Lydia Benecke: Eine Störung kommt selten allein

Manipulativ, eiskalt, berechnend und verführerisch: So erscheint Catherine Tramell (Sharon Stone) in dem berühmten Erotic-Thriller „Basic Instinct“. Eine Psychopathin, wie sie im Buche steht oder doch eher eine Hollywood-Phantasie? Offenbar ersteres, wie Lydia Benecke bei einem Vortrag im Pantheon zugesteht. Die aus Funk und Fernsehen bekannte Kriminalpsychologin beschäftigt sich schon länger mit den Niederungen des menschlichen Geistes und konzentriert sich derzeit vor allem auf weibliche Psychopathen. „Viele Verhaltensweisen von Catherine Tramell passen durchaus ins Muster“, sagt sie. Narzissmus, Hypersexualität, Kontrollfreude und Risikosucht können eine gefährliche Mischung sein. Doch es gibt auch andere Ausprägungen.

Benecke nimmt sich für ihre Ausführungen Zeit. Drei Stunden setzt sie an, „und danach werde ich so lange bleiben, bis alle Fragen beantwortet sind oder wir rausgeschmissen werden.“ Vor allem Fallbeispiele beschreibt sie in ihrer optisch leider furchtbaren Power-Point-Präsentation detailliert, indem sie die Lebensgeschichten von historischen Serienmörderinnen wie Aileen Wuornos (Vorbild für den Oscar-prämierten Film „Monster“ mit Charlize Theron) oder Marybeth Tinning nachzeichnet und die geistigen Probleme der Frauen aufzeigt. Auch die furchtbare Folter der 15-jährigen Sylvia Likens durch ihre Pflegemutter Gertrude Baniszewski und deren Kinder legt Benecke dar; in Baniszewski erkennt Benecke sogar gleich vier Persönlichkeitsstörungen in einer Person.

Zugleich legt Lydia Benecke großen Wert darauf, das Publikum ebenfalls zu Wort kommen zu lassen. Immer wieder öffnet sie die Diskussion, ein Angebot, das nur allzu gerne angenommen wird. Kein Wunder, ist der Geist doch immer noch ein großes Rätsel, das Verhalten oftmals nicht rational. Das Interesse an Benecke und ihrer Forschung ist dementsprechend groß – und sorgt auch nach Ende der offiziellen Veranstaltung für Gesprächsbedarf.Gut so. Immerhin entsteht Verständnis für andere nur durch einen Dialog. Und nie durch Schweigen.

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