Wildes Holz: Blockflöten werden unterschätzt

Elektrische Instrumente? Werden überbewertet. Und Blockflöten deutlich unterschätzt. Diese beiden Lehren kann das Publikum im Haus der Springmaus am Ende des Konzerts von Wildes Holz ohne weiteres ziehen. Das ungewöhnliche Trio aus Ausnahme-Flötist Tobias Reisige, Gitarrist Anto Karaula und Bass-Groovemonster Markus Conrads rockt die Bühne auch so, rein akustisch und schlichtweg brillant. Auf dem absteigenden Ast, auf dem sie sich nach eigener Aussage inzwischen befinden, sind sie dabei noch lange nicht, der Wipfel der Holzmusik ist schließlich groß genug.

Immerhin lässt sich in dieser Besetzung, etwas Kreativität vorausgesetzt, fast alles spielen, vom Pachelbel-Kanon bis zu „Das Model“ von Kraftwerk, von Mozarts „Lacrimosa“ bis zu Charlie Parkers „Billie's Bounce“. Reisige lotet dabei die Möglichkeiten seines guten Dutzends Flöten voll aus, lässt sie auch gerne mal wie ein Saxofon schnarren, dann wieder singen, schnauben, schnaufen und röhren, verrückt und virtuos zugleich. Atemberaubend etwa das übermäßig schnelle „Rondo alla Turca“ Mozarts – und Coldplays „When I Ruled The World“, das Reisige alleine und nur mit Hilfe einer Loop-Station präsentiert. Ansonsten unterstützen ihn seine beiden leidenschaftlichen Holz-Kollegen. Vor allem Conrads kann es dabei kaum erwarten, sein fülliges Haupthaar ebenso in Schwingungen zu versetzen wie die Saiten seines Basses. Zugegeben, er kann auch ruhiger, wie er bei dem von ihm geschriebenen Liebeslied beweist, bei dem alle Instrumente entstöpselt und ins Publikum getragen werden, wo Conrads sich verklärt zwischen den Stuhlreihen wiegt.

Doch wenn das Trio so richtig aufdreht, über Karaulas Fingern imaginärer Rauch aufzusteigen scheint, Reisige kaum noch zum Atmen kommt und Conrads für ein massives Fundament sorgt, ist das schlichtweg phänomenal. Zum Schluss wird sogar Metal auf Holz geschlagen: Mit „Highway To Hell“ entlässt Wildes Holz ein begeistertes Publikum in die Nacht. Doch ein Wiedersehen ist schon in Vorbereitung: Am 6. November ist das Trio erneut im Haus der Springmaus, dann zusammen mit den Zucchini Sistaz.

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