Paul Panzer: Glücksritter mit Wuteule

Dem Glück jagt jeder hinterher. Selbst Paul Panzer. Oder vielmehr: gerade Paul Panzer. Immerhin hat es der Comedian nicht leicht. Ja, Erfolg hat er, aber eben auch eine Frau mit einer tief empfundenen Begierde nach „Tschibbo“-Produkten und zwei feierwütigen Teenager-Kindern mit dem Intellekt von lobotomierten Chihuahuas. Dabei soll doch gerade die Familie glücklich machen. Nur wie? Da muss Panzer ganz schön in sich gehen. Und auf der Bühne der Oper Bonn sein Leid klagen wie ein Heldentenor von der traurigen Gestalt. Was verdammt lustig ist. Und ihn zugleich sympathischer und dreidimensionaler macht als all seine vorhergehenden Programme zusammen.

Es ist eine bemerkenswerte Volte für Paul Panzer: Aus dem einstigen Telefonterroristen, der mit absurden Sprachanrufen so manchen um den Verstand brachte, ist ein Don Quixote geworden, ein melancholischer Philosoph und Glücksritter, der fast schon resigniert über die Welt und die Menschen in ihr räsoniert und mit einer fast schon würdevollen Weisheit so manches zu kritisieren weiß. Da findet er Gestalten wie eben seine Hilde, die nach dem Motto „ich kaufe, also bin ich“ lebt und sich darin auch noch beim regelmäßigen Mädelsabend von Tante Vader bestärken lässt. Oder Tochter Susaska, die als überzeugte Fruktarierin nur Kartoffeln verzehrt, die nicht nach der Ernte voneinander getrennt wurden. Aber gut, wenn es sie glücklich macht, der Konsum auf der einen Seite und die Selbstkasteiung auf der anderen. Jedem das seine, da ist Paul Panzer konsequent. „Jeder ist seines Glückes Schmitt“, sagt er mit dem ihm üblichen Sprachfehler. Hauptsache, er wird damit nicht behelligt.

Doch genau das geschieht natürlich. Susaska muss er regelmäßig in der „Ditzko“ abholen und scheitert dabei schon an der „Chicorée“ (der Security), mit Hilde muss er kochen und verzweifelt an der Suche nach dem Brokkoli, und für seinen dauerpaffenden Sohn Bolle muss er ins benachbarte Mädchenwohnheim tapern, um dort die vermisste Video-Drone zu bergen. Doch was tut man nicht alles für die Familie? Gut, er könnte ja „Nein“ sagen, aber Panzer ist schließlich ein Gentleman, und davon abgesehen sind Blutsbande nun einmal überaus stark. Also erinnert er sich an sein Anti-Agressionstraining, zerquetscht heimlich die unsichtbare Wuteule in der Hosentasche und begibt sich auf die ihm auferlegten Questen.

Zwei Stunden lang macht sich Paul Panzer auf diese Weise Gedanken über das Glück und wirkt dabei so reif wie nie. Immer wieder regt er mit seinen absurden Ausführungen zum Lachen an, mindestens ebenso oft weckt er aber auch das Mitgefühl des Publikums, das ihn immer dann trösten möchte, wenn er gerade mal so aussieht wie ein begossener Pudel. Dabei wird der Glücksritter durchaus fündig, etwa in den kleinen Momenten, in denen es nur ihn gibt und ein angeschalteter Fernseher und ein großer Stapel voller belegter Brote. Oder in der großen Erkenntnis, dass seine Frau ihn wirklich lieben muss, wenn sie nach all den Jahren immer noch mit ihm zusammen ist. Da lacht der Paul wieder. Und akzeptiert eben auch 36-minütige Sprachnachrichten oder einen Besuch von „Cats“. Da muss er halt durch, der Panzer. Ist ja für die Familie. Und letztlich macht die auch ihn glücklich. So lange er nur tolerant genug ist.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0