James Bay: Beats für den Mainstream

Die Rheinaue klingt wieder: Nach einer dreiwöchigen Sommerpause sind die KunstRasen-Konzerte am vergangenen Donnerstag in die zweite Runde gegangen und haben mit James Bay einen Musiker präsentiert, der sich offenbar nicht vor einer künstlerischen Kehrtwende scheut. Einst als Singer-Songwriter mit Blueswurzeln gestartet, hat sich der 28-Jährige Brite mit seinem 2018er Album „Electric Light“, das er an diesem Abend zusammen mit einigen noch neueren Titeln und so manchen Klassikern vor rund 3000 Zuschauern präsentierte, bewusst dem Mainstream zugewandt – und kam damit vor allem bei seinen weiblichen Fans erstaunlich gut an.

Der neue Sound, der offenkundig von Frank Ocean und den Tropical-House-Beats Justin Biebers inspiriert ist, wurde ebenso frenetisch gefeiert wie die verträumten Balladen seines Debütalbums "Chaos And The Calm". Gut, die klangliche Bandbreite war trotz neu hinzugekommener E-Gitarren nicht sonderlich groß, die Rhythmen weitgehend austauschbar, ebenso wie die Harmonien. Doch auch wenn der neue Ansatz mitunter artifiziell wirkte, gelang es Bay dank seines bemerkenswerten Charismas, der Musik einen ganz besonderen Funken mitzugeben und die kreischende Menge ein ums andere Mal zu begeistern.

Zugegeben, nicht jeder Song war ein Hit; vor allem die neueren Titel ertranken mitunter nur so in Synth-Pop-Effekten und gequältem Falsettgesang ("Fade Out"), und längst nicht allen gelang eine derart delikate Balance wie dem spritzigen „Pink Lemoande“, mit dem Bay die Massen in seinen Bann zog. Doch dieser verstand sich darauf, auch die schwächeren Nummern gut zu verkaufen - das hat er nicht zuletzt bei seinem Kollegen Ed Sheeran gelernt, bei dessen Tour er zuletzt regelmäßig im Vorprogramm aufgetreten war und so schon Hunderttausende beglückte. Der Erfolg gibt ihm recht, bestätigt ihn in seiner Wandlung, die ihn mehr in Richtung Poprock geführt hat und die noch nicht abgeschlossen sein dürfte. Selbst einige der früheren Songwriter-Stücke erhielten auf dem KunstRasen einen neuen Anstrich, durften mehr krachen als früher, überzogen von den gängigen Nu-Soul- und Radiogaga-Phrasen. Sogar „Let It Go“, Bays größter Hit, mutierte zu einer Power-Ballade. Kann man so machen, auch wenn Bay immer noch dann am besten klingt, wenn er sich auf das Wesentliche beschränkt, den Sound reduziert, alleine mit seiner Gitarre von der Liebe singt und damit Gänsehaut erzeugt. Er muss nicht rocken. Nur fühlen.

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