Wildes Holz: Kling, Hölzchen, Klingelingeling

Blockflötenkonzerte sind im Dezember eine oftmals gefürchtete Tradition – es sei denn, sie finden im Haus der Springmaus statt. Dort treten nämlich üblicherweise keine Musikschulklassen auf, die ihre Instrumente mit ausgewiesener Lustlosigkeit malträtieren und sich fiepend durch die Klassiker der Weihnachtsliteratur quälen, sondern Wildes Holz. Und das Trio um Deutschlands einzigen Diplom-Jazzblockflötisten Tobias Reisige hat nicht nur jede Menge Bock auf Block, sondern auch einen ganz eigenen Zugang zu den bevorstehenden Feiertagen. Einen, der Volkstümliches ebenso aufgreift wie Latin und Jazz, Pop, Klassik und Rock und daraus eine Mischung macht, die mitunter ebenso berauschend ist wie ein guter Glühwein.

Für Wildes Holz ist dieses Weihnachtskonzert allerdings in gleich zweierlei Hinsicht etwas Besonderes. Auf der einen Seite müssen Reisige und Bassist Markus Conrads erstmals ohne ihren langjährigen Freund Anto Karaula auf die geschmückte Bühne treten, der im August 2018 unerwartet verstorben war – auf der anderen Seite feiern sie bereits den 100. Auftritt mit ihrem neuen Gitarristen Djamel Laroussi, der in Algerien eine Art Superstar ist und ganz neue Impulse in das Trio einbringt. Die kommen in einigen Eigenkompositionen durchaus zum Tragen, doch im Gegensatz zu den regulären Programmen von Wildes Holz hält sich der Seitenvirtuose diesmal weitgehend zurück, vielleicht auch weil ihm vor allem die traditionellen Lieder noch immer ein wenig fremd sind. Dennoch sorgt er für eine elegante Swing-Begleitung bei „Kling Glöckchen, Klingelingeling“  oder auch bei „Süßer die Glocken nie klingen“, während Conrads und Reisige mit diesen Stücken nur zu gerne Schindluder treiben. An sich kein Problem – wenn diese dadurch nicht ein bisschen zu grell und zu schrill geraten würden. Ohnehin scheint gerade Reisige zu schwächeln, ist beim atemberaubend schnellen „Rondo alla Turca“ nicht ganz so sauber und präzise, wie man es sonst von ihm gewohnt ist, und lässt bei seinem Auftritt als kleiner Trommlerjunge (samt eingestreuten „Kashmir“-Passagen) das richtige Timing vermissen. Szenenapplaus erhält er dagegen für sein Spiel mit zwei Flöten gleichzeitig und für seine Quartett-Fassung von „Nun komm, der Heiden Heiland“, die dank einer Loop-Station auch ohne die beiden Trio-Kollegen auskommt. Dazwischen erstreckt sich ein Repertoire, das von italienischen Kanons über „Maria durch ein Dornwald ging“ bis hin zu den Red Hot Chili Peppers reicht. Nicht alles weihnachtlich, aber alles wild. Und im Großen und Ganzen gut.

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