Introdans: Die Vitalität des Todes

Der Schnitter räumt auf. Einem schwarzen Schwan gleich wirbelt die ihn verkörpernde Tänzerin der niederländischen Compagnie Introdans über die Bühne der Bonner Oper, kraftvoll und energiegeladen ein Ensemblemitglied nach dem anderen in die Schatten schickend. Selten war der Tod betörender. Und vitaler. Nicht umsonst gilt Ed Wubbes Choreographie von Schuberts „Der Tod und das Mädchen“, das an diesem Abend die aktuelle Spielzeit der „Highlights des Internationalen Tanzes“ beschließt, als Meisterwerk des modernen Balletts, das auch fast 30 Jahre nach seiner Entstehung das Publikum von den Stühlen reißt. Was für eine Darbietung. Während die Sterblichen vergehen oder, wie im Falle des unschuldigen Mädchens im strahlend weißen Gewand, langsam dahinsiechen, bleibt Schlafes Schwester voller Kraft und Energie, faszinierend und dominierend. Ein überragendes Finale eines ohnehin beeindruckenden Abends, an dem Introdans mit exquisiter Körperbeherrschung, exzellentem Lichtdesign und ebenso schlichten wie eindringlichen Bildern dem Titel der Tanzgastspiel-Reihe mehr als gerecht wird.

Zuvor hatten bereits drei abwechslungsreiche Choreographien für Aufsehen gesorgt: Während „Polish Pieces“ zur Musik von Henryk-Mikolaj Górecki mit einer starken Formensprache und eleganter Geometrie Klangfarben visualisierte, blieb das Duett zu Mozarts Andante (aus der Sinfonie Nr. 40) ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Zu beliebig wirkten Kostümierung und Bewegungen, zu schwülstig und romantisch der Duktus von Choreograph Hans van Manen, der auch „Polish Pieces“ verantwortet und damit zumindest seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt hat. Stark auch die tänzerische Umsetzung von Gustav Mahlers „Lieder eines fahrenden Gesellen“, die in fünf Duetten die verschiedenen Stimmungen der Musik aufnahm und diese zum Teil nur durch Schattierungen wirken ließ. Freude und Melancholie, Eifersucht und Todessehnsucht fanden eine bemerkenswerte Entsprechung in den eindringlichen, von Jiri Kylián geschaffenen Figuren, die die durchweg erstklassigen Mitglieder der Compagnie technisch nahezu perfekt tanzten.

Und jetzt eben „Der Tod und das Mädchen“. Der Höhepunkt des Abends. Intensiv, eindrucksvoll, brillant. Herrlich. Als der Vorhang fällt, schallen „Bravo“-Rufe durch die Oper, tosender Applaus und stehende Ovationen folgen. Eine bessere Bestätigung für den Erfolg der Tanzgastspiel-Reihe, die auch in der kommenden Spielzeit fortgesetzt wird, kann es kaum geben.

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