Habib Koité: Exporteur der Lebensfreude

Der Groove ist ansteckend. Irgendwie hypnotisch. Fast schon magisch. Keiner kann stillstehen, jeder muss zumindest ein bisschen mitwippen. Einige Besucher der Harmonie wollen sogar noch mehr, entern nach und nach die Bühne, tanzen für ein paar Minuten im Rampenlicht und leben ihre Freude an der Musik Habib Koités vor aller Augen aus. Ein schönes Gefühl für den Griot, der die traditionellen Geschichten und Lieder Malis mit modernen Stilistiken angereichert hat und damit auf der ganzen Welt Erfolge feiert. Auch in der Harmonie in Bonn, wo er exakt 19 Jahre und zwei Tage nach seinem allerersten Auftritt erneut ein Konzert gibt und das Publikum verzaubert.

In gewisser Weise ist Koité ein Brückenbauer und Grenzgänger. Einer, der genüsslich von dem Glück singt, seine Wurzeln zu kennen, und doch die Pflanzen mit Blues, Reggae und Flamenco veredelt, um eine neue Züchtung zu schaffen, die tief in der Erde Malis verankert ist und doch auch in ferne Länder exportiert werden kann. Viele Musiker haben das in der Vergangenheit versucht, gerade in den vergangenen paar Jahren mit wachsendem Erfolg – doch Koité war so etwas wie ein Wegbereiter für jene, die ihm nun nachfolgen. Und auch wenn die Energie des 59-Jährigen ein kleines bisschen nachgelassen hat, feiner geworden ist und nicht mehr ganz so strahlend wie noch vor einigen Jahren, springt der Funke zwischen ihm und seinen Fans doch immer noch mühelos über. Gerade weil Koité es nicht so krachen lässt wie andere malische Musiker, sich weniger dem Rock als vielmehr dem groovenden Songwriting verschrieben hat, liebt die Menge ihn, feiert ihn sowie die exzellente Band, die um Koités Gesang und um sein Gitarrenspiel einen melodischen und vor allem rhythmischen Rahmen baut, ohne sich dadurch von diversen Soli abhalten zu lassen.

Die meisten Lieder Koités sind mit der malischen Tradition verknüpft und in der Landessprache Bambara verfasst. Doch Koité kann auch anders, wie er augenzwinkernd gesteht. „Wenn du eine Sprache nicht kennst und trotzdem in dieser Sprache ein Lied singen willst, gibt es nur eine Möglichkeit“, erklärt der Griot irgendwann lachend. Nämlich ein Liebeslied. "Love, love, love, I love you", so einfach kann das sein. Man muss nur mal zu den Beatles schauen. Auch Koité gelingt es, auf dieser textlich überschaubaren Basis ein starkes Stück zu errichten, nicht zuletzt dank der spiel- und experimentierfreudigen Band, die genüsslich einen Groove über den anderen schichtet.

Natürlich versteht Koité sich auch als Botschafter Malis, als jemand, der die Probleme seiner Heimat anspricht und doch auch immer wieder seine Schönheit lobt, die hinter der Armut des Landes zu entdecken ist. „Es gibt Zeiten, da ist alles grün“, sagt er. Nämlich dann, wenn der Regen kommt. Der echte ebenso wie der symbolische. In gewisser Weise versucht Koité, genau diesen herbeizusingen und den Blick der Welt auf ein kulturell überaus reiches Land zu richten, dessen Bevölkerung trotz mancher Defizite und Konflikte seine Lebensfreude nicht verloren hat – und sogar in der Lage ist, diese in die Welt hinauszutragen. Etwa in die Harmonie. Nur schade, dass Koité und seine Band nach gerade mal einer Stunde in die Zugaben stürzen und nach 90 Minuten einen Schlussstrich ziehen, obwohl das Publikum sich mehr erhofft hat. So schön das Konzert auch ansonsten war – ein paar zusätzliche Tanzeinlagen hätten sicherlich nicht geschadet.

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