Who killed Bruce Lee: Kung-Fu für die Ohren

Einst, so heißt es, stritten sich zwei Jungen auf einem Schulhof in Beirut. Jeder versuchte, den anderen zu übertrumpfen und seinen Vater als den besten, stärksten, größten und tollsten Helden darzustellen. Immer heftiger wurde der Disput, immer wilder, bis einer der beiden Kampfhähne schließlich krähte: „My father is the one who killed Bruce Lee.“ Ein Totschlagargument. Und genau dieses führt der Junge auch heute noch ins Feld. Nur eben musikalisch. Drummer Malek Rizkallah gründete zusammen mit drei Freunden die Band  Who killed Bruce Lee, die inzwischen als der wahrscheinlich heißeste Indie-Trance-Rock-Export aus dem Libanon gilt, mal mächtig krachend, dann wieder in typischer Disco-Manier wummernd.

Nach einem umjubelten Auftritt beim WDR Rockpalast im Oktober 2016 ist das Quartett nun (zusammen mit der exzellenten Bonner Formation Letlowe im Vorprogramm) erneut in die Harmonie gekommen – und versucht sogleich, wie damals auf dem Schulhof den Gegenüber zu plätten, scheinbar ohne begriffen zu haben, das Lautstärke allein nicht überzeugt. Und manchmal sogar ein Schritt zurück mehr hilft.

 

Von der ersten Sekunde an fordern Who killed Bruce Lee die Harmonie heraus. Eine Begrenzung der Dezibel-Zahl versucht Sänger Wassim Bou Malham immer wieder zu umgehen; Rock 'n' Roll sei schließlich nur ohne Einschränkungen möglich. Also dreht er auf. Nur leider so sehr, dass vor allem zu Beginn des Konzerts alles zu einem brachialen Lärmschlamm verkommt, der sich in den Saal ergießt. Ein Brei aus verzerrten Gitarrenklängen, zwischen denen ab und zu ein paar Synthi-Effekte an die Oberfläche schwappen, ein differenziertes Hören aber nicht mehr möglich ist. Schade, denn eigentlich haben Who killede Bruce Lee sehr viel mehr drauf. Krachender Rock mit aufregender Rhythmik, irgendwo zwischen Asaf Avidan, den Arctic Monkeys hat durchaus seinen Reiz, wenn er so gespielt wird, wie die Band es eigentlich vermag. Und vor allem in einer Lautstärke, in der man dies auch goutieren kann. Doch das ist Walham an diesem Abend egal. Er will die Menge tanzen sehen, verwechselt die Harmonie mit einem Untergrund-Club für Techno-Willige, mutiert zunehmend zu einer Scooter-Parodie und jagt das Publikum mit ohrenbetäubenden Beats in die Ekstase. Gegen Ende des Konzerts darf die Menge sogar die Bühne entern und ein bisschen mit Malham tanzen, während Schlagzeug und Bass sie mit wilden Umpf-Umpf-Umpf-Schlägen weiter aufpeitscht und der Lautstärke-Pegel am Limit ist. Je dröhnender, desto besser. Masse statt Klasse. Ein netter Versuch. Doch die Band sollte sich überlegen, ob das wirklich der richtige Weg ist, um ihre Meisterschaft unter Beweis zu stellen. Eins dürfte auf jeden Fall klar sein: Bruce Lee hat sich nie von Kraft beeindrucken lassen. Sondern nur von Technik.

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