Bum Bum Orkestar + 47Soul: (Nah)östliche Partykracher

Tücher wirbeln durch die Luft, Hände und die dazugehörigen Menschen tanzen ausgelassen, haben Spaß an der ungewöhnlichen, abgedrehten, herrlichen Fusion aus elektronischem Hip Hop und der traditionellen Musik des orientalischen Tanzes Dabke, angereichert mit Rock, Reggae und jeder Menge Energie. Die Harmonie tobt, angefeuert von einer Band, die Lebensfreude verbreitet und dabei zugleich das Sprachrohr einer ganzen Generation junger Menschen mit arabischen Wurzeln ist: 47Soul. Das palästinensische Quartett ist im Rahmen des „Over the Border“-Weltmusikfestivals nach Bonn gekommen, um ihren modernen Shamstep zu zelebrieren und ihre Botschaft zu vermitteln: „Jedes Land ist ein heiliges Land“, sagen sie, hoffen auf eine friedliche Lösung im Nahen Osten und auf ein freies Palästina, ohne Apartheid und Rassismus. Und ohne Grenzen.

Die politisch aufgeladenen Texte, zum Teil auf englisch und zum Teil auf arabisch, entstehen aus einem Gefühl der Heimatlosigkeit heraus – und das gleich auf mehreren Ebenen. „My people moved around, before we all get moved around“, bellt Frontmann Walaa Sbeit ins Mikrofon und meint damit sowohl seine Landsleute als auch jene Menschen, die einst wie das Quartett im Balfron Tower im Londoner Eastend wohnten und dann bei Renovierungsarbeiten kurzerhand verdrängt wurden, um das Viertel zu gentrifizieren. Nicht ohne Grund heißt das aktuelle Album „Balfron Promise“. Doch der Ton der Band ist trotz allem weder aggressiv noch demoralisiert, sondern vielmehr zuversichtlich, hoffnungsvoll und vor positiver Energie strahlend. Was für ein Genuss.


Allerdings hat es 47Soul an diesem Abend auch besonders leicht, denn schon im Vorfeld hat das Bum Bum Orkestar das Publikum derart aufgemischt, dass die Stimmung bereits in der Pause auf dem Siedepunkt war. Die polnische Balkan-Kapelle gab von der ersten Sekunde an Vollgas, spielte sich die Seelen aus den Leibern und agierte dabei derart ungekünstelt und unbekümmert, dass es eine Freude war. Immer wieder bediente sich das Orkestar aus dem näheren Osten dabei in allen möglichen Genres, zitierte den „Imperial March“ aus Star Wars ebenso wie deutsche Volksmusik und das berühmte italienische Partisanenlied „Bella Ciao“ und integrierte diese Fragmente mit charmanter Selbstverständlichkeit in ihr druckvolles Spiel. In Kombination mit 47Soul entstand so ein Konzerterlebnis allererster Güte. Und eine Party ohne Grenzen, die schöner nicht hätte sein können.

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