Tommy Engel: Hymnen op Kölsch

Kölner Musiker und ihre Stadt, das ist schon ein ganz besonderes Verhältnis. Ein inniges, gerne auch ein idealisierendes. Unzählige Lieder drehen sich um die Eigenarten der Domstadt, um die Gemeinschaft, um den Karneval, um die Traditionen und Geschichten. Wie viele Hymnen mag es auf Köln wohl geben? Keiner weiß es – aber Tommy Engel könnte zumindest eine ungefähre Ahnung davon haben. Der ehemalige Frontmann der Bläck Fööss hat selbst einige Klassiker geschrieben und sich nun dazu entschlossen, ein „Kölsches Songbook“ zusammenzustellen, in dem diese Titel und noch viele mehr versammelt sind. Im Pantheon hat er nun mit einer hochkarätigen Band eine Auswahl an kölschem Liedgut in neuem Gewand präsentiert, aber auch den ein oder anderen musikalischen Zuwanderer geschickt integriert.

In gewisser Weise ist dieser Schritt sowohl eine Stärke als auch die größte Schwäche des Projekts. Auf der einen Seite kommen „Stand By Me“, Tina Turners „I Can't Stand The Rain“ oder auch Randy Newmans „Short People“ mit kölschen Texten und schmissigen Arrangements hervorragend zur Geltung, auf der anderen Seite widerspricht die Einbeziehung dieser Titel der eigentlichen Intention des Kölschen Songbooks. Und warum die Band ohne Tommy Engel „God Only Knows“ von Beach-Boy-Mastermind Brian Wilson im Original anstimmt, ist sogar völlig unlogisch, wenn auch angesichts des zarten Arrangements ein wunderbarer Ausrutscher. Bedauernswert ist dagegen, dass wirklich urkölsche Klassiker dadurch zu kurz kommen, weder Willi Ostermann noch Jupp Schmitz oder Willy Millowitsch bedacht werden, obwohl diese Volkssänger eine größere Berechtigung im Repertoire gehabt hätten als die Cover-Versionen amerikanischer Evergreens, so schön diese auch klingen.

Nach und nach nordet sich die Band um den Ex-BAP-Gitarristen Helmut Krumminga und den Keyboarder Jürgen Fritz dennoch auf Köln ein. Die rockigen Arrangements geben den Songs zusätzlichen Schwung, so wie Trude Herrs „Die Stadt“ oder auch Hans Knips' „Ne Besuch em Zoo“, mit der älteste Titel des Abends. Derweil wird Cat Ballous „Et Jitt Kei Wood“ ein wenig entschleunigt und verliert dadurch zwar einen gewissen Schwung, gewinnt aber dafür an Gewicht. Klingt ein wenig gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber gut, nicht zuletzt dank des bestens aufgelegten Tommy Engel, der sich so wandlungsfähig wie eh und je zeigt, mal die Rockröhre gibt, mal den im LSE-Bademantel augenzwinkernd trällernden Satiriker und dann wieder den feinfühligen Sänger, der Gerd Kösters „Ze vill Jepäck“ veredelt. Die Eskapaden zu ortsfremden Komponisten sind längst Vergangenheit, die Band ist mittendrin im kölschen Liedgut. Jetzt dreht auch das ohnehin begeisterte Publikum noch weiter auf: Beim Bläck-Fööss-Klassiker „Ming eetste Fründin“ erweist es sich als überaus textsicher und singt Tommy Engel sowie dem „Meiers Kättche“ ein Ständchen, und auch bei „Du bes Kölle“ schmettern hunderte Kehlen lauthals den Refrain. Ja, hier wird eine Stadt endgültig idealisiert, aber so viel Lokalpatriotismus muss einfach sein. Erst recht, wenn zum Schluss Tommy Engel „En unserem Veedel“ anstimmt, jener unsterblichen Ballade auf einen Gemeinsinn, der nicht hoch genug geschätzt werden kann. Ein schönes Finale eines Konzerts, das trotz ein paar konzeptionellen Überraschungen doch mit musikalischer Brillanz und jeder Menge guter Laune zu überzeugen wusste. Und es geht weiter: Am 31. Mai 2019 soll im Pantheon die Fortsetzung auf die Bühne kommen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0