Varietéspektakel 2016: Märchenhafte Show zum Schluss

Eigentlich sollte es nur eine Zäsur werden, ein Abschied von einem Ort, aber nicht von einer Institution: Mit dem Varietéspektakel 2016 wollte das Pantheon eine letzte Premiere in den altehrwürdigen Hallen am Bundeskanzlerplatz feiern, bevor der Umzug auf die andere Rheinseite in die Halle Beuel erfolgen sollte. Noch einmal sollte die beliebte Show, die in diesem Jahr unter dem Titel „La Fable“ zum zehnten Mal im Bonner Kleinkunsttempel inszeniert, das Publikum mit spektakulärer Artistik verzaubern und zugleich daran erinnern, dass bald ein neues Kapitel aufgeschlagen wird. Doch nach den Entwicklungen vom Dienstag droht zumindest dieses Märchen kein Happy End mehr zu finden. In einer E-Mail an Oberbürgermeister Ashok Sridharan haben Pantheon-Chef Rainer Pause und die künstlerische Leiterin Martina Steimer ihren Ausstieg aus dem Projekt bekannt gegeben, da sie „der ewigen Verzögerungen und Unkorrektheiten seitens der Stadt überdrüssig“ seien.

Von diesem Drama hinter den Kulissen ahnten die Darsteller des Varietéspektakels allerdings bei der Premiere nichts. Das Ensemble um Produzent und Moderator Stephan Masur setzte vielmehr dazu an, das Publikum mit auf eine Reise ins Reich der Fantasie zu nehmen, in der Elfen und Meerjungfrauen, Adelige, Zauberer und Hexen ihr Zuhause haben. Mitunter führten Schattenspiele in die einzelnen Geschichten ein – eine schöne Idee, die ruhig etwas konsequenter hätte genutzt werden können. Ohnehin war der rote Faden des Programms ein wenig zerfasert, der Bezug zwischen Nummern und Rahmenhandlung manchmal sehr konstruiert. Der Prinz (Max Fröhlich), der das Mädchen nicht kriegen konnte, lenkte sich ausgerechnet mit zugegebenermaßen atemberaubenden Diabolo-Kunststücken ab, und die vom Publikum nach der Pause mühsam hergestellte Geräuschkulisse für den dunklen Wald (samt Wolfsgeheul und Wildschweingrunzen) mündete in einer Chaplinesken Stock-Jonglage-Nummer der Baton-Twirling-Weltmeisterin von 1978, Nathalie Enterline, die zwar durchaus eindrucksvoll war, eine Anbindung an eine Fabel oder zumindest an eine Szene unter Bäumen jedoch vermissen ließ.

Andererseits waren die einzelnen Artisten, ob nun schon mit Erfahrung bei Shows wie dem Cirque du Soleil ausgestattet oder direkt von einer Künstlerschule kommend, wie schon in den vergangenen Jahren durch die Bank weg exzellent. Vor allem Balance-Künstler Tobias Baesch rief mit seiner Rola-Bola-Kunst (bei der er Holzklötze und ein Brett auf eine Rolle stapelte) immer wieder ungläubiges Staunen hervor. Gleiches galt für Vertikalseil-Akrobatin Natalie Oleinik, die sich in einem Netz verheddernde Nixe Katharina Huber – und für Stephan Masur, der an diesem Abend in Topform war. Seine Seifenblasen-Skulpturen und sein Spiel mit dem Publikum (insbesondere mit einem Herren, den er kurzerhand als Sklaven requirierte) sorgten für Begeisterung, zumal Atmosphäre, Timing und Ton diesmal nahezu perfekt gelangen. So gab es zum Schluss denn auch tosenden Applaus. Eine Dankesbekundung für zweieinhalb schöne Stunden, die zugleich auch dem Pantheon gebührt, das bis zum letzten Vorhang weitermachen will. Wann auch immer der sein mag. Vielleicht geschieht ja doch noch ein Wunder, gibt es doch noch ein Happy End. Zumindest scheint die Stadt jetzt das Gespräch zu suchen, um das Pantheon in Bonn zu halten. Ob das genügt, wird sich zeigen. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

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