Big Daddy Wilson: Brüder im Blues

Big Daddy Wilson ist schon eine besondere Erscheinung. Schwarzer Anzug, Hut, Sonnenbrille – eine feinere, gediegenere Version von James und Elwood Blues, ein Gentleman des Soul, ein nur zu gern gesehener und gehörter Anachronismus mit einer herausragenden Stimme und mehr Gefühl auf der Zungenspitze als viele andere Sänger im gesamten Körper. In der Harmonie war Wilson schon mehrfach zu Gast, jetzt ist er im Rahmen seiner „Deep in my Soul“-Tour erneut in Bonn, mühelos einen Zwölftakter nach dem nächsten veredelnd. Und das nicht allein. Denn gerade gegen Ende des Konzerts zeigt seine Band, dass sie mehr ist als nur ein Fundament für den 59-Jährigen. Viel mehr.

Dabei beherrscht Wilson die Szenerie mühelos, wenn er am Mikrofon steht. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, dass er den Blues erst in Deutschland kennengelernt hat, während seiner Zeit bei der US Army. Vielmehr klingt er so, als hätte er dieses Genre mit der Muttermilch eingesogen, den erdigen, staubigen Country-Blues aus Texas und den sumpfig-modrigen Delta-Blues aus Tennessee, die Musik der Arbeiter und des umherziehenden Volkes, in der sich Trauer mit Lebensfreude mischt, Melancholie mit Lust und Zorn mit immenser Gelassenheit. All das vermag Wilson mit seinem volltönenden, intensiven Organ auszudrücken, ebenso wie seinen Glauben, den er im Gospel ausdrückt oder auch im Soul. Bei ihm gehört beides zusammen, eben wie bei einem echten Blues Brother, und mit der dazugehörigen Energie jagt er denn auch durch „Neckbone Stew“ oder den „Texas Boogie“. Klasse.

Immer wieder lässt Wilson aber auch seine Band-Kollegen ins Rampenlicht treten. Gitarrist Cesare Nolli darf sogar zwei eigene Stücke vortragen und erweist sich als exzellenter Frontmann. Und die anderen? Stehen ihm in nichts nach. Beim großen Finale des Abends stimmen sie reihum einen Klassiker nach dem nächsten an, tummeln sich in allen Genres, bedienen sich bei Reggae ebenso wie bei Motown und Funk und haben sichtlich Spaß. Drummer Nik Taccori darf ebenso Gas geben wie Bassist Paolo Legramandi und vor allem Keyboarder Enzo Messina, der mit seiner leicht rauen Stimme das ohnehin restlos begeisterte Publikum noch einmal zusätzlich euphorisiert. Ein herausragender Abschluss einer Band, die Brüder im Blues und darüber hinaus sind und die Big Daddy Wilson auf Augenhöhe begegnen dürfen. Davon bitte mehr.

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