Akkordeonale: Die bunte Welt der Bälge

An diesem Abend verbrauchen die Instrumente viel Luft. Sehr viel Luft. Fröhlich atmen die Bälge der fünf Akkordeons, deren Besitzer der Niederländer Servais Haanen in seiner inzwischen zehnten Akkordeonale zusammengebracht hat, atmen ein und aus wie künstliche Lungen und singen dabei auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Immerhin hat sich das Akkordeon in den gerade einmal zweihundert Jahren seiner Existenz überall auf der Welt etabliert und ist aus vielen Volksmusiken nicht mehr wegzudenken. Diese Vielfalt will Haanen mit seiner Konzertreihe präsentieren.

In der ausverkauften Harmonie hat er zu diesem Zweck einmal mehr Künstler aus allen möglichen Kulturen zusammengebracht, die ihre eigenen Traditionen pflegen und sich in wechselnden Besetzungen austauschen: Rembetiko und Balkan-Jazz treffen so auf brasilianischen Forró, ägyptischen Indie-Folk und argentinischen Tango Nuevo und sorgen für eine musikalische Wunderkiste, die beim Publikum hervorragend ankommt.

 

Tatsächlich ist jeder der auftretenden Musiker einzigartig: Während die bezaubernde Youssra El Hawary eher aus dem politischen Singer-Songwritertum kommt und ihr Instrument lediglich für eine schlichte Begleitung nutzt, ist der Grieche Dimos Vougioukas ein Virtuose, der sich nicht nur in den Stilen seiner Heimat wohlfühlt, sondern auch mühelos verschiedene Klänge des Balkans miteinander zu verbinden weiß. Seine Kollegen sind nicht minder brillant und sind dafür schon verschiedentlich geehrt worden: So hat etwa die brasilianische Jazz-Koyphäe Hermeto Pascoal nach einer gemeinsamen Tour mit João Pedro Teixeira diesem das Akkordeon seines Vaters vermacht, während Omar Massa als einziger Künstler die Erlaubnis erhielt, auf Astor Piazollas Bandoneon zu spielen. Warum, erfährt das Publikum in der Harmonie hautnah. Dabei erhalten die Balg-Spezialisten Unterstützung durch die Kontrabassistin Veronica Perego und den portugiesischen Gitarristen Rafael Fraga; letzterer setzt mit einer fluffigen Eigenkomposition über den Fußball zudem eigene Akzente. Das Publikum ist von dieser Mischung begeistert, bejubelt Stücke über galoppierende Seepferdchen und weinende Meerjungfrauen, Meditationen über einen Satz von Blaise Pascal und natürlich den „Libertango“ und freut sich bereits jetzt auf die Fortsetzung der Akkordeonale im kommenden Jahr.

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