Fehlfarben: Mehr grau als bunt

Was ist nur mit den Fehlfarben los? Die einstige Speerspitze der deutschen New-Wave- und Punk-Bewegung, für ihren professionell-ruppigen Sound und ihre sozialkritischen Texte Anfang der 80er Jahre zutiefst verehrt, scheint derzeit ein wenig neben der Spur zu sein. Das neue Album "Über Menschen"zeigt sich zwar musikalisch abwechslungsreich, wenn auch lyrisch ohne originelle, sarkastische Bilder – doch vor allem live scheint die Luft raus zu sein. In der Harmonie, in der die Band um Obertrotzkopf Peter Hein einen Einblick in die Gegenwart sowie die letzten 36 Jahre gewährt, geben sich die Fehlfarben auf jeden Fall überraschend kurzatmig und musikalisch in weiten Teilen eintönig. Mehr grau als bunt, weder Fisch noch Fleisch. Bis die Zugaben kommen.

Es ist, als ob die Fehlfarben in der immer komplizierter werdenden Welt ihre Orientierung verloren hätten. Hier ein paar lästige Minimal-Beat-Techno-Anklänge, dort einige rotzende Gitarrenriffs, alles aber ohne echte Überzeugung. Auch Hein selbst scheint von der Rolle zu sein, in einer anderen Welt, zumindest ganz weit weg. Seine Ansagen sind kaum zu verstehen und seine Gesangskünste, die auf der CD zu Tage treten, weichen mehr einem Geschrei, das nur mühsam gegen den Rest der Band ankommt. Dabei können die Fehlfarben doch mehr. Erst als Drummerin Saskia von Klitzing kurz vor Ende des offiziellen Sets bei dem mit Reggae-Rhythmen versehenen "Urban Innozenz" das Kommando übernimmt, zeigen sie es auch. Umso erschreckender ist es, das die Band nach nicht einmal 60 Minuten zum ersten Mal die Bühne verlässt. Nicht etwa in die Pause, sondern in Erwartung von Zugaberufen. Die dann auch kommen und zu Klassikern wie "Ein Jahr (Es geht voran)" führen, die endlich mal einen überzeugenden Sound aufweisen. Ein bisschen mehr ein bisschen früher und vor allem ein bisschen bunter - das wär's gewesen.

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