetzt (und nach dem unvermeidlichen Unfalltod kurzerhand als Fasan-Ersatz in die Pfanne gehauen), Katzen in Kirschbäume verfrachtet und Kinder auf den Mähdrescher, den sie dank eines Pflastersteins am Fuß zumindest ansatzweise übers Feld fahren können. Eigentlich könnte man darüber ja mal ein Kabarett-Programm schreiben. Oder zwei. Oder drei.

Doch wenn Hildegart Scholten aus dem Nähkästchen plaudert und ihre Vergangenheit als Landei Revue passieren lässt, scheinen die Geschehnisse auf dem Bauernhof ungefähr genau so farbenfroh zu sein wie die Kleidung der in Nougat- und Beige-Töne gewandeten Dame. Schon ihr Programm „Grottenehrlich“ kam aufgrund schwacher Pointen nicht so recht in Gang – nun hat sie in der Pantheon-Lounge den Nachfolger „Gefühlsecht“ vorgestellt, der das Dilemma nur noch weiter verstärkt.

 

So wirklich erzählen will Scholten ohnehin nicht. Lieber plaudert sie mit dem Publikum, fragt es über ihre Bettwäsche-Vorlieben aus und schleppt sich mit solcherlei bemühtem Smalltalk durch den Abend. Da hilft auch der Pianist nicht, den die Kabarettistin mitgebracht hat, für's Auge natürlich und nicht für's Ohr. Das erklärt, warum er nur selten auf den Tasten herumklimpern darf, während Scholten ein wenig vor sich hin singt und ihre eigentlich beachtliche Stimme nicht zur Geltung kommen lässt. Sie bleibt fahl, fad, schal. Ab und zu liest sie Postkarten ihrer Mutter vor, die eher von Tristesse denn von Wahnsinn zeugen, zumal Scholten es an Tempo und Dynamik mangelt. Gut, das mag daran liegen, dass das neue Programm noch nicht so ganz eingespielt ist, doch auch dann sorgen banale Aussagen a la „Hier gibt es immer viel zu tun“ eher für einen Gähn- als für einen Lachanfall. Dabei wären die Voraussetzungen doch gegeben, um mehr daraus zu machen. Die Figuren sind vorhanden, jetzt müssten sie nur noch aktiv sein, statt wie Pferd Diederich und Pony Karacho im Stall zu stehen und für ein paar hohle Phrasen herhalten zu müssen. Und wenn nicht sie, dann zumindest Hildegart Scholten. Die bleibt jedoch seltsam unbeteiligt, eine Chronistin ohne Witz und eine Darstellerin ohne Wucht. Enttäuschend. Das Publikum schenkt ihr denn auch lediglich höflichen Applaus.

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Kommentare: 1
  • #1

    Julia Cook (Sonntag, 11 Februar 2024 13:30)

    Sie ist einfach toll. Sie lebt die Rolle. Der Abend endet mit Bauchmuskelkater.